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„Meistersinger“ und „Lustige Weiber“

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Die Staatsoper am Ring eröffnete die neue Spielzeit mit Wagners „Meistersingern“. Zur zweiten Aufführung des Werkes am vergangenen Sonntag war, wegen mehrerer Neubesetzungen, auch die Fachpresse eingeladen. Der Start war, was den musikalischen Teil betrifft, glücklich; Festlichkeit wollte sich dagegen in den reizlosen Bühnenbildern nicht einstellen. Rudolf K e m p e, dessen Qualitäten man immer mehr schätzen lernt, musizierte fast durchweg im Stil einer dramatischen Kammermusik, nahm da und dort gemächlichere Tempi als gewohnt uni betreute Solisten, Chor und Orchester mit größter Aufmerksamkeit. (Die etwas aus den Fugen geratene Prügelszene geht wohl nicht auf seine Rechnung.) — Otto Wiener gestaltete den Hans Sachs intelligent und sympathisch: als großen (wenn auch von Wuchs bescheidenen) Herrn, der es nicht nötig hat.

aufzutrumpfen. Sein gelegentliches wohldurchdachtes „Unterspieleh“ paßte ausgezeichnet zu der Art, in der Kempe musizierte. — Walter K r e p p e 1 war ein stattlicher, kluger und vollendet schön singender Pogner, während der Beckmesser Karl D ö n c h s jetzt den letzten Schliff und die ideale Ausgewogenheit' dieser Figur hatte. — Karl L i e b 1 gab als Ritter Stolzing sein Bestes, und wenn auf der Festwiese sein angenehmer Tenor nicht ganz so „strahlt“, wie es dem Ort und unseren Wünschen entspräche, so fragt man ,sich: wann und wo haben wir's, je besser gehört? — Sena Jurinac als Evchen, Georgine M i 1 i n k o v i c als Magdalena und Murray D i c k i e als David lassen kaim einen Wunsch offen. Am Schluß gab es viele Vorhänge und ehrlichen, stürmischen Beifall, besonders für Otto Wiener, in dessen Künstlerlaufbahn dieser Abend sicher einen Höhepunkt bedeutet.

Nach dreieinhalb Jahren begrüßt man in der V o l k s o p e r, neu einstudiert, Otto Nicolais „Lustige Weiber von Windsor“ und stellt erfreut fest, daß sie jung geblieben sind und von einer Frische, um die sie die ganze neue Opernliteratur beneiden könnte. Lotte R y s a n e k entfaltet ihre glänzenden stimmlichen Mittel ebenso wie ihren Witz und ihre Laune, und Hilde Rössel-Majdan legt in sparsame Gestik so viel natürlichen Humor, daß selbst alte Theaterhasen lächeln müssen. Ihre große breite Stimme fügt sich ohne Schwierigkeit dem beweglichen, gelegentlich operettenhaft pointierten Stil. Endre K o r e h macht den Falstaff shakespea-risch blutvoll und echt und wächst in der Trinkszene des 2. Aktes auch schauspielerisch ins Große. Das ganze reiche Personarium spielt sich reibungslos und fröhlich den dünnen Faden der Handlung zu wie die melodienreiche Musik und hält den lustigen Abend bis zum Ende, auch durch den etwas schwächeren dritten Akt. Die „Shakespeare-Bühne“ zeigt sich nicht nur als äußerst praktisch bei den Verwandlungen, sie löst auch den Zuschauer von den Vorstellungen des allzu eng begrenzten Illusionstheaters und gibt den Weg zur Komik auch szenisch frei. Der musikalische Leiter, Franz Bauer-Theußl, nimmt einige Tempi bedächtig langsam, weiß aber das Ganze zu einem sich stets steigernden Eindruck von Dichte und Substanz zu runden. Die Spielleitung hat Leo M e i n e r t, die Inszenierung stammt von Herbert W a n i e k, die Bühnenbilder schuf Stefan H l a w a, dieser und Elli Rolf die Kostüme. Lisi Schneider und das Corps de ballet hatten im letzten Bilde ihre große Szene. — Die Oper hat sieben Bilder, das gibt genug Gelegenheit zum verdienten Beifall: wirklich unnötig und arg störend ist daher das Zerreißen von Szene und Musik durch schlecht placierten Zwischenapplaus, oft mitten in einer Musiknummer. In dieser Hinsicht sollte das Publikum belehrt werden.

Franz Krieg

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