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Sommeroper in Schönbrunn

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Im ebenso winzigen wie entzückenden Theater im Schloß Schönbrunn spielt, wie jeden Sommer, die Wiener Kammeroper. Sie ist nun zehn Jahre alt — erstaunlich jung, denn man kann sich einen Sommer ohne sie kaum mehr denken — und doch von einer Frische, als hätte sie eben erst begonnen. Hans Gabor, der musikalische Leiter und Schatzgräber, hat diesmal einen besonders glücklichen Griff in die Mottenkiste getan. Geputzt und geschliffen, erwiesen sich die beiden ausgegrabenen Dinger als funkelnde Edelsteine. Joseph Haydns „List und Liebe“ (La vera cos'tariza), 177c uraufgeführt, hat das typische Libretto'der' älteren Opera' buffa — es ist von Francesco Puttini und Pietro Travaglia, deutsch bearbeitet von Gerhard Schwalbe und Walter Zimmer, in einer besonderen Bearbeitung für die Kammeroper. Aus der ganzen Fülle von Namen kommt indes nichts heraus, das ohne Haydns Musik brauchbar wäre. Aber eben: die Musik Haydns, an sich nicht sehr dramatisch, hat hier wesentlich mehr Bühnen-brio als sonst. Die Ensembles erinnern an Mozart und die Arien und Duette heben durch den musikalischen Adel den Text auf die Ebene der Genießbarkeit. Die durchweg jungen, allerdings nicht mehr ganz unbekannten Darsteller bilden ein Ensemble, dessen Zusammenwirken man in den großen Theatern heute kaum mehr findet. Eva Maria Baum, Lore W e i j m a, Helene Fuchs, Ernst Scheureckcr, Werner S c h i b e 1, Heinz Leyer, Horst H ü s k e s taten ihr Bestes, Regie (Vendel S z o r g e n d), Bild (Helmut Schraei-s e r) und Kostüme (Lucia L i s t o p a d) nicht weniger. Hans Gabor als Dirig'““t und das ambitioniert musizierende Rur funkorchester gaben immerhin die entscheidende Note.

Ungleich stärker freilich ist der musikalische Bühneninstinkt Gioacchino Rossinis, dessen komische Oper „S i g n o r Bruschino“ in ihrer Turbulenz zündet und durch die ausgezeichnete Darstellung das höchst animierte internationale Publikum zu lachenden Beifallsstürmen hinriß. Ein honetter Jüngling gibt sich für den mißratenen Sohn Signor Bruschinos aus, um das diesem zugedachte Mädchen zu gewinnen. Vater Bruschino entlarvt den Schwindel findet aber keinen Glauben. Als der junge Bruschino endlich auftaucht, hat der andere das Madchen bereits gewonnen. Das Textbuch (von Giuseppe Foppa, übersetzt und eingerichtet von Ludwig Landshoff und Karl Wolfs-kehl) hat bei allen UnWahrscheinlichkeiten ein paar menschliche Züge, die unmittelbar wirken. In der Rolle des Signor Bruschino (Vater) hat Hans Krischen ein Meisterstück geleistet, das in Humor und leiser Karikatur das Unmögliche glaubhaft macht. Aber auch alle andern boten in Spiel und Stimme eine Gipfelleistung der Kammeroper: Mechthild Gessendorf, Ina F r i t s c h. Donald Miller, Werner H o 11 w e g, Anton Ö11 e r, Rudolf Lameraner und in einer leider nur winzigen Rolle Kurt Strauß. Tempo und Spritzigkeit des Spiels wußte Hans Gabor ebenso im Orcheste' zu entzünden und zu einer funkelnden Stretta zu steigern.

Die Kammeroper ist in ihren ersten zehn Jahren einen steilen Weg gegangen. Sie hat sich durchgesetzt. Wir gratulieren und wünschen eine arbeits- und erfolgreiche Zukunft! Franz Krieg

Carl M i 11 ö c k e r s liebenswürdige Operette „G a s p a r o n e“ löste mit ihrem sizilianischen Schauplatz den Pußtazauber der letzten Mörbischer Seespiele ab. Die etwas dünne Geschichte vom reichen Grafen, der sich als edler Räuber ausgibt, um der geliebten Witwe wieder zu ihrem Vermögen zu verhelfen, gewann leider auch durch die Bearbeitung Dr. Otto Ambios' nicht viel an Handlung. Die Regie, die Dia L u c a und Gerhard H o f e r von dem schwer erkrankten Dr. Ambros übernommen hatten, ließ ein wirbelndes Phantasie-Sizilien auf dem geschmackvollen Bühnenbild Karl Eugen S p u r n y s entstehen, zu dem die Kostüme Gisela Bosserts nicht wenig beitrugen.

Elisabeth Löw-Szöky ist bereits die echte Diva der Mörbischer Seespiele geworden. Erwin V. Gross, dessen Stimme manchmal wie vom Wind Verblasen wirkte, war ein eleganter Gasparone. Hilde Brauner und Walter Hoffmann, als Schmugglerwirt, von dem die ganze Fabelgeschichte ausgeht, und seine reizende Frau Sora, waren als Buffopaar tänzerisch und stimmlich bewundernswert. Georg Nowak war ein im Spiel und Gesang imponierender Podesta. Daß Wilfried Steiner in Trauerkleidung Lachstürme hervorrief, spricht wohl für seine Schauspielkunst. Else Rambausek dagegen versuchte es als Zenobia mehr mit der Holzhammertechnik, heimste immerhin auch großen Beifall ein .. .

Das Ballett der Seespiele mit den Solotänzern Ursula L a s s e r t und Walter K o 1 m a n, zeigte, nach Dia Lucas Choreographie, feurige sizilianische Tarantellas und anmutige Wiener Walzer. Daß der Chor manchmal animierter als das Ballett wirkte, liegt vielleicht an Gottfried Preinfalks ausgezeichneter Einstudierung. Rudolf B i b 1, einer der vorzüglichsten Dirigenten leichter Musik, leitete umsichtig das Orchester der Seespiele. Professor Herbert A1 s e n kann wohl zufrieden sein, Mörbisch wird auch heuer wieder die Operettenbesucher in hellen Scharen anlocken.

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