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Zwischen Hirschgraben und Frauenplan

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Goethe: Jugendwerke. 3. Band: Prosaschriften. Akademie-Verlag, Berlin. 304 Seiten, XXI Tafeln. Preis 23 DM.

Die Ausgabe der Werke Goethes durch die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, welche berufen ist, die Weimarer Ausgabe zu ersetzen und auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen, schreitet rüstig fort. Der vorliegende Band gibt die Prosaschriften, welche zwischen 1757 und 1775 entstanden (der Zeitraum wird nur hinsichtlich der Beiträge zur Lavaterschen Physiognomie überschritten). Die Heraüsgeberin des Bandes, Hanna Fischer -Lamberg, hat aus den „Labores Juveniles“ richtigerweise nur eine Auswahl getroffen, da die Eignerschaft Goethes an den deutschen Vorlagen der lateinischen Uebersetzungen nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann — was auch für die Beiträge zu den „Frankfurter Gelehrten A.nzeigfen“ gilt, deren Zahl in der Hesseschen Ausgabe größer ist als bei Cotta'1857. Immerhin finden wir doch zwei Drittel der Rezensionen, darunter die wichtigen über Gessner, Lavater und Sulzer. Das Fragliche wird uns ein Lesartenband nachtragen. Die Tafeln zu Lavaters Physiognomie bilden eine graphisch wohlgelungene Zugabe.

Egmont. Von Goethe. Akademie-Verlag, Berlin. 159 Seiten. Preis 12 DM.

Der Textband — Bearbeitung Elisabeth Völker — beruht auf der in der Westdeutschen Bibliothek Marburg befindlichen Handschrift, welche Goethe am 6. September 1787 als Abschrift nach Weimar schickte. Die Unterschiede sind erheblich. So hat Cotta IX/139 (1857) noch zwölf Seiten Text vor dem hier eingesetzten Wortlaut der ersten Szene. Freigelassene Seiten zeigen optisch wirksam die Abweichungen vom Vulgatatext. Oesterreichische Bibliotheken unterstützten die Herstellung des sorgfältigen Druckes.

Götz von Berlichingen. Von Goethe. Akademie-Verlag, Berlin. Zweimal 293 Seiten. Preis 26.50DM.

Hier wird instruktiv ein Paralleldruck von der „Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand“ und dem Schauspiel geboten. Verglichen mit der letzten größeren Ausgabe (Leipzig 1938, Welt-Goethe-Ausgabe, 7. Band), zeigen sich, wenn wir von der im vorliegenden Bande wie in der ganzen Ausgabe gewählten Originalschreibweise absehen, kaum merkliche Unterschiede. Obwohl der „Urgötz“, der in sechs Wochen Arbeit 1771 geschrieben wurde, nur als Skizze betrachtet wurde und nie zum Druck gegeben wurde (die Weimarer Ausgabe bringt ihn als 39. Band, die Ausgabe letzter Hand als 42. Band), möchten wir doch nie auf die Wiedergabe verzichten. Vollends, wenn an ihr die Arbeitsweise des Dichters so übersichtlich zutage tritt. Sehr sauberer Druck, guter Satzspiegel.

Wilhelm Meisters theatralische Sendung. Von

Goethe. Akademie-Verlag, Berlin. 380 Seiten. Preis 18 DM.

Bei der Lektüre dieses Bandes geht es uns mitunter so wie bei jener der Stifterschen Urfassungen. Es ist ein heller, morgenfrischer Wind, der durch die Seiten rauscht, eine Unmittelbarkeit der Anschauung, die manches noch aus den siebziger lahren, aus dem „Sturm und Rang“ bezieht. Die erste Fassung des „Meisters“ wurde bekanntlich erst 1909 in einer Abschrift, die sich im Besitze de' Züricher Freundin Goethes, Frau Barbara Schulthes, befand, aufgefunden. Wir glauben, daß mancher, der den ganzen Meister nicht zu bewältigen vermag, nach diesem Bande greifen wird. Besondere Bedeutung hat er natürlich für Unterrichtszwecke. Renate Fischer-Lamberg zeichnet für die sorgfältige Herausgabe.

