6598968-1953_24_10.jpg
Digital In Arbeit

Vom Wesen und Geheimnis der Familie

19451960198020002020

Zehn Untersuchungen. Von Jean Viollet. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 262 Seiten.

19451960198020002020

Zehn Untersuchungen. Von Jean Viollet. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 262 Seiten.

Werbung
Werbung
Werbung

Das vorliegende Werk (Titel der französischen Originalausgabe. „Recherche de Ia familie, Essai sur l'etre familial“), ist herausgegeben vom Präsidenten der Ecole catholique des sciences familials unter Mitarbeit von zehn hervorragenden Fachexperten: dem Philosophen Gabriel Marcel, dem Juristen Rene' Savatier (Poitiers), dem Soziologen Louis Doucy (Lille), Prof. Henri Biot (Direktor des Instituts für Endokrinologie und Psychologie in Lyon), dem Theologen und Professor für ärztliche Deontologie Kanonikus Tiberghien (Lille), dem Jesuitenpater Francois C h a r m o t (vom Standpunkte der Pädagogik), dem Psychologen Jean Guitton (Dijon), Prof. Aime Forest (Montpellier) vom Standpunkt der Metaphysik, Seminar-Regens Eugene M a s u r e (Lille) vom Standpunkt der übernatürlichen vergeistigten Schau, und dem Sekretär der Ecole catholique des sciences familiales, Henri D u m 6 r y, der die methodische Forschung in den Familienwissenschaften darstellt.

Schon allein diese kurze Inhaltsübersicht gibt uns zu denken und läßt uns ein Gefühl des Neides nicht unterdrücken: Um wie viel Frankreich a'if diesem wichtigen Gebiete der Forschung vor Oesterreich voraus ist und über welche bedeutsame Lehrstätten und Lehrkanzeln es verfügt. Vergegenwärtigen wir uns die Bedeutung der Familienwissenschaft allein für die Soziologie, die Sozialhygiene, speziell für die generative Hygiene, die Psychologie und Pädagogik, die Moral- und Pastoraltheologie sowie für die ärztliche Ethik (Deontologie), so erkennen wir, daß mit dieser Forsrhungsstätte, die das vorliegende Werk herausgebracht hat, Frankreich einen ungeheuren Vorsprung vor Oesterreich gewonnen hat.

Es ist nicht möglich, im Rahmen einer kurzen Rezension die einzelnen Abschnitte eingehend iu würdigen. Sehr wertvoll ist der Beitrag von Dumery über die Methode in den Familienwissenschaften, vor allem als eindeutiges Bekenntnis zu einer universalistischen Wissenschaftsauffassung gegenüber dem bisherigen Positivismus, der bestenfalls nur Teilaspekte beibringen kann (S. 23). Henri Biot bringt in seinem Beitrag die Fundamente einer universalistischen Sexuologie, für deren Forschung ihm ein endokrinologisch-psycho-logisohes Institut zur Verfügung steht. Von der vergleichenden Biologie der Fortpflanzung ausgehend, gelangt er bis zum Mysterium der menschlichen Liebe. Wenn sein Beitrag nicht voll befriedigt, so liegt dies nur an der allzu knappen, nur konturhaften Darstellung, zu der er offenbar durch die Rücksicht auf das „Team-Work“ genötigt war. Besonders hervorragend ist der Abschnitt von Savatier über die „juristische Realität“ der Familie sowie die Postulate des Familienrechtes und der Familienpolitik. Einer der umfangreichsten Beiträge ist der von Doucy über den Standpunkt des Soziologen. Wenn hier etwas zu wüns:hen übrig bleibt, so ist es der Umstand, daß der Verfasser die grundlegenden Forschungen von P. Wilhelm Schmidt SVD. so gut wie nicht berücksichtigt hat; treffend ist aber seine Kritik des volutionismiis (Dürkheim, Levy-Bruhl u.a.).

Tiberghien konzentriert seine Untersuchung auf die beiden' grundlegenden Themen: Keuschheit und Fruchtbarkeit. Sehr ruhig und klar abwägend ist seine Stellungnahme zum Them? „Zeitwahl“ (S. 148). — Die Ausführungen von Charmot sind besonders wertvoll vom Standpunkt der Sexualpädagogik.

Wer immer sich mit Fragen des praktischen Familienschutzes und der Familienpolitik zu beschäftigen hat, wird an diesem ersten einführenden Werk in die Familienwissenschaft nicht vorbeigehen können.

Der Sinti der Ikonen. Von Leonid O u s p e n-s k y und Wladimir L o s s k y. Urs Graf Verlag Bern. 222 Seiten, 12 Färb- und 48 sonstige Tafeln.

Eine stattliche Publikation, die in seltener Eindringlichkeit die Welt der Ikonen erstehen läßt. Die hervorragenden Reproduktionen nach Meisterwerken in Privatsammlungen begleitet ein ausführlicher Text aus der Feder besonders berufener Autoren. Die einführenden Kapitel geben einen ausgezeichneten Aufschluß über Sinn und Aufgabe der Ikonenmalerei und den geisteswissenschaftlichen Hintergrund, der zur Entwicklung der theologischen Bilderlehre geführt hat. Der ikonographische Teil behandelt in 59 Abschnitten die verschiedenen Bildertypen, wobei eine Fülle von Quellenhinweisen die Aufhellung des Sinnverhaltes erleichert. Aber nicht nur den Autoren allein gebührt für ihre tiefgründige Arbeit größte Anerkennung, sondern auch dem Verleger, der keine Mittel und Mühen gescheut hat, ein Spitzenwerk buchmäßiger Vollendung herauszubringen.

Vom Wesen und Unwesen der Religion. Von Bernhard Welte. Verlag Josef Knecht — Carolus-druckerei, Frankfurt am Main, 1952.

Als Einführung in die Religionswissenschaft und -geschichte ist ein Büchlein wie dieses von kaum 44 Seiten bedeutend wertvoller als manche kurzgefaßte Beschreibungen der sogenannten großen Religionslehren. Als katholischer Theologe und gleichzeitig Rudulf-Otto-Schüler hat Welte eine ausgezeichnete Einleitung geschrieben, die wirklich auf das Wesentliche abzielt und nicht nur Anfängern, sondern auch Fortgeschrittenen auf diesem schwierigen Gebiet die beste Hilfe leistet. Gleich auf den ersten Seiten findet man einige Hinweise, die in den meisten Einführungen zur Religionsgeschichte fehlen, zum Beispiel daß man hier zwischen dem wirklichen Leben der Religion und den vermittelnden Sphären zu unterscheiden hat und daß ersteres sich in wirklichem Glauben, wirklichem Gebet und wirklichem Kult offenbart. Sehr wichtig ist die Darstellung des Glaubens als Grund der Religion und als Maßstab, an dem sich Wesen und Unwesen der Religion scheidet. Zum Unwesen gehören also die vermittelnden Medien oder Sphären, in denen zwar das Heilige erscheint, ohne jedoch zum Wesen zu gehören. Damit ist die Möglichkeit einer Wendung ins Unwesen gegeben, und zwar einerseits durch den Schwund des wirklichen Glaubens und anderseits durch das Sichanklarn-mern an diese Medien, die sich zu solchen isolierenden Abstraktionen entwickeln können, daß sie nicht mehr über sich hinausweisen. Das geschieht zum Beispiel in schönen Begriffssystemen, in einer selbständig gewordenen Vorstellungswelt oder auch in einem fixierten Kultbetrieb. Die nächste Entwicklung besteht darin, daß diese Medien in einer vervielfältigenden und steigernden Tendenz zu wuchern beginnen, der dann als Abschluß eine zelotische Anschärfung folgt. Ausdrücklich weist der Verfasser darauf hin, daß es praktisch keine — noch so tiefstehende — Religion gibt ohne einen Funken des echten Wesens, aber auch keine höchsten Religionen (das Christentum nicht ausgenommen) ohne unwesentliche Erscheinungsformen. Die kurze, aber gehaltvolle Schrift ist eine wertvolle Bereicherung der religionsphilosophischen Literatur.

„Die Exilregierung.“ Von Karl-Heinz Mattern. Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 1953. 78 Seiten.

Diese wissenschaftliche Untersuchung eines Schülers von Prof. Merkl ist weitaus mehr als eine wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Doktorgrades. In knappen Zügen zeichnet der Verfasser das Problem der Exilregierung im zweiten Weltkrieg. Er gibt damit der historischen Forschung außerordentlich wertvolles Material zur so verwickelten Frage der Exilregierungen in dem kaleidoskopartig wechselnden politischen Kräftespiel seit 1939. Zum erstenmal wird nicht nur völkerrechtlich, sondern auch mit den Mitteln der exakten Geschichtsforschung das historische Erscheinungsbild der oft so kurzlebigen und in manchen Fällen aber außerordentlich bedeutsamen Exilregierungen geklärt.

Wer etwa sich eingehend mit der tschechoslowakischen Frage beschäftigen will, wird in den Ausführungen Matterns ebenso wertvolle Hinweise finden wie der Historiker, der das Verhältnis der zahlreichen im Westen nach wie vor bestehenden Exilregierungen in ihrer Beziehung zum geltenden Völkerrecht studiern will. Die klare Unterscheidung zwischen der legitimen und der illegitimen Exilregierung und deren Funktion im Rahmen der verschiedenen Phasen der zweiten Weltkrieges vermag Mattern außerordentlich eindrucksvoll darzustellen und es bildet somit diese Untersuchung einen der wertvollsten Beiträge zur Geschichte Europas in der jüngsten Vergangenheit.

Das Schönheitsbrevier. Verschöne dich selbst! Von Maria Colocotroni. Verlag Waldheim-Eberle, Wien. 203 Seiten. Preis 39 S.

Ein schon durch seine Aufmachung — vor allem auch durch die sehr netten und flotten Skizzen — recht ansprechendes Buch, das versucht, die Frau in ihren Schönheitssorgen zu beraten. In 58 kurzen Kapiteln scheint nichts vergessen, was die Frau zur Pflege ihres Aeußeren beachten soll. Es ist sicherlich interessant und wissenswert, wie sehr verschieden die Vorschriften zur Schönheitspflege, wie sehr berücksichtigungswert zum Beispiel das Alter oder die Jahreszeit sind. Jedoch wird es kaum möglich sein, daß eine Frau, die außer den oben erwähnten auch noch andere Sorgen hat, allen Ratschlägen der Verfasserin gerecht wird. Wobei aber nicht geleugnet werden soll, daß wohl manches notwendig ist, wenn man in der „Welt“ bestehen will, ganz abgesehen davon, daß vieles, was die Verfasserin rät, dazu angetan ist, das persönliche Wohlbefinden zu heben.

Der häufige Hinweis auf die Notwendigkeit, regelmäßig einen Kosmetiksalon zu besuchen, hat wohl seine Berechtigung, wird aber gesund denkende und gesund lebende Frauen, die weder Zeit noch Geld dafür haben, sicherlich nicht aus der Ruhe bringen müssen.

Die immer wieder eingestreuten praktischen Winke sind wirklich dankenswert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung