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Fontane und Eichendorff

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Heiteres Darüberstehen. Von Theodor Fontane. Werke in zwei Bänden. Herausgegeben von Walter Keitel. Dünndruckausgabe. Carl-Hanser-Verlag, München. 2366 Seiten. Preis 29.50 DM.

Alte Fontane-Freunde werden glücklich sein, daß ein gewichtiger Teil der Werke des großen Erzählers, dank der Initiative des Carl-Hanser-Verlages, in einer schönen handlichen Ausgabe nun wieder zugänglich ist, auch wenn sie manche nicht aufgenommenen Romane darin vermissen müssen. Jedenfalls ist die von dem Herausgeber Walter Keitel getroffene Auswahl sorgfältig überlegt und enthält für einen hoffentlich neu zu gewinnenden Leserkreis — zu dem, wir wünschen es sehr, auch junge Leser gehören mögen! — alles, was den ganzen Fontane, das Einmalige und Wesentliche seiner Persönlichkeit und seines Werkes, zu erschließen vermag. Keitel nennt Fontane in seinem Nachwort eine „lerchenleichte, der Sonnseite zuge kehrte Natur”. Aber eine unverstandene kontaktarme Kindheit läßt diese Wesenszüge nicht zu freier Entfaltung kommen. Und doch gelingt es Fontane schließlich, durch den Reichtum und die Fülle seines großen und warmen Herzens, Einsamkeit und Enttäuschungen zu einer reifen und reinen Menschlichkeit, zu jenem „heiteren Darüberstehen” zu läutern, das ebenso bezaubert wie sein ausge sprochener Sinn für Maß und Stil — ein Erbe wohl seiner romanischen Abstammung, auf die er stolz ist. „Trag ich es, nicht weil ich muß, sondern weil ich will”, wird seine Devise, und mit welchem Scharm, welcher Haltung, versteht er zu tragen!

Für Keitels Auswahl war, wie er iiv seinem Nachwort angibt, die Aufnahme jener Werke bestimmend, die einen besonderen Zusammenhang zwischen dem Leben und Schaffen Fontanes auf- weisen. Daß Ausschnitte aus den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg” und der reizvollen Theaterkritiken darunter sind, von den autobiographischen Schriften „Meine Kinderjahre”, und vor allem eine große Anzahl der Briefe, ist besonders dankenswert. Von den Romanen wurden aufgenommen: „L-Adultera”, „Irrungen, Wirrungen”, „Stine”, „Unterm Birnbaum”, „Unwiederbringlich”, Effi Briest” und „Frau Jenny Treiber.

Joseph von Eichendorff: Werke in einem Band. Herausgegeben von Wolf Dietrich Rasch. Dünndruckausgabe. Carl-Hanser-Verlag, München. 15 80 Seiten. Preis 19.80 DM.

Wir möchten hier noch eine kurze Anzeige der ebenfalls im Carl-Hanser-Verlag erschienenen neuen Eichendorff-Ausgabe anfügen, die dessen sämtliche Gedichte — zusammengestellt nach der von Eichendorff noch selbst gestalteten Ausgabe von 1841, vermehrt um die vom Dichter in seine Sammlung nicht aufgenommene Lyrik und die nach seinem Tod gedruckten Jugend- und Nachlaßgedichte — und Romane, seine Gedichtübersetzungen aus dem Spanischen und, von den Versepen und Dramen, „Robert Guiscard” und „Die Freier” und einige autobiographische Schriften enthält; dazu ein die Persönlichkeit und das Werk Eichendorffs interpretierendes Nachwort des Herausgebers.

Diese Neubegegnung mit Eichendorffs harmonischer, gewiß aber nicht einfältiger Natur, die sich ihre Verbundenheit mit den Ursprüngen so rein und vollkommen bewahren durfte, ist wahrhaft ein Labsal in unserer chaotischen Zeit.

Anmut und Adel der Poesie. Aus den Schriften zur Literatur von Joseph von Eichendorff. Aus- gewählt und eingeleitet von Paul S t ö c k 1 e i n. Kösel-Verlag, München. 245 Seiten. Preis S.80 DM.

Der Herausgeber hat in diesem äußerlich schmucken Bande eine Reihe der vorzüglichsten literaturhistorischen Schriften Eichendorffs vereinigt und zu neuem Leben erweckt. Diese ins Schwarze treffenden Charakteristiken gehören zu den wertvollsten kritischen Schriften, die über Klassik und Romantik aus unmittelbarer Anschauung heraus verfaßt wurden. Eine feste Terminologie, der katholische Standort des Kritikers, ermöglichen eine einheitliche Anschauung Vorzüglich der inneren religiösen und weltanschaulichen Gefahren der „neueren Bildung”, wie sie seither nie mehr so eindringlich dargestellt wurden. Das Glanzstück steht ganz am Schlüsse zu lesen. Eine Allegorie der romantischen Poesie aus Eichendorffs „Viel Lärmen um Nichts”, in dem sich Entsetzen und wunderbare Zaubernacht ein seltsam-schauerliches Stelldichein geben und in dem gerade Eichendorff, der Katholik, den übersteigerten Subjektivismus der Romantik in symbolischer Zauberei deutlich macht. Eichendorff stellt sich hier als ein virtuoser moderner Psychologe dar, der er auf Grund dieser Charakterstudien und ästhetischen Kritiken wirklich war. Der vorzügliche Auswahlband ist geeignet, das landläufige Kcfiendorff-Bild zu erWefttern und in weiteren Kreisen das Bewußtsein von der Höhe romantischer Kritik wiederzuerwecken.

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