Die Schriften zur Naturwissenschaft. Zur Farbenlehre. Historischer Teil. Von Goethe. Hermann Bühlaus Nachfolger, Weimar. XVII und 450 Seiten. Preis 25.50 DM.

Als unerläßliche Ergänzung zur Akademie-Ausgabe der dichterischen Werke muß die gegenwärtig erscheinende vollständige, mit Erläuterungen versehene Publikation der wissenschaftlichen Schriften durch die Deutsche Akademie der Naturforscher, die ehrwürdige „Leopoldina“ angesehen werden. Sie wird aus zwölf Bänden mit Goetheschen Texten und etwa sechs Bänden mit Erläuterungen, Kommentaren, Zeugnissen und Materialien bestehen. Eine Ueber-prüfung des Wortlautes und der Gruppierung macht schon heute klar, daß wir hier eine der bedeutsamsten wissenschaftlichen Erscheinungen unserer Zeit vor uns haben. Von hier wird, das ist sicher, eine Fülle der Anregungen ausgehen. Der von Dorothea Kuhn bearbeitete Band ist mit einem Namensund Sachregister versehen, das nicht einfach trocken die Seiten bucht, sondern stenogrammartige inhaltliche Hinweise bringt.

Die Schriften zur Naturwissenschaft. Zur Farbenlehre. Erklärung der Tafeln. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar. 135 Seiten. Preis 27.50 DM

Zuerst besieht man sich in diesem gänzlich auf Kunstdruckpapier hergestellten Buche die Farbgebung und nimmt frühere Ausgaben als Vergteich. Da wir nicht irgendwelche teure Publikationen, als für die breite Leserschaft kaum erreichbar, dabei heranziehen, möchten wir nur auf die in den zwanziger Jahren als Ergänzung zu den poetischen Werken Goethes bei Gutenberg, Hamburg, erschienene verweisen. Legt man die Tafeln — für das Verständnis der Farbenlehre unerläßlich — gegenüber, wird man bunte Wunder erleben. Vieles ist hier, in der Neuausgabe, geradezu erst richtiggestellt. Die Abbildungen beziehen sich von I bis XVI auf die Kupfertafeln von 1810, jene, welche mit den Buchstaben A bis G bezeichnet sind, auf Goethes Entwürfe. Die Vorlagen dazu befinden sich im Goethe-Nationalmuseum Weimar. Zum Preise der naturwissenschaftlichen Schriften wäre anzumerken, daß sie im Subskriptionswege noch billiger sind. (Der hier angezeigte Band gebunden 22 DM, broschiert nur 18.40). Das scheint uns für die Verbreitung wesentlich: ein Tafelwerk, das nicht mehr kostet als ein durchschnittlicher Roman!

Neue Hefte zur Morphologie. Zweites und drittes Heft. Herausgegeben von K. Lothar Wolf und Dorothea Kuhn. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar. 81 bzw. 91 Seiten und 13 Tafeln. Preise 4.80 und 7.50 DM.

Diese rein fachwissenschaftlichen Hefte sind als Beihefte zur oben gewürdigten Leopoldina-Ausgabe anzusehen. Ihre Bedeutung liegt in der Fortentwicklung und Diskussion Goethescher Ideen. Vergangenheit und Gegenwart finden so sinnvolle Bezüge und Anregungen.

Die Gesamt- und Einzeldrucke von Goethes Werken. Bearbeitung von Waltraut Hagen. Akademie-Verlag, Berlin. XV und 154 Seiten. Preis 20 DM.

