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Solti, Allers und Ancerl

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In einem Sonderkonzert im Theater an der Wien spielten die Wiener Philharmoniker unter Georg Solti die Sin-fonietta von Leoi Janäcek, die symphonische Dichtung „Don Juan“ von Richard Strauss und das „Concerto for orchestra“ von Bela Bartök. Es war eine festliche Matinee und die Wiedergabe der drei Werke aus dem Anbruch des Jahrhunderts hob diese Festlichkeit in Einmalige. Man möchte es kaum glauben, daß die „Sinfonietta“ 1926, der „Don Juan“ gar schon 1889 komponiert wurden, ao unmittelbar war der Eindruck. Das „Concerto for orchestra“ allerdings liegt uns näher als viele andere Musik aus seinem Kompositions jähr 1943. Immerhin konnten reifster Bartök und frühester Strauss glänzend nebeneinander bestehen, und die Frische des Janäiek-sehen Werkes stand wie lächenlnd in der zeitlichen Mitte. Georg Solti führte alle drei Werke mit der gleichen schwungvollen Sorgfalt zu ihren Höhe- jj^n“ punkten. Er wurde inmitten des Orchesters stürmisch gefeiert. F. K.

Franz Allers brachte mit den Wiener Symphonikern und dem Kammerchor des Singvereins ein amerikanisches Programm. Auf Grund vieler enttäuschender Erfahrungen während der letzten Jahre wissen wir, daß es mit der zeitgenössischen amerikanischen Kunstmusik nicht zum besten bestellt ist. Auch die dreisätzige „Jeremiah-Sym-phonie“ des gewandten Dirigenten und Fernsehkommentators für ernste Musik in den USA, Leonard Bernstein, konnte keinen Gegenbeweis erbringen: trotz des respektablen Sujets und des handwerklichen Könnens des Komponisten. Von den drei Sätzen spricht am meisten, vor allem wegen des Textes, der letzte an, wo eine Altstimme (Hilde Rössel-Majdan) in hebräischer Sprache drei Bruchstücke aus den Klageliedern Jeremiae anstimmt. „Medeas Meditation und Rachetanz“ von Samuel Barber, als Ballettmusik für die große Tänzerin Martha Graham geschrieben, ist wenigstens im Klang interessant, vor allem in dem vom Klavier, der kleinen Trommel und einigen Bläsern intonierten Rache-Boogie. — Den zweiten Teil des Konzertes bildete eine konzertante Suite aus „Porgy and Bess“ von George Gershwin, jenem einzigartigen Glücksfall von Synthese zwischen Volksmusik und zeitgemäßer harmonischer und instrumentaler Verarbeitung: frisch, lebendig, gefühlvoll und mitreißend. Besonders wenn zwei so hervorragende Solisten, wie die dunkelhäutigen Martina Arroyo und Lawrence Winters zur Verfügung stehen. Erstere mit der Stimme eines schwarzen Engels, letzterer seinen konzertanten Part nicht nur singend, sondern dramatischeffektvoll agierend. Auch der Kammerchor des Singvereins ließ es an Schwung nicht fehlen. Ein stürmischer Publikumserfolg.

Sehr lebhaft wurden auch die Prager Philharmoniker gefeiert, die sich in den ersten beiden Konzerten unter ihrem ständigen Leiter Karel Anierl in der Interpretation verschiedenartigster Werke als ein ganz hervorragendes Orchester auswiesen. Ihr Ton ist nobel und homogen, die Disziplin vollkommen, der Vortrag elastisch und ausdrucksvoll. Karel Anierl ist ein feiner Musiker und ein symphatischer Orchesterleiter mit großer Routine, die aber der Unmittelbarkeit seines Musizierens nicht im Wege steht. Mit Hindemiths virtousem „Philharmonischen Konzert“ aus dem Jahr 1932 gaben sie ihre Visitenkarte ab, Stra-rvinskys „Petruschka“ Suite wurde mit orchestraler Brillanz und tänzerischem Schwung musiziert, die Farben von Debussys Triptychon „La Mer“ hatten Feinheit und Leuchtkraft, und in Mahlers „Kindertotenliedern“ gesellte sich zu dem diskret begleitenden Orchester die ungewöhnlich schöne Stimme von Vera Soukupova, deren nobel-zurückhaltender Ausdruck ebenso zu bewundern war, wie ihre tadellose deutsche Diktion. In den „Variationen über ein Thema von Gustav Mahler“ von Jan Klusak (der Anfang des Adagietto aus der 5. Symphonie) zeigte das Orchester, daß es auch mit den neuesten, schwierigen Techniken, wie sie die zeitgenössische serielle Musik anwendet, vertraut ist.

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