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Religiöse Kunst seit 1938

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Zum ersten Male seit dem Jahre 1937 wird in zwei Räumen des erzbischöflichen Palais eine Sonderschau religiöser Kunst geboten, die eine erstaunliche Fülle von Kunstwerken bringt und damit einen interessanten Querschnitt durch das religiöse Kunstschaffen der Gegenwart gibt. Veranstalter dieser bis zum Heiligendreikönigs-tage geöffneten Ausstellung ist das Erzbischöfliche Dom- und Diöze-sanmnsenm unter der Leitung des Universitätsprofessors Dr. Anselm Weißenhof e r, der schon vor dem Jahre 1938 Betreuer und Förderer religiöser Kunst-erneuerung gewesen ist. Der beschränkte Raum, der für diese Sonderschau zur Verfügung steht, ist ihrer Qualität nur nützlich und bedingte die Notwendigkeit, eine strengere Auslese vorzunehmen.. Veranlaßt wurde sie hauptsächlich durch die, Tatsache, daft die Wiener Künstler auch in der Zeit von 1938 bis 1945 eine Anzahl von religiösen Kunstwerken geschaffen haben, deren Schaustellung aus politischen Gründen verhindert oder als unerwünscht bezeichnet wurde. Das Dom- und Diözesanmuseum, das keinerlei Subvention aus öffentlichen Mitteln genießt, wollte mit dieser Veranstaltung der Künstlerschaft wenigstens eine Art ideeller Wiedergutmachung geber. So finden wir eine stattliche Zahl alter Vorkämpfer religiösen Kunstschaffens unter den Ausstellern, erfreulicherweise aber auch so manche neue Begabung, die sich gleichwertig unter die schon bekannten und erprobten Künstler einreiht.

Neben Dr. Weißenhofer hat sich besonders der Maler Lois Pregartbauer um das Zustandekommen dieser Sonderschau verdient gemacht. Sein visionärer „Apostelkopf“, geradezu durchglüht von ekstatischer Glaubenskraft, die „Mater dolorosa“, in deren gramzerquältem litz die Augen das Weinen verlernt zu haben scheinen, sowie die ergreifenden „Madonnen mit Kind'' in nobler Pastelltechnik gehören zu den stärksten Eindrücken dieser Ausstellung. P i p p a 1 s „Madonna mit der roten Blume“ in der starken Leuchtkraft pastoser Farben ist eine bemerkenswerte Leistung, ebenso sein „Christuskopf“, während die „Mater dolorosa“ zu stark im Irdischen verhaftet bleibt. Ganz ausgezeichnet ist die Schwarzweißstudie zu seiner Madonna. Oskar L a s k e s „Flucht nach Ägypten“ sowie eine „Kreuztragung“ bestechen nicht nur durch die bewegte Schilderung der figurenreichen Szenen, sondern auch durch die Wahrheit und Innigkeit der künstlerischen Gestaltung. Das Triptychon Max Freys „Ein Weihnachtslied“ mit der „Flucht“ als Mittelstück hat malerische Qualität. Arbeiten Dobrowskys, unter ihnen besonders „Kreuz unter Blumen“ in seiner Farbenharmonie, von Harold Rcitterer („Hubertus“), von Karl May, S t e m-b e r.je r und E 1 s n e r verdienen Hervorhebung, obwohl einige von ihnen Experimente darstellen, bei denen das religiöse Empfinden nicht mit der malerischen Kühnheit Schritt hält. Eine interessante Erscheinung ist der junge Otto Beckmann, der neben guten Emaillen besonders feine Drucke auf Seide bringt. Hans Fischers stilvolle Glasfensterentwürfe und Freskenskizzen lassen die Bekanntschaft mit diesem oftbewährten religiösen Künstler erneuern. Auch Rudolf Holzinger und Leopold S c h m; d zeigen in Glasfenster-, Gobelin- und Freskenentwürfen ihre bekannte technische und künstlerische Meisterschaft.

Reich und hochwertig ist die graphische Kunst vertreten. Otto H u r m s prachtvolle Kanontafeln sind Meisterwerke erlesener Schriftkunst. Walter Eckerts Zeichnung „Christus und Magdalena“ verrät fast Rembrandtsche Kraft, von hinreißender Dramatik ist Rudolf P e i s a r s „Kreuzigung Christi“ erfüllt, recht fein empfunden auch der farbige Holzschnitt „Alleluja-Engel“ von Franz Freiherr von B 1 i 11 e r s d o r L Florian J a k o w i t s c h, Bartholomäus Stefferl, dieser vor allem mit dem ausgezeichneten „Osterblatt“, und Luise K r i z e k' verdienen als Maler und Graphiker lobende Erwähnung.

Technisch vorzüglich und künstlerisch interessant sind auch Eva Scherers Emailbild und zwei noble Cloisonnearbeiten Maria S' e d 1 a c e k s. Robert O b s i e g e r mit einer schönen keramischen Madonnenplastik, Josef Riedl mit einer Anzahl von Werken, unter denen die fast gotisch anmutende „Mater dolorosa“ besonders hervorgehoben werden soll) sowie Amon Endsdorfer („Maria mit Kind“) sind die Hauptvertreter religiöser plastischer Kunst.

Architekt E. Pippal-Kottnig hat verschiedene Entwürfe für Wegkreuze, Kapellen und FriedhofspUstiken beigesteuert, die durch ihre Einfachheit wirken. Die Ausstellung wird durch einige kirchliche Geräte in werkgetreuer Gestaltung, durch Krippen und Krippenfiguren auch auf kunstgewerblichem Gebiete ergänzt.

Wenn es sich auch bei dieser Sonderschau vorerst um eine, wenn auch geglückte, Improvisation handelt, so läßt das Gebotene doch die Hoffnung erstarken, daß sich die religiöse Kunst Österreichs nach erzwungener Pause wiedei zu jener Höhe erheben wird, die vor 1938 ihren Ruf über die Grenzen unserer Heimat hinausgetragen hat. —

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