Das ist der erste Ergänzungsband zur Akademieausgabe (fünf sind vorgesehen). Ursprünglich hätte das Material nur der Vorbereitung der großen Ausgabe dienen sollen. Wie die Herausgeberin aber darlegt, sind die früheren bibliographischen Hilfsmittel vor allem durch die Arbeiten Kurrelmeyers überholt worden. Die Beschreibung der aufgezählten Ausgaben umfaßt: Titel- und Inhaltsangabe; paginierte Seitenzahl (unpaginierte Werke: Blattzahl); Format und Bildschmuck. Großes Gewicht legte man auf die Beschreibung vorhandener Doppeldrucke. Zusammengefaßt: Wir finden in diesem mit höchstem Fleiß gearbeiteten Werk eine katalogartige Aufzählung aller zu Goethes Lebzeiten erschienenen Gesamt-, Einzel-und selbständigen Erstdrucke in fremden Einzelwerken (zum Beispiel Vor- und Schlußworte) sowie von Goethe herausgegebene Briefwechsel und Zeiterbriftpn.

Gedichte Goethes. Veranschaulicht nach Form- und“ Strukturwandel. Bearbeitet von Waltraut Meschke. Akademie-Verlag, Berlin. 208 Seiten. Preis 12.50 DM.

Mit diesem ersten Stück der „Studienausgaben zur neueren deutschen Literatur“, welche das Institut für deutsche Sprache und Literatur an der Akademie der Wissenschaften in Berlin herausgibt, wird entgegen der üblichen akademischen Vorgangsweise nicht das Forschungsergebnis bekanntgemacht, sondern es soll zur Forschung selbst hingeleitet werden. Damit findet der praktische Unterricht eine wirksame Unter-, Stützung. Man lernt hier mehr als in fünf Kilogramm dozierender Fachliteratur.

Weltklage und Bild der Welt in der Dichtung Goethes. Von Hildegard E m m e 1. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar. 352 Seiten. Preis 18 DM.

Hier rückt man spät, aber doch von der superidealistischen Betrachtungsweise, wie sie die Vergangenheit bei Goethe förmlich zum Kanon erhoben, deutlich ab. Die drei Teile der ausgefeilten Arbeit, deren Quellen wir stichprobenartig nachgeprüft und in Ordnung befunden haben, zeigen die Welt als Kerker, wie sie die Dichtung des jungen Goethe wiederholt anspricht; die Welt als Raum des Irrens; die Welt in der Gegensätzlichkeit von Außen und Innen (das „Innere“ als Lebensfunktion des Hauses begriffen). Stehen in der Welt als Raum des Irrens die Namen Meister, Egmont, Iphigenie, Tasso und Faust I, so in der Polarität Haus—Welt die Dichtungen „Hermann und Dorothea“, „Die Wahlverwandtschaften“ und die „Wanderjahre“. Die Verfasserin, Literarhistorikerin in Greifswald, wird von allen, die um ein realistisches Goethe-Bild ringen, mit Dank bedacht werden.

Goethe. Neue Folge des Jahrbuchs. Herausgegeben von Andreas B. Wachsmut h, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar. XI und 330 Seiten, 12 Abbildungen und 18 Seiten Bibliographie.

Der 19. Band des wohlbekannten Jahrbuchs ist hauptsächlich bedeutsam durch die erstmalige Veröffentlichung von Briefen aus der Goethe-Zeit, zunächst der jungen Auguste Gräfin Stolberg an ihre Brüder Christian und Friedrich Leopold. Eine Seltenheit besonderer Art ist das Schreiben vom 9. Dezember 1779. Da die Brüder Stolberg Weimar am 4. Dezember in Richtung Dessau-Berlin verließen, dürfte Augustens Schreiben Goethe nicht erreicht haben; dies ist der Grund vermutlich, daß dieser Brief überhaupt erhalten blieb. Wir Oesterreicher werden mit Interesse den Aufsatz von Egon Komorzynski „Goethe und die Grafen von Fries“ lesen. Der junge Joseph Graf Fries war unter anderem in Orth und Vöslau begütert. (Hierzu auch: Goethe und Oesterreich. Herausgegeben von August Sauer, Schriften der Goethe-Gesellschaft, 18. Band, 2. Teil, Seiten XLIX f. und 101 ff., Weimar 1904).

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