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Musikfeste in Wien und Linz

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Zum sechstenmal seit Kriegsende und, wie im Vorjahr, im Rahmen der Wiener Festwochen, veranstaltet die Wiener Konzerthausgesellschaft ihr „Internationales Musikfes t". Diesmal steht im Mittelpunkt das Werk von Alban Berg, auf das wir in der nächsten Folge der „Furche" ausführlicher eingehen werden. Das erste Konzert eröffnete der in den USA lebende ungarische Dirigent Eugen Ormandy mit fünf symphonischen Stücken aus Bergs zweiter (und letzter) großer Oper „Lulu“ nach Frank Wedlekind. Diese Musik mit ihren Glocken- und Vibraphonklängen und den langgezogenen, zuweilen von einem Alt-

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Zum sechstenmal seit Kriegsende und, wie im Vorjahr, im Rahmen der Wiener Festwochen, veranstaltet die Wiener Konzerthausgesellschaft ihr „Internationales Musikfes t". Diesmal steht im Mittelpunkt das Werk von Alban Berg, auf das wir in der nächsten Folge der „Furche" ausführlicher eingehen werden. Das erste Konzert eröffnete der in den USA lebende ungarische Dirigent Eugen Ormandy mit fünf symphonischen Stücken aus Bergs zweiter (und letzter) großer Oper „Lulu“ nach Frank Wedlekind. Diese Musik mit ihren Glocken- und Vibraphonklängen und den langgezogenen, zuweilen von einem Alt-

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saxophon vorgetragenen Lamentationen war die letzte, die Alban Berg (am. 11. Dezember 1935 im Großen Musikvereinssaal) hörte.. Es war sinnvoll, sie an die Spitze des den Alban-Berg-Zyklus und das Musikfest eröffnenden Konzertes zu stellen, bei dessen Beginn der Bundesminister für Unterricht, der Bürgermeister der Stadt Wien Und der Präsident der Konzerthausgesellschaft ans Rednerpult traten. Den zweiten Teil des Programms bildete Prokofieffs an dieser Stelle bereits bereits besprochene 6. Symphonie; dazwischen spielte Alexander Bfailowsky, von den Wiener Symphonikern begleitet und stürmisch akkla- miert, das zweite Klavierkonzert von S. Rach- maninoff.

Beim 2. j u g o s 1 a w i s c h - ö s t e r r e i c h I- schen Austauschkonzert unter dem recfit versierten und elegant-entschiedenen Dirigenten Milan Horvat kam die mittlere Komponistengeneration (Jahrgang 1896 bis 1914) zum Zug mit wesentlich interessanteren, wenn auch nicht sehr viel anders gearbeiteten Werken als im 1. Konzert. Stepan S u 1 e k beginnt sein „Klassisches Konzert" im Stil Albert Roussels, biegt dann aber bald in die impressionistischneuromantische Gasse, die weder das Klavierkonzert von Stanojlo Rajcic noch Blaz A r n i c s „Hexentanz" verlassen. Interessanter ist schon Natko D e v c i c s „Istrische Suite", vor allem durch das unverfälschte folkloristische Element, das ihr Gesicht und ihre Substanz bestimmt. Der äußere Gestus erinnert zuweilen an George Enescus Rhapsodien oder Chatschaturians orientalischen Jazz. Das weitaus bedeutendste Werk war Josip Slawesnkis „B a 1 k o n o- p h o n i e", eine Suite von Tänzen (serbisch, türkisch, bulgarisch) und lyrischen Intermedien (griechisches, albanisches und medjumurer Lied): fesselnd in der knappen Formung der einzelnen Sätze und durch die hochoriginelle farbige Orchestrierung.

Die Linzer Kulturtagung stand heuer im Zeichen der zeitgenössischen Musik (im vorigen Jahr lag auf der bildenden Kunst der Akzent, im nächsten soll die Dichtung im Mittelpunkt stehen). Mit sicherem Griff hatte man sich zwei der bedeutendsten Repräsentanten der neuen _ Musik geholt: Paul Hindemith und Carl O r f f, deren Jugendmusikwerke an anderer Stelle dieses Blattes ausführlich gewürdigt werden. Hindemith dirigierte überdies noch ein Konzert mit eigenen Werken, das durch die Suite Nr. 2 h-moll von J. S. Bach eingeleitet wurde. — Der Versuch mit neuer österreichischer Schulmusik im Rahmen einer Hörerziehungsstunde muß leider als mißglückt bezeichnet werden, da von den drei vorgeführten Werken höchstens das von Robert S c h o 11 u m der Auffassungsfähigkeit jugendlicher Hörer angemessen ist, während sich die Kompositionen von Karl S c h i s k e und Paul A n g e r e r als viel zu kompliziert erwiesen. Ueber „Das Geistige in der Musik" sprach • klar, eindringlich und überzeugend Dr. Fred Hamei aus Hannover. Das Landestheaterbrachtediebeidenzeitgenössischen Opern„MathisderMaler" — in

Anwesenheit des sehr lebhaft und lautstark gefeierten Komponisten — und„Raskolnikoff"von

Sutermeister, die andieser Stelleanläßlichder

Premiere ausführlich besprochen wurde.

Helmut A. Fiechtner

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