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Pyramidenzeit

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Das vorliegende Buch füllt wirklich eine Lücke aus. Nur der Altmeister der ägyptischen Altertums- und Religionskunde, Professor Dr. H. Junker, konnte es uns schenken. Schon vor 25 Jahren deutete der Verfasser dem Referenten einmal an, daß er im Bereich seines Fachgebietes Dingen auf die Spur gekommen sei, die Professor W. Schmidts Forschungsergebnis von dem relativ höchsten Alter einer verhältnismäßig hohen und reinen Gottesidee wohl zu stützen vermöchten. Die Sache sei aber noch nicht genügend ausgereift, r könne daher erst später darauf zurückkommen. Höchst bedeutsam und erfreulich ist es, daß Professor Junker seine Absicht nun endlich verwirklichen konnte, und zwar in der Form eines Buches, das auch weitere Kreise zu verstehen und würdigen vermögen.

Dem Verfasser ist es vor allem darum zu tun, das Wesen der altägyptischen Religion, der Religion der Pyramidenzeit (etwa ab 3000 v. Chr.), zur Darstellung zu bringen. Nicht wenige Leser werden darüber erstaunt ein, da so wenig von den, man möchte sagen, schon traditionell gewordenen Tiergottheiten Ägyptens zu hören. Die Wirklichkeit ist anders. .Schon ganz am Anfang der Pyra-midenzeit steht die Gestalt des einzigen, ewigen Allherrn, der durch seinen Willen und durch sein Wort alles geschaffen hat, auch die Götter“ (S. 181). Und dieser altägyptische Hochgott war nicht etwa nur ein sogenannter Urhebergott, ein Deus otiosus, Her sich um die Menschen nicht weiter kümmerte. Im Gegenteil: „Für die Ethik hat schon der erste Anfang des Alten Reiches in wenigen wichtigen Worten die unwandelbare Grundlage verkündet und die Notwendigkeit betont, das Handeln nach dem Willen und dem Ausspruch Gottes einzurichten.“

Diese Hochgottvorstellung ging den Ägyptern zwar nie ganz verloren, aber sie hatte im Laufe der Zeit mehr oder weniger scharfe Proben zu bestehen, die nicht zuletzt mit einer besonderen Entwicklung des Zaubers, der Magie, im Zusammenhang stehen. Das alles, wie natürlich noch vieles andere, wird vom Verfasser in ebenso einleuchtender wie überzeugender Weise dargelegt.

Der Referent darf darauf hinweisen, daß er in bezug auf Indien eine ähnliche (wenn auch nicht in allem gleiche) Entwicklung der Gottesidee hat feststellen können. (Das Schicksal des Gottesgedankens in den Religionen Indiens. Der Urmensch und sein Weltbild, S. 154 ff.) Auch für Indien gilt: Je weiter zurück zum Anfang hin, desto höher und reiner die persönliche und ethische Hochgottvorstellung. Während aber der Zauber die Gottesidee der Ägypter an sich weniger berührte, führte er in Indien direkt zu deren Entleerung (Entpersönlichung und Neutralisierung).

Die Entwicklung oder, besser, das historische Schicksal der Religionen der Völker differiert im Einzelfall mehr oder weniger stark. Daß aber zum Anfang hin ein Konvergieren zum zentralen Gottesgedanken hin festzustellen ist (ganz im Gegensatz zu den bekannten evolutionistischen Religionstheorien), unterliegt heute keinem Zweifel mehr, und Professor Junkers neuestes Buch liefert dazu einen neuen und entscheidenden Beitrag, dessen Bedeutung daher nicht leicht überschätzt werden kann.

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Koppers

Ringende und Reife. Von Ignaz Klug. Volksliturgischer Verlag und Ferd. Schö-ningh, Wien, 1949. 432 Seiten.-— Kirchen-väterbriefe aus dem Alltag. Ausgewählt und übertragen von Jos. M. Nielen. Pappband, 88 Seiten. — Das nächtliche Brot. Von Marthe 'Meyer. Ubersetzt von Maria Schwertschlager. Pappband, 126 Seiten. — Vom Erkennen Gottes. Von Henri de Lu b a c. Ubersetzt von Rob. Scherer. Pappband. 136 Seiten. — Alle drei Verlag Herder, Freiburg i. Br. 1949.

