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Entzauberte Boheme

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„La Boheme“, 1896 in Turin uraufgeführt, wurde Puccinis erster Welterfolg, der sich bezeichnenderweise von Paris ausbreitete. Die Franzosen haben also dieses Werk als legitim pariserisch anerkannt — aber ob sie auch an der Wiener Inszenierung Freude hätten? Die Staatsoper kündigte auf den Plakaten eine „Neuinszenierung“, im Programmheft eine „Neueinstudierung“ an. Aber diese Aufführung, die wir während der vergangenen Woche sahen, war weder das eine noch das andere, sondern lediglich eine Umbesetzung mehrerer Rollen unter einem neuen Regisseur (Wolf Dieter Ludwig), der außer einigen etwas forcierten Spaßen der konventionellen Gielen-Regie von früher kaum etwas beizufügen hatte. Von Stefan Hlawa haben* wir schon viel poetischere und stimmungsvollere Bühnenbilder, von Erni Knieper t schon schönere Kostüme gesehen: all das blieb uns von früher erhalten. Neu war der Dirigent. Hierüber schrieb 1937 der Münchner Kritiker Alexander Berrsche: „Die Boheme ist recht dazu angetan, die rein künstlerische Kultur eines \

Dirigenten, sozusagen dessen musikalische Umgangsformen, sehen zu lassen.“ Die von Nello S a n t i sind einfach und handfest. Von der Feinheit und dem Irisierenden des Puccinischen Orchesterklanges war wenig zu spüren. Daß die Entzauberung keine vollständige war, ist vor allem den Sängern zu danken. Hilde G ü d e n zunächst, die eine vollkommene Mimi darstellte und ihre Partie glockenrein und mit edlem Ausdruck sang. Giuseppe Z a m-p i e r i hat sich als Dichter Rudolf „freigespielt“ und konnte seinen wohlklingenden, jugendlich-intakten lyrischen Tenor glänzen lassen. Die übrigen Männerrollen waren mit Walter Berry, Eberhard Wächter und Laszlo Szemere bestens, mit Hans Braun weniger gut besetzt. Graziella S c i u 11 i gefiel als Musette vor allem optisch, auch im dezenten Spiel, während ihre Stimme an diesem Abend nicht gerade bezaubernd klang. Das Orchester spielte sauber, klangschön und manchmal etwas zu laut: so, wie der Dirigent es verlangte.

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