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Aus Italien und den USA

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Zwei italienische Kammermusik Vereinigungen von hohem Rang waren während der letzten Wochen im Konzefthaus zu hören. Dem Trio di T r i e s t e haben wir im Augenblick kein gleichwertiges an die Seite zu stellen; mit dem Collegium musicum Italicum ist höchstens die Bläserkammermusikvereinigung der Wiener Philharmoniker vergleichbar. — Die drei Triesti- ner spielen in der Regel auswendig Brahms, H-dur, und Schubert, B-dur; nur bei dem 1950 komponierten Trio von Bohuslav Martinu hatten sie Notenblätter vor sich. Das ermöglicht, bei aller Disziplin des einzelnen Spielers, Freiheit des Vortrags und individuelle Nuancierungen von größter Lebendigkeit. — Jeder der 14 „V i r- tuosen von Ro m" ist ein Meister seines Instruments und ein hochgebildeter Musiker elf der Spieler sind an verschiedenen italienischen Konservatorien als Professoren tätig. Das Collegium musicum Italicum hat vor allem die Pflege V i v a 1 d i s zu seiner Aufgabe gemacht, von dem, in immer wechselnder Solistenbesetzung, im ersten Teil drei Konzerte für Oboe — das einzige Blasinstrument des Ensembles —, Viola d’amore und vier obligate Violinen und im zweiten Teil das umfangreiche, programm-musikalische Werk „Die vier Jahreszeiten" mit einer Vollkommenheit gespielt wurden, die den stolzen Namen, den sich das Ensemble gegeben hat, voll rechtfertigen. Der Leiter Renato Fasano versteht es, 13 Solisten zu einem Klangkörper von höchster Homogenität zu vereinigen.

Der amerikanische Dirigent William Strickland vermittelte uns in einem Konzert mit den Symphonikern die Bekanntschaft dreier in Wien noch nicht gespielter Werke amerikanischer Komponisten. Aber keine der drei Kompositionen konnte uns von der absoluten Eigenständigkeit der neueren Musik in den USA überzeugen, wo man zwar die europäische Musikentwicklung der letzten 50 Jahre aufmerksam verfolgt, deren Ergebnisse aber noch nicht assimiliert hat. Walter Pistons „Toccata" ist ein konzises, kräftiges und effektvolles Orchesterstück; Aaron Copland versucht nicht ohne Erfolg, in der Suite „Statements" Aussagen die Themen der Isechs Stücke Militärisch, Verborgen, Dogmatisch, Subjektiv, Heuchlerisch, Prophetisch individuell zu gestalten und zu vertiefen. Am wenigsten gelingt dies bezeichnenderweise bei „Subjektiv" und „Prophetisch", das durch recht konventionelle Klanggesten etwas enttäuscht. — Ueber diese kommt die dreiteilige „Apokalypse" von Gian-Carlo M e n o 11 i überhaupt nicht hinaus. „Improperia" Klagegesänge in der Karfreitagsliturgie malen sehr dramatisch eine mit dem Thema kaum in Verbindung zu bringende Handlung, „Die himmlische Stadt" wird durch einen wiegenden Marsch bzw. ein symphonisches- Wiegenlied dargestellt, während sich die „Kämpferischen Engel" eher wie streitsüchtige Menschen gebärden. Eine Welt liegt zwischen diesen Stücken und dem Violinkonzert von Alban Berg. Daß der Dirigent auch diesem schwierigen, ausdrucksvollen und differenzierten Werk gewachsen war, erwies seinen bedeutenden Rang als Musiker. Der französische Geiger Ivry G i 11 i s behauptete sich sehr ehrenvoll neben den bekannten Interpreten Szigeti, Varga, Grumiaux und Gertler dieses überaus heiklen Soloparts.

Nach langer Pause trat die Tänzerin Hanna Berger im Mozartsaal mit einem eigenen Abend vor die Oeffentlichkeit. Drei Tänze des ersten Teils Dogaressa, Tyranna und Amica stammen aus der etwa 1946 im Volkstheater zum ersten Male gezeigten „Italienischen Reise". „Helle Träume" nach Poulenc und die sehr suggestive „Unbekannte aus der Seine" nach Debussy leiteten zum musikalisch „modernen" Teil des Abends über. Nach ungarischen Volksweisen und Musik von de Falla, Milhaud, Martin und Paul Koni gestaltete sie, originell und eigenwillig, Frauenbildnisse und -Schicksale Mädchen, Geliebte, Vet- lassene Mutter; Die Trauernde — in memoriam Käthe Kollwitz —, Werbung, Verführung und Erfüllung, wobei sie sich sehr bewußt, auch in den charakteristischen Kostümen, vom „sportiven arm- und beinfreien Kittel für beide Geschlechter", aber auch vom Expressionismus der Mary-Wig- man-Schule freimacht, zugunsten einer Betonung des spezifisch Weiblichen, wie sie es versteht. In Walter Klien hatte sie einen guten Begleiter, der mit der 3. Klaviersonate von Prokofieff und zwei Tänzen von Wagner-Regeny auch solistisch h- vortrat.

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