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Von Marbach nach Weimar

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Im Angesicht der Feier des 200. Geburtstages von Schiller im kommenden Jahr schreitet die Nationalausgabe rüstig fort. Der Umfang, der ursprünglich 33 Bände umfassen sollte, ist auf 43 erhöht worden. „Kabale und Liebe“ ist derart ein Stück Geistesgeschichte, daß die Lektüre der Einführung, der Ueberlieferung, Lesarten, und Wirkungsgeschichte sowie der einschlägigen Literatur auf 73 Seiten dieses 'fünften Bandes der Nationälausgabe spannender ist als mancher Roman. Endgültig wird der Irrtum über die Mannheimer Aufführung berichtigt, der durch Goedeke Eingang fand. Für die erste Aufführung von „Kabale und Liebe“ ist, wie Boxberger und Güntter-Witkowski auch feststellten, der 15. April 1784 und nicht der 9. März das theatergeschicht-liche Datum. Es wird in Oesterreich interessieren, daß, während die Anfeindungen aller möglichen Ismen gegen Schiller fortgingen, sein Drama sich bei uns zum Volksschauspiel wandelte und im Rahmen des Jahreskreislaufes im Salzburgischen eine gereimte Umdichtung unter dem Titel „Liebe und Krawall“ gespielt wurde — der Verfasser dürfte aus . dem Pustertal gestammt haben. Schillers Drama, von den Romantikern (außer von Wackenroder) Taihl; von Carl Philipp Moritz bis zu Grillpärzer und Hebbel verurteilt, sah unter Reinhardt die größten Schauspieler ihrer Zeit am Werk: Forster, Hartmann, Dagny Servaes, Klopfer, Lucie Höflich. Das Stück wurde 1931 sogar verfilmt. Als 1946 inmitten der Trümmer des Kurfürstendammes die „Komödie“ ihre Tore öffnete, stieg aus dem Schutt der Zeiten abermals „Kabale und Liebe“. — Die typographische Sorgfalt ist, wie überall bei der Weimarer Ausgabe, eine große Unterstützung bei wissenschaftlicher Arbeit und Verwendung im Schulstudium.

SCHILLERS BRIEFE. Herausgegeben von Walter Müller-Seidel. VII/366 Seiten und .3 Faksimiles. Preis 16.75 DM. — Herausgegeben von Günter Schulz. V11I/418 Seiten und 1 Faksimile. Preis 20.25 DM. Beide Bände im Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar.

Im 23. Band der Nationalausgabe, deren Erweiterung hauptsächlich dem Briefwechsel zugute kommt, stehen 126 Briefe vom 21. April 1772 bis zum 25. März 1785, im 27. Band 169 Stücke (und drei Beilagen) vom 18. Mai.1794 bis zum 29. Juni 1795. Daß Schiller in gewissen Zeitläufen und merkwürdigerweise von verschiedenen Parteien in Acht getan wurde, ist nach dem Briefe vom 25. Jänner 1795 aus Jena einigermaßen begreiflich: „Wir wollen, dem Leibe nach, Bürger unserer Zeit seyn und bleiben, weil es nicht anders seyn kann; sonst aber und dem Geiste nach ist es das Vorrecht und Pflicht des Philosophen wie des Dichters, zu keinem Volke und zu keiner Zeit zu gehören, sondern im eigentlichen Sinne des Wortes der Zeitgenosse aller Zeiten zu seyn“ Der Anhang der beiden Bände ist höchst schätzenswert durch die vielseitigen Hinweise (das Material war oft schwer zu beschaffen), wichtig das Literatmverzeichnis, die. Liste der Mitarbeiter der. „Hören“ und deren Inhaltsverzeichnis.

VERMISCHTE SCHRIFTEN. Von S c h i 11 e r. Herausgegeben von Herbert Meyer. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger. Weimar. 448 Seiten, 7 Faksimiles. Preis 20.25 DM.

In diesem 22. Bande der Nationalausgabe stehen so vielfach zitierte Aufsätze wie über Bürger und Matthissons Gedichte, Seltenheiten wie die medizinischen Berichte und jene journalistischen Arbeiten, die für den Dichter keine Randerscheinung bildeten, sondern einen bestimmenden Teil seines auf die Erziehung des Menschengeschlechts zielenden Wesens kennzeichnen. Die Masse hat dies damals, als Schiller „abgedroschene Meinungen“ und „fakultätische Aufsätze“ ablehnte, nicht begriffen. Daher sind dieser Band und seine erregenden Kommentare von nachdrücklicher Gegenwartsbedeutung.

FRIEDRICH SCHILLER. Bildurkunden zu seinem Leben und Schaffen. Von Theo P i a n a. Volksverlag, Weimar. 212 Seiten. Preis 21.50 DM.

Für die Zusammenstellung dieses großformatigen, vorwiegend auf Kunstdruckpapier gedruckten, 271 Abbildungen enthaltenden Buches waren hauptsächlich drei Gesichtspunkte maßgebend: das Wesentliche aus den reichen Beständen des Schiller-Nationalmuseums in Marbach und der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten in Weimar zu bringen; Rücksicht auf junge und mit dem Dichter noch weniger vertraute Leser zu nehmen; und schließlich- zum Besuche der Gedenkstätten anzuregen. ' Es sind also in erster Linie pädagogische Ziele. Die Jungen, welche heute noch mehr als die Großen visuell eingestellt sind, sollen mit den unverbildeten Augen an die Zeit und Umwelt des Dichters herangehen. Diese Bilder vor dem inneren Spiegel der Seele geben dem gelesenen Wort der Dichtung den Rahmen. Die Jugend soll bedenken, auslegen, sprechen und — soweit es möglich ist — darnach leben, wenn Gegenständlichkeit und idealer Schwung sich untereinander ausgeglichen haben. Das hat Reinhold Buchwald, der Literaturwissenschaftler, Volksbildner und Professor in Heidelberg, angedeutet, wenn er einmal sagte: „Erst aus dem Bunde der Begeisterung und der Sachlichkeit entsteht immer wieder das, das wir das neue Bild der Ueberlieferung nennen dürfen, das neue Hölderlin-Bild, das neue Beethoven-Bild, und so auch in unseren Tagen das neue Schiller-Bild unserer Zeit.“

Im Textteil findet man zu jedem Bild eine ausführliche, sprachlich leicht faßliche und übersichtlich gruppierte Erklärung. Ein Literaturhinweis nennt die wichtigsten Schiller-Ausgaben, namhafte Biographen und frühere Bildwerke.

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