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Eröffnung mit der „Schweigsamen Frau“

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Nun also ist der bewährte und traditionelle Dreiklang „Salzburg-München-Bayreuth“ wiederhergestellt, und es läßt sich jetzt bereits sagen, daß es in diesem Jahr strahlender Durdreiklang ist. — München hat an den Beginn seiner Opemfest-spiele 1962 eine Neuinszenierung der „Schweigsamen Frau“ gestellt. Die Bayrische Staatsoper, jetzt noch im Prinzregententheater — einst für Richard Wagners Operndramen erbaut — beheimatet, wird ab November 1963 im neuerstandenen Nationaltheater wieder ein würdiges Haus für. das „kulinarische“ Operntheater bekommen. Wenn man bedenkt, daß darüber hinaus für Mozart die einmalige Rokokopracht des Cuvilltes-Theaters zur Verfügung steht und das Bayrische Staatstheater am Gärtnerplatz auf dem besten Wege ist, d i e deutsche Opera-Comique zu werden, bekommt man einen Begriff von der beneidenswerten Situation des Münchner Musiktheaters, einer Kunstform übrigens, die schon zu Pfitzners Zeiten totgesagt wurde und dabei einen Aufschwung erfuhr, wie sich ihn kein Weber und kein Wagner jemals erträumt hatten.

„Die schweigsame Frau“ zählt zur letzten Schaffensperiode des Meisters und zeigt Richard S t r a u s s auf der Höhe seiner Kunst, der Opera buffa neue Lichter aufzustecken. Im Mittelpunkt des 1935 in Dresden uraufgeführten Werkes steht der lärmempfindliche Sir Morosus und dessen Scheinehe mit der zunächst schweigsamen, dann aber um so schimpfwütigeren Aminta. Stefan Zweig hat den altenglischen Komödienstoff librettistisch bearbeitet und leider nicht sehr überzeugend aus der Zeit Shakespeares ins Rokoko übertragen. 3SrJrau&' hat- itt diese' Opeendit rhrspiration des „Rosenkavalier^täää fthgr/^AJabellasn nicht- mehr 'aufbringen können, doch tut die Münchner Oper gut daran, auch die weniger populären Werke des großen Münchners neu in Szene zu setzen (allerdings gehört diese musikalische Komödie in das ihr zustehende Rokokogehäuse des Cuvillies-Theaters). Von dem exzellenten Strauß-Team „Joseph Keilberth, Rudolf Hartmann, Helmut Jürgens“ ist in der „Schweigsamen Frau“ nur der Bühnenbildner Jürgens übrig geblieben, der reizende, ganz und gar verspielte und bezaubernde Dekors schuf. Hartmann und Keilberth sind mit der Vorbereitung der Münchner Erstaufführung von Martins „Zaubertrank“ beschäftigt, und so haben sich Hans H a r 11 e b und Heinz Wallberg um die Realisierung der ersten Premiere der Münchner Opernfestspiele bemüht. Hartleb ist Oberspielleiter der Bayrischen Staatsoper, und es ist durchaus zu begrüßen, auch ihn einmal als Strauß-Interpreten zu erleben, aber warum man deshalb Heinz Wallberg zum musikalischen Leiter dieser Aufführung wählte, ist unverständlich. Man weiß, daß er kaum die Möglichkeit haben wird, das Werk auch innerhalb des Repertoires 1962/63 von Wiesbaden oder Wien aus entsprechend zu betreuen.

Die Aufführung selbst wurde zu einem Triumph der Münchner Strauß-Pflege. Hartleb ging vielleicht nicht mit so viel Noblesse an das Werk heran, wie es Intendant Hartmänn bei Strauß zu tun pflegt, dafür überraschte er mit komödiantischer Bravour, bezog sinnvoll das Licht mit in die Szene ein, schuf wunderschöne Gruppierungen und zeigte auf sehr feine Art, wie schwer es Aminta fällt, das böse Spiel mit dem anscheinend so glücklichen, eben erst anvermählten Sir Morosus zu treiben. Der Morosus wird yon Kurt Böhme dargestellt, der ihn nicht überzeichnet, mit dem ganzen Ausdruck seines prachtvollen Ograns ausstattet und ihn zu einer gar nicht so sehr lächerlichen, als vielmehr ungemein sympathischen Figur erhebt. Aminta ist Ingeborg Hallstein, sie so hinreißend singt wie sie aussieht und auf den einsamen Pfaden einer Lisa della Casa zu wandeln beginnt (königlich, schön, glasklar, ein wenig kühl, aber sehr glanzvoll). Ihr Gemahl, „Henry Morosus“, ist Fritz Wunderlich, endlich ein deutscher Tenor mit italienischem Belcanto. Irmgard Barth in der Rolle der Haushälterin zeigt eine brillante Skala der Charakterisierungskunst. Heinz Wallberg war der Partitur, die vielleicht nicht sehr publikumswirksam, jedoch überströmend an melodischen und instrumentatorischen Einfällen ist, ein exemplarischer Deuter. Der Kontakt mit der Bühne war makellos, und das hervorragend disponierte Bayrische Staatsorchester brachte die äußerst schwer spielbaren Effekte mit müheloser Selbstverständlichkeit. Auen die —repFäsefttafjve $m<$*mäm. Rundfunk, 48fwajioßfde Kritik und märchenhafte Garderoben) fehlte nicht bei diesem Festspielauftakt, und alles, was Rang und Namen hat, war gekommen, um einem wahren Strauß-Festival beizuwohnen.

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