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Italienische Stagione in der Volksoper

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Südliches Temperament, Theaterblut und schöne Stimmen von fesselndem Timbre, ein frischer Wind also in den sonst wesentlich ruhigeren Kulissen, begeistertes Mitgehen des Publikums und daher ein voller Erfolg: das war die eine Seite der drei italienischen Abende in der Volksoper; die andere, die sogleich das Problem Stagione oder stehendes Theater zur Diskussion ruft, repräsentiert sie! nicht so ganz positiv. Ein um einen Star herum engagiertes Ensemble wird von diesem bedingungslos an die Wand gespielt. Und die Frage, was besser isr. eine einzige besonders schöne Stimme oder ein Ensemble von lauter guten, dürfte keineswegs mehrheitlich im Sinne der ersteren entschieden werden, zumal dann noch die Spielplangestaltung einer ent-wickiungsmäßigen Planung widerstrebt, da Stars das singen, was sie können, was zumeist nicht sehr viel ist, und eine Rolle begreiflicherweise nur nach ihren stimmlichen Chancen anstatt nach ihrer musikalischen Bedeutung einschätzen. Wir hörten „C a r-m e n“, „La Traviata“ und „R i g Q1 e 11 o“ — und fragen uns eigentlich, ob nach diesen Standardwerken der Opernbühne nicht auch noch Opern von Respighi, Alfano, Dallapiccola — oder zumindest Puccini — für eine Wiener Gastspielreise gepaßt hätten?

Den Don Jose in „Carmen“ sang Mario d e I Monaco mit großer, biegsamer, triumphaler. Tenorstimme, wie sie hierzulande sehr selten sind. Er trägt seine hohen Töne über die ganze Bühne und den Zuhörern stockt der Atem, nicht ihm. Sein dra-'ma'tTsches Spiel'“entfaltete sich al)erdings',.erstim &tz-,ten Akt, wo er, .kaum mehr .erwartet, leidenschaftliche: Unter-tönung, gequälten. Menschentums zu; erschütterndem Ausdruck zu bringen verstand. Du: Carmen der Mafalda Masini, temperamentvoll uijcl ausgezeichnet im Spiel, kam ihrem Jose stimmlich nicht ganz gleich, wußte jedoch durch ihre stilistische Einheitlichkeit und Geschlossenheit, von Stimme und Spiel tiefgehende Wirkung zu erzielen. Dte anderen Mitwirkenden sind guter Durchschnitt, gut aufeinander eingespielt, bleiben jedoch durchaus auf einer tieferen Ebene. Der Dirigent, Maestro Argeo Quadri, versteht allerdings das Orchester in Atem zu halten und zu exakter, überdurchschnittlicher Leistung zu heben.

Als Traviata' lernten wir in Virginia Eeni eine Sängerin von wirklich bedeutendem Format- kennen, die nicht nur sehr kultiviert und schön zu singen versteht, sondern mit hoher Intelligenz ihfeJ'R-olle auffaßt und menschlich bedeutsam durchführt, Wir haben vielleicht noh selten einer Traviata ihre -Rolle so geglaubt, Jede, Phrase, Jede .Bewegung, “ja:'Jede Geste ist irgendwie auf das Ganze abgestimmt;'; auf die seltsame Tragödie der Kameliendame, die- äicfi in den vier Akten mit dramatischer Unbeirrthei't j-abspielt. A u g u s t o Vi c.e n t i n i als Alfredo und .Gifvan n i F a b b r:' ai? Giorgio erreichten; iäwar .keineswegs die- Leistung; der Zeaiii;. kamen“ aber im Verein mit“ ihr einem ausgewogenen Ensemble'“ viel näher als dies in „Carmen“ der Fall war.

Im ,, R i g o 1 e 11 o“ galt es,, vor allem zw.ei Künstler zu bewundern: einen reifen Charakterdarsteller von Format und von, ungewöhnlicher Spiel-, und Bürmensicherheit: Carlo ..T,a gl'i a.b iie, und, eine Sängerin mit einem Sopran von seltenem Wohllaut, bester Schulung und virtuoser Führung: die neuentdeckte Renata O n g a r o. So waren Rigoletto und dessen Tochter Gilda nicht nur nach Piaves Text durch eine Generation voneinander geschieden. Die übrigen Sänger-Schauspieler waren bei dieser Aufführung ebenfalls von Rang (Ferrari, Belloni, Barbesi, Bertasi, Novelli. Cavalari); Maestro Giuseppe Mo-r e 11 i leitete das Volksopeinorchester und das Büh-nenense.mble exakt, und ohne das typisch JLtaBeni-sche“ zu forcieren. “Das: klangvolle ' Idiom der Solisten kontrastierte spürbar - und peinlich mit dem weniger musikalischen Deutsch des Chores. Auf weitere Sicht empfehlen, wir, italienische Opern unbe dingt in der Originalsprache zu spielen.

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