Die Lebensbilder ringender und reifer Menschen, die Klug besinnlichen Lesern erzählt, liegen in gemeinsamer Neuausgabe zweier Verlage wieder vor. Das Werk soll eine Reihe, benannt „Das Leben als Gleichnis des Wortes“, einleiten, für die Josef Casp r verantwortlich zeichnet, der dem vorliegenden Bande Klugs eine biographische Würdigung des vor etwa zwanzig Jahren von uns gegangenen Autors als Nachwort beigegeben hat. Klugs Werk ist so gut bekannt, daß sich wohl eine kritische Analyse erübrigt. — Die drei Büchlefn, die bei Herder in Freiburg erschienen sind, gehören zusammen. Diese Absicht drückt der Verlag durch die einheitliche Ausstattung aus: schlichte Herstellung, geringer Umfang, einfacher Pappband. Und doch gefällig und ansprechend. Nielens Büchlein berührt zunächst etwas merkwürdig. Unwillkürlich sagt sich der Leser, daß heute von den Kirchenvätern und über sie Größeres zu sagen ist, dann aber liest er, nicht ohne Ergötzen, die Briefe, die zumeist aus alltäglichen Anlässen an gute Freunde, an Heiden und an Würdenträger des Staates geschrieben worden sind. Die ernsten Väter einmal anders, sozusagen privat gesehen. Marthe Meyer nennt ihr Buch einen Roman, den einer jungen Christin, die sich nach Weibesglück sehnt und auf dem Weg dahin das Kreuz erleidet, das an jedem Wege zum Glück unausweichbar steht. Ihr Kreuz ist die Bitterkeit eines Lebens in Unverständnis und Einsamkeit, deren Heimsuchungen durch die Härten der Kriegszeit und Invasion verschärft werden. Allmählich kommt der Mann ihrer Liebe ihr innerlich näher, doch stirbt ihr Kind und er selbst muß sie verlassen, um in die tödlichen Gefahren des Maquis zu gehen. Am Krankenbette des Großvaters vergehen ihre Tage, bis auch er stirbt. Im Hintergrunde dieses Romans steht die Not, die den Existentialismus vielen Franzosen nahegebracht hat, jedoch verklärt durch den tapferen Glauben und die edle Demut christlichen Menschentums. Das dünne Buch lohnt die Lektüre durch die ergreifende Gewalt mancher Stellen und durch die Lebenswahrheit der Bilder, in denen die graue Wirklichkeit mit echtem, ringendem und bloß formalistischem Christentum in Beziehung tritt. Die Übersetzung wahrt Logik und Wohllaut beider Sprachen. Lubac nennt selbst sein Buch Bruchstücke, Marginalien am Rande der klassischen großen Werke über das schwere Thema, das er gewählt hat. Wenn ein Mensch versucht, über Gottesidee und Gottesbeweise nachzudenken, stößt er immer wieder auf die Grenzen, an denen das zwielichtige Geheimnis des Menschen und das unzugängliche, starke Licht des Geheimnisses Gottes sich berühren. Lubac kennt die Schwierigkeiten auf den Straßen der modernen Gottsucher und Gottesleugner. Für beide schrieb er 'seine Überlegungen nieder, die gedankentief und herzenswarm zugleich sind. Gottesbeweise sind Erzeugnisse der geschaffenen Vernunft, die Gottesidee lebt in der Seele als Gabe des Schöpfers. Das Wirken der Vernunft kann ihr den Weg bereiten oder erschweren, nicht jedoch die Idee ersetzen; wirkt die Vernunft mit der Gnade mit, dann erblüht der Glaube. Dieses schmale Büchlein will meditiert, nicht bloß gelesen werden. Richard Schmitz

Seelsorge im Wandel der Zeilen. Formen und Organisation seit der Begründung des Pfarrinstituts bis zur Gegenwart. Von Alois Schrott. Styria, Steirische Verlagsanstalt, Graz-Wien. 236 Seiten.

Dieses Buch, das sich schlicht „Ein Beitrag zur Pastoralgeschichte“ nennt, gehört mit zu den besten kirchengeschichtlichen Werken, die in den letzten Jahren erschienen. Nicht nur zu den besten, sondern auch zu den wichtigsten. Denn es behandelt einen Stoff, der in der kirchengeschichtlichen Forschung bisher nur einen geringen Raum einnahm: es behandelt, gestützt auf ein großes Quellenmaterial, die Geschichte der Pfarre, angefangen von ihrer Entstehung im 9. Jahrhundert bis herauf zur Gegenwart; und enthüllt mit dieser Geschichte gleichzeitig eine große christliche Tragödie des Abendlandes: denn die Pfarrei wurde ursprünglich als eine Einrichtung vorwiegend vermögensrechtlichen Charakters gegründet und behielt trotz aller Reformversuche — so insbesondere derjenigen des Konzils von Trient — diesen Charakter weitgehend bis in unsere Tage bei, bis jetzt erst schließlich im Pfarrinstitut die Seelsorge in den Vordergrund trat. Viele Hindernisse, Fehler und Störungen in der Christianisierung Europas werden erst von hier aus verständlich, weshalb kein Theologe, kein Priester, überhaupt niemand, dem die Kirche am Herzen liegt, versäumen sollte, dieses Buch zu studieren. DDr. Willy Lorenz

Auflehnung gegen das biologische Gesetz.

Von Burghard B r e i t n e r. Europa-Verlag, Wien-Zürich. 107 Seiten.

Burghard Breitner, der Innsbrucker Chirurg, ist seit langem als ein Mann bekannt, der tief in naturphilosophisches Denken eingedrungen ist. Das wird durch das vorliegende schmale Bändchen neuerlich unter Beweis gestellt. Das hier gestellte Problem ist so aktuell wie wenige sonst: Ist das menschliche Lebefy seine Rhythmik im großen und im kleinen, wozu auch die kriegerischen Auseinandersetzungen zu gehören scheinen, unabänderlich in das biologische Gesetz eingespannt, oder gibt es eine Möglichkeit, dieses Gesetz zu brechen? Hat die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit, nach Menschenwürde und Güte eine Möglichkeit zu obsiegen, oder muß sie an einem unabänderlichen Naturgesetz scheitern? Auf gedrängtem Raum wird eine Fülle von biologischen Einzelheiten ausgebreitet, welche das Problem zu beleuchten imstande sind. Es werden keine vorschnellen Urteile gefällt, die Schwierigkeiten werden nicht verkleinert (die Sprache des Autors ist auch nicht immer leicht verständlich, seine Gedanken wollen vom Leser erarbeitet sein). Aber die Möglichkeit der Freiheit des geistigen Menschen durchzieht doch das ganze Buch als starke Hoffnung.

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