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Grieg, Tschaikowsky, Delibes
Das 6ommerlich-beschauliche Musikprogramm Wiens schien angenehm durch ein Gastspiel des „Londons Festival Ballet“ im Theater an der Wien unterbrochen zu werden. Der erste Abend des Ensembles, ein „Peer-Gyn t“-Ballett Waslaw Orlikowskys, erfüllte die Erwartungen leider nur teilweise. Ist schon die Musik Edvard G r i e g s zu Ibsens „Peer Cynt“ recht verstaubt, so wurde sie durch angeklebte Stückchen aus Griegs Notenmappe keineswegs besser. Orlikowsky versuchte allerdings auch gar nicht, mit der Choreographie neue Wege einzuschlagen, er paßte sie im Gegenteil der Musik Griegs an und so wird daraus doch ein ganz erträgliches Ballett, dessen Handlung, da ja die Worte fehlen, freilich etwas umständlich und in die Länge gezogen wirkt. Orlikowskys bereits bekannte Vorliebe für Bewegung hat auch seine Choreographie zu Peer Gynt beeinflußt, doch machte sie Edvard Griegs aus Kurkonzerten bekannte Musik wenigstens erträglich. John G i 1 p i n, Star des Ensembles, tanzte — alternierend mit Karl Musil — die Titelpartie und konnte wohl technisch, nicht aber mimisch befriedigen. Marilyn Buir als Ingrid bot eine vorzügliche Leistung, an die Irene S k o r i k als Solveig nicht ganz herankam, da deutliche Unsicherheiten nicht zu übersehen waren. In kleineren Partien fielen noch Vassilie T r u n o f f als Ingrids Bräutigam und Jeffrey K o v e 1 als Geigenvirtuose — unverständlicherweise als Jude verkleidet — auf. Das Corps de ballet hingegen wirkte ziemlich uneinheitlich. Die Kostüme Yvonne Lloyds waren nur teilweise gelungen, die Bühnenbilder Edward D e 1 a-n y s erinnerten allzusehr an die Lindwurm-Grottenbahn. Das Volksopernorchester unter Aubrey B o w m a n musizierte erträglich.
Das Programm des zweiten Abends begann mit dem 2. Akt aus T s c h a i-kowskys „Schwanense e“ in der Choreographie Vladimir B o u r m e is t e r s, nach Ivanoff und Petipa. Irina B o r o w s k a, die „Dame in Grün“ aus „Peer Gynt“, tanzte die Schwanenkönigin, der Wiener Karl Musil, Gast der Tournee, den Prinzen Siegfried. Irina Borowska schien zunächst etwas gehemmt, der Pas de deux gelang aber dann doch sehr sicher. Karl Musils Part war leider allzu passiv, immerhin entledigte er sich seiner Aufgabe mit der ihm eigenen Vornehmheit und Ruhe. Das Corps de ballet wirkte — wie schon am ersten Abend — durch Lampenfieber ziemlich behindert.
Harald Landers „Coppelia“-Choreographie, basierend auf dem Original Nuitters und Saint-Leons, wirkte zunächst erfreulich frisch, obwohl Bühnenbild und Kostüme verdächtig an die verunglückte Staatsopern-„Margarethe“ erinnerten. Bald trat aber Langeweile ein, nicht zuletzt bedingt durch die harmlosunverbindliche Musik Delibes', die heute nur durch eine wirklich mitreißende Choreographie erträglich gemacht werden kann. Folkloristische Gruppentänze, wie sie Lander allzuoft einbaut, ermüden schließlich auch den geduldigsten Zuschauer. Von den Solisten gefielen wieder die charmante Marilyn B u r r, die als Swanilda ein handfestes komisches Talent bewies, und John A u 1 d als Coppelius, der über ausdrucksvolle mimische und pantomimische Mittel verfügt. John G i 1 p i n als Bräutigam Franz war fehl am Platz, den Naturburschen, den er darstellen soll, nimmt ihm keiner ab. Das Volksopernorchester unter Aubrey B o w m a n war nicht ganz bei der Sache: die Dissonanzen waren allzu deutlich zu vernehmen.
Daß Delibes, Tschaikowsky und Grieg heute nicht mehr genug sind, eine Balletttournee zu tragen, 6ei also hier festgestellt. Vielleicht könnten uns die Londoner Gäste das nächste Mal mit einem etwas geschickter zusammengestellten Programm überraschen?
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