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Deuter des eigenen Werks

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DICHTER ÜBER IHRE DICHTUNGEN: Friedrich Schiller (I. Bd. 986 Seiten). Gottfried Keller (618 Seiten). Gottfried Benn (367 Seiten). Ernst Heimeran. Verlag München. — S c Hill er auf der deutschen Bühne seiner Zeit. Von Gertrud Rudioff -Hille. 456 Seiten. Aufbau-Verlag Berlin und Weimar. — Theodor Fontane /Sämtliche Werke. Bd. XIII a, 192 Seiten. Bd. XXIII/1. 622 Seiten. Nymphenburger Verlagsbuchhandlung. y

„Briefe und sonstige Zeugnisse, in denen der Dichter sein Werk bespiegelt, sind Spiegel, auch insofern sie das Verhältnis des dichterischen Werkes zur eigenen Zeit, zur privaten und sozialen Umwelt reflektieren. Sie sind das für uns Heutige historisch erfaß- und erforschbare Medium eines kritischen Bewußtseins zwischen Poesie und Gesellschaft.“ Dieses Wort Walter Benjamins gilt für das ganze neue wissenschaftliche Unternehmen „Dichter über ihre Dichtungen“, dessen drei ersten Bänden weitere deutschsprachige, aber auch Dichter ausländischer Weltliteratur folgen sollen. Dabei muß Schiller, der Klassiker ohne Autobiographie, nach 1000 Seiten (bis 1795) sogar geteilt werden: so mitteilsam in Briefen und Gesprächen war Schiller dort, wo es weniger um Dichtung und Wahrheit seines Lebens als vielmehr seiner (hier auch historiographischen, ästhetischen und philosophischen) Werke ging. — Gottfried Keller hat wohl vier autobiographische Essays geschrieben, war aber im Gegensatz zur Helle und Klarheit seiner Erzählungen persönlich sehr scheu und verschlossen, ein knurrender Brummbär, besonders bärbeißig und anspruchsvoll bei Korrekturen und Überarbeitungen seinen Verlegern gegenüber. — Gottfried Benn gehört zu jenen Idealisten der Hit-lerbewegung, die nach kurzer Kollaboration (1933 bis 1936) zu sich fanden, sich grimmig enttäuscht abwandten und von da an hartnäckig verfolgt wurden: „Doppelleben“ heißt seine Autobiographie ... Sympathisch seine schlichte Antwort auf eine neugierige literarische Brieffrage: „Einen Grund hiefür kann ich nicht angeben.“ Der ganzen Reihe sind Nachwort, Zeittafel, Quellen, Namen- und Werkregister beigegeben, Zeugnis für wissenschaftliche Verantwortung. Als Band 20 der eindrucksvollen „Beiträge zur deutschen Klassik“ erscheint „Schiller auf der deutschen Bühne seiner Zeit“: Schiller einmal nicht vom geschriebenen und gedruckten Wort her betrachtet.sondern vom Spiel auf der Bühne, von den Ur- und Erstaufführungen seiner Dramen. Was Wunder, daß daraus eine kleine Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts wird! Der großen, wohl bis 30 Bände anwachsenden „Nymphenburger“ Gesamtausgabe Fontanes, von der jpt/.i Band XIU a (Register und Nachweise zu den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“) und Band XXIII/1 (Ausstellungsberichte, die brillanten Kurzbiographien bildender Künstler und die sehr disziplinierten Kunstbuchbesprechun-,aen 1883 bis 1891) vorliegen, darf schon jetzt nachgerühmt werden, daß sie unser Bild von dem Dichter, Reiseschriftsteller, Essayisten und Kunstkritiker Fontane immens bereichert, da und dort korrigiert und überhaupt dem Verständnis der Gegenwart wesentlich nähergebracht hat. Fontanes neuentdeckte Zeitgemäßheit ist nicht weniger erstaunlich als seine hier voll ausgebreitete literarische Fruchtbarkeit.

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