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Secession und Künstlerhaus

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Die Herbstausstellungen der zwei großen Künstlervereinigungen, der „Wiener Secession" und der „Gesellschaft bildender Künstler Wiens“, umfassen zusammengenommen weit mehr als 300 Oelbilder, Aquarelle, Graphiken und Plastiken. Insgesamt 130 Maler und Bildhauer stellen aus: es ist der Querschnitt einer Jahresernte, der, über den künstlerischen Ausweis des einzelnen hinaus, als repräsentative und summarische Zusammenfassung