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Bevor die Zyklen beginnen —
spielte das Kammerorchester der Wiener Symphoniker unter der Leitung von Bogo Lescovic im Arkadenhof des Neuen Wiener Rathauses ein Mozart- Programm. Zwischen der Ouvertüre zum Schauspieldirektor und der Jupiter-Symphonie produzierten sich zwei junge Solisten, deren Weg — falls nicht überraschende Störungen auftreten — bald auf die großen Konzertpodien der Welt führen dürfte. Elisabeth Czernohorsky zeigte in zwei Konzertarien mit Rezitativen einen ungewöhnlich schönen, apart timbrierten und gutgeführten Sopran; der erst 14jährige Geiger Hermann K i e n z 1 hat auf seinem wertvollen Instrument eine Fertigkeit erreicht, die — sobald sie einmal in den Dienst des Ausdrucks gestellt wird — den jungen Künstler zu Großem prädisponiert (Mozart, Violinkonzert D-dur). <— Es wird auch im kommenden Sommer Aufgabe der Veranstalter der begrüßenswerten Serenadenkonzerte sein, Attraktionen dieser Art zu finden, um den großen Rathaushof zu füllen.
In einem Symphoniekonzert zum Abschluß des gesamtösterreichischen Gewerkschaftstreffens unter Rudolf M o r a 11 wurde der Hymnus „A r b e i t e r s a g e“ nach Worten von Josef Luitpold aufgeführt, in dem die „Genossen und Genießer dieses Festes“ aufgefordert werden, ihre Blicke zurückzuwenden in die Zeit der Ahnen, die im Schatten der Geschichte „mit bleichen Wangen, gekränkter Seele, ohne Schätzung, ohne Recht“ saßen. Hierzu schrieb Erwin Weiß eine Musik, die sich gleichfalls rückwärts wendet, und zwar in Sphären, die mit dem Gehalt von Luitpolds Text gar nichts gemeinsam haben. Die Anklänge an Richard Strauß und Wagner befremden bei einem solchen Werk, für das unbedingt eine adäquate, das heißt viel strengere, einfache und lapidare Form und Tonsprache gefunden werden muß. (Es sangen die Chöre des Arbeitersängerbundes Döb-ling und der Gewerkschaftsjugend, Solist: Otto Wiener.)
Im Prunksaal der Oesterreichischen Nationalbibliothek verabschiedete sich der Akademiekammerchor unter der Leitung von Ferdinand Großmann vor seiner großen Amerikareise. Die Kunst der großen Meister des 16. bis 18. Jahrhunderts stellt nicht nur an die Virtuosität, sondern auch ah die Kultur eines Ensembles die höchsten Anforderungen; leider kam nicht alles, was der Chor in dieser Hinsicht zu bieten imstande ist, klanglich zur Erfüllung. Die Akustik dieses einzigartigen Saales, der den denkbar prunkvollsten Rahmen für diese kostbaren Madrigale abgibt, ist an verschiedenen Stellen von sehr verschiedener Qualität. Vor jedem einzelnen Werk sprach Univ.-Prof. Dr. Leopold Nowak kurze, wohlüberlegte Worte, die dem Hörer auch die Gestalten weniger bekannter und zeitlich entfernter Meister näherrückten (Jacobus Gallus, Orazio Vecchi, Luca Marenzio, Antonio Lotti u. a.)
Die beiden letzten Wochen in der Staatsoper standen im Zeichen Maria J e r i t z a s, deren persönliche Leistung in der letzten Folge der „Furche“ (Streiflicht) bereits gewürdigt wurde. Sie hatte im „Mädchen aus dem goldenen Westen“ Alfred Jerger und Josef Gostic als
Partner; Meinhard Zallinger leitete mit. Schwung Orchester und Ensemble, das in den bekannten Bühnenbildern von Walter Hoeßlin agierte. — Ihren großen Triumph aber feierte Maria Jeritza in ihrer Standardrolle als F 1 o r i a T o s c a. Hier standen (unter der Leitung von Wilhelm Loibner) Karl Friedrich, Karl Kamann und Han' Braun neben ihr, ohne jemals durch die große Jeritza an die Wand gespielt zu werden: ehrenvoll für alle Beteiligten!! Ein Trio von Männerstimmen, wie man es in der Volksoper wohl kaum gehört hat, machte eine Aufführung von Charles G o u n o d s „M a r g a r e t h e“ zu einem geradezu sensationellen musikalischen Erlebnis: neben dem stimm-
lich berückenden und schauspielerisch hochinteressanten Ensemble Roswaenge-London-Metternich verblaßte die arme Margarethe (Esther Rethy) bis zur Bedeutungslosigkeit. Die Inszenierung, insbesondere die Bühnenbilder, wirken trotz Erneuerung immer noch verstaubt genug: ein Eindruck, der durch den fast sträflichen Prunk und Aufwand eher verstärkt als vermindert wird. Daß sich ein Walpurgisnachtballett nicht im Mädchenpensionatsstil realisieren läßt, ist einzusehen; aber mit einem — zugegeben: höchst geschmackvollen — Nachtlokal sollte die Opernbühne auch nicht verwechselt werden.
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