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Drei Generationen

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Wilhelm K e m p f f, auf der Höhe seines Lebens und 6einer Kun6t, füllt den größten unserer Konzertsäle mit leuchtenden, kraftvoll hinströmenden Tonfluten, denen immer noch Reserven zu Gebote stehen (noch am Ende seines Namens steht ein ff!). Trotz aller Gestaltung und Bändigung brandet e6 zuweilen zackig an den Motiven empor, im (selteneren) Pianissimo dagegen oft verspielt erstarrend. Alle dunklen und hellen Töne der Romantik klingen lebendig auf. Dennoch war Beethovens c-moll-Sonate op. 11 der spürbare Brennpunkt, während in Schuberts Sonate D-dur op. posth bei aller Präzision die Wärme fehlte und auch eine gewisse stilistische Uberspitztheit sich bemerkbar machte. Echtes Ausströmen gelang dem Künstler In der meisterhaften Wiedergabe der beiden Franziskuslegenden von Liszt.

Einer älteren Generation von Romantikern gehört Angelo Kessissoglu an. Er ist die Romantik des Salons, die vielfach von Agogik und willkürlicher Pointierung lebt und ihr nicht selten die rhythmische und phraseologische Sauberkeit opfert. Wir hörten Haydn-Variationen und eine Brahms-Ballade ohne Unterschied der stilistischen und formalen Voraussetzung ein bißchen verschwommen, ein bißchen kokett, und staunten im zweiten Teil des Programms, daß 6ich für diese Spielart auch zu Marx und Debussy keine Unterschiede ergeben.

Paul Badura-Skoda, einer der jüngsten unter den Pianisten, stellte die ganz anders geartete Einstellung der Jugend unter Beweis Er spielte vier der sechs Partiten von J. S. Bach, ohne Spur eines romantischen duktu6, gleichwohl nicht in kühler, sondern dienender Distanzierung. Die absolute Sauberkeit und Treue seiner Interpretation erreicht eine lebendige Gestaltung, der persönliches Profil nicht fehlt und die mit den Jahren des jungen Künstlers immer größerer Reife zustrebt. Franz Krieg

Der jüngsten Generation gehören auch vier Solisten an, die wir in einer Akademie sowjetischer Künstler kennenlernten. Alle vier haben das zweite Jahrzehnt kaum erreicht oder knapp überschritten und 6ind Preisträger internationaler und sowjetischer Auszeichnungen. Der technische Standard ist bei allen 6ehr hoch, am höchsten bei dem Cellisten M. rastropowit6ch, der eine Sonate von Grieg, ein Adagio aus einem neuen Ballett von Prokofieff (im Schumann-Stil) und Poppers virtuosen „Elfentanz“ mit zauberhafter Leichtigkeit des Bogens vortrug. Nina Gusselnikova ist ein Koloratursopran mit der mühelosen Höhe einer Erna Sack Ihre Fertigkeit kam brillant in der Kavatine der Rosina aus dem „Barbier von Sevilla* zur Geltung, die heute kaum mehr eine Sängerin tadellos bewältigt. Was der Gelger Igor Besrodny zum besten gab, war für eine verbindliche Beurteilung ungeeignet (Smetana, Wladigeroff, Glier), zumal der Referent 6ein erstes Stück, eine Händel-Sonate, ebenso wie die Vorträge des Pianisten J. Murawljow, wegen eines gleichzeitig stattfindenden zweiten Konzerts nicht hören konnte.

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