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Tugend spielt Altes

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Wie unmittelbar das Lebensgefühl vergangener Tage wieder spürbar werden kann, wenn es uns in gültiger Interpretation eines wahren Kunstwerkes begegnet, das merkte man besonders stark in einem Konzert des Conwiwum musicum Vindo-bonense unter Gerhard Kramer in der protestantischen Dorotheerkir-che. Drei Motetten, „Die sieben Worte Jesu am Kreuze“ und die .Auferstehungshistorie“ von Heinrich Schütz und Worte In ökumenischem Geiste von Monsignore Zimmermann waren dem Gedenken Josef Krips' gewidmet.

Weniger glücklich war der russische Pianist Igor SchuJcou? im Mozartsaal. Er hatte zwei Werke Schumanns (Kinderszenen, Waldszenen) zweien von Prokofieff (2. und 7. Sonate) gegenübergestellt. Schon die Art, wie er die Kinderszenen anging, ließ wenig Schönes erhoffen:Kaum auf dem Sessel, ging es schon los: technisch untadelig, mit etwas weichem Anschlag und sehr, sehr kühler Zurückhaltung. Beim russischen Meister setzte Schukow natürlich mehr Kraft und Virtuosität ein, spielte aggressive Härte ohne billiges Auftrumpfen aus.

Schukow konnte man auch als Begleiter seines Landsmannes Valentin Feigin begegnen, der im Konzerthaussaal sein Wiener Debüt als Cellist gab. Auffallend war seine fast „französische“ Bogentführung, die ein geschmackvolles Legate zur Folge hat. Weniger zufrieden war man mit seinem Ton; allerdings dürfte auch der Große Saal nach seiner endgültigen akustischen Gestaltung etwas günstiger wirken, als es diesmal der Fall war. Nach Beethoven („Zauber-flötenvariationen“, A-Dur-Sonate) und einem langweiligen Zeitgenossen (Weinberg — ein in Moskau lebender Pole) fand er seinen stärksten künstlerischen Ausdruck in der a-Moll-Sonate von Grieg.

Im Schubertsaal stellten sich die Kammersolisten Basel mit Werken von Mozart vor: ein gut aufeinander abgestimmtes Streichquartett mit drei Holzbläsern. Ein besonderer Meister seines Faches ist Jürg Fischbacher, der sehr musikalisch und mit warmem Ton der Primus in Mozarts Oboenquartett war. Christiane Nicolet, Gattin des berühmten Aurele, übernahm diese Rolle im Flötenquartett D-Dur und spielte diszipliniert und sehr bestimmt. Etwas nüchterner, ebenfalls aber sehr sauber, blies zum Abschluß Bernhard Moor seine Klarinette im Quintett A-Dur, einem Glanzstück Mozartscher Kammermusik.

Im Konizerthaus gab es auch einen Solistenafoend der Akademie. Höchst erfreulich war der Leistungsstand des Orchesters unter Karl Österreicher, aber auch bereits der erste der drei jungen Solisten verdiente sich den freundlichen Applaus: Helmut Demmer aus Österreich bewies an Haydns Konzert Es-Dur, daß er ein guter Trompeter ist. Eine kleine Sensation war der 15jährige Japaner HiroUum. Kurosaki ■im..L.Wiotinjion-/■ovt von. Prokofieff: Sem afDm^isi, prachtvoll, die Sicherheit beeindruk-kend, und die Musikalität merkte man am schönsten in der Zugabe, dem 1. Satz aus Bachs Partita in E-Dur. Trotzdem hatte es der Finne Risto Lauriala nioht schwer, auch einen großen Erfolg zu erzielen; Brahms' 2. Klavierkonzert erklang musikalisch, temperamentvoill und schön, wie man es sich nur wünschen kann. Österreicher mit seinem braven Orchester hatte maßgeblichen Anteil daran.

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