6700404-1963_26_11.jpg
Digital In Arbeit

„Postillon“ und „Turandot“

Werbung
Werbung
Werbung

Knapp vor den Ferien brachte die Volksoper im Redoutensaal noch schnell eine Premiere: Adolphe Adams komische Oper „Der P o s t i 1-lon von Lonjumeau“, deren eigentliche Premiere allerdings schon 1836 in Paris stattfand. Die Neubearbeitung des Textbuches von de Leuven und Brunswick unternahm Karlheinz Gutheim, und man kann ihr nachrühmen, daß sie die alte Oper nicht auf die neue Zeit münzte und allzu „aktuelle“ Witze vermied. Allerdings mußte das Werk, früher mit anderen Kurzopern gekoppelt, abendfüllend gemacht werden, was vor allem durch Einbeziehung von Musiknummern aus anderen Opern Adams geschah. Die Musik, auf die es vor allem ankommt (denn das Textbuch folgt der Schablone der Libretti aller komischen Opern von damals) fließt angenehm und anregend dahin, ohne große Emotionen, aber auch ohne Plattheiten. Mit der J^erhaltüi$sEit3pc fjpn heute vergliches, steht sie auf erstaunlich hohem Nctfmoi1 ist enorm:' gs/Icons*s Hand-1 werk, das sogar eine kleine Fuge im ersten Finale verarbeitet, ist einfallsreich im Melodischen und graziös im Instrumentalen. Franz Bauer-Theussl als musikalischer Leiter betreute sie behutsam, mit mehr Takt als Gefühl, was ihr ganz gut bekam. Die Bühnenbilder von Fritz J u d t-m a n n nutzten die Gegebenheiten im Redoutensaal geschickt aus; die hübschen Kostüme schuf Alice-Maria Schlesinger; die Inszenierung hatte Otto Fritz. Sie war leider nicht ohne einige Steifheiten, besonders in der Haltung der Chöre.

Es ist die Geschichte vom Postillon Chapelou, dessen schöne Tenorstimme zwischen Trauung und Hochzeitsnacht vom Intendanten der Pariser Oper entdeckt wird, dessen lockendem Angebot der junge, noch nicht praktizierte Ehemann nicht widersteht und mit dem Intendanten verschwindet, Post und Gattin zurücklassend. Zehn Jahre später trifft er als Startenor seine Madeleine, die inzwischen durch Erbschaft eine Madame de Latour geworden ist, auf deren Schloß wieder und verliebt sich neuerdings in sie, die er nicht erkennt. Die Hochzeit wird beschlossen, aber auf Bigamie steht Gehenktwerden. Da gibt sich Madame de Latour als seine angetraute Frau Madeleine zu erkennen, und alles geht ins selbstverständliche Happy-End. Murray D i c k i e als Postillon, Karl D ö n c h als Schmied und Bassist, Laszlo S z e m e r e als Intendant und Eva Maria Rogner als Madeleine waren ein sehr brav zusammenwirkendes Quartett. Für jeden hatte die Musik ihren „Schlager“ (für Dickie sogar das hohe D), der denn auch die Szene fast durchgehend beherrscht und seine Rolle zum großen Erfolg singt, im Spiel allerdings nicht sehr variant ist, Eva Maria Rogner allerdings noch weniger. Darstellerisch sind Karl Dönch und Laszlo Sze-

mere am lebendigsten. Das Orchester spielte beschwingt und dynamisch gut abgetönt, auch mit jener Leichtigkeit, die gleichsam aus dem Handgelenk kommt — wie die Musik selbst. F. K.

Eine Aufführung von Puccinis „Turan-dot“ (bei aufgehobenem Abonnement und zu besonderen Preisen) wurde von Francesco Molinari-Pradelli geleitet. Der für Wien neue Prinz Kalaf war Bruno P r e v e d i, ein junger, gutaussehender, spielbegabter italienischer Tenor mit beachtlicher Stimme von schönem, metallischem Timbre, der sich auch in der Applausregie als recht geschickt erwies. — Birgit N i 1 s s o n sang die Titelpartie, die eine der größten und wirkungsvollsten Arien der gesamten Opernliteratur enthält, glanzvoll und intensiv. Auch ihr Spiel ließ keinen Wunsch offen. Leontine P r i c e, gleichfalls im Vollbesitz einer schönen und ausdrucksvollen Stimme, spfefte''*- und nrag&gah es nicht ungern — die, bescheidene, kleine Liu bei, passender. Gelegenheit ein wenig in den Vorder-

grund. In den übrigen Rollen: Peter Klein — Kaiser von China, Nicola Zaccaria — Timur, Hans Braun — Mandarin, Pascalis, Lorenzi und Dickie — als die drei Minister. Was die Stimmen betrifft also eine großartige Besetzung. Weniger großartig war, was man vom Orchester zu hören bekam, was sicher nicht am Dirigenten lag. Und von der Regie wollen wir bei diesem Anlaß lieber nicht sprechen. Was da alles an Sinnlosem, Nur-Dekorativem geschieht, geht kaum mehr für eine Operette. Dabei ließe sich mit dieser prunkvollen Ausstattung wirklich etwas machen. Vielleicht versucht man es einmal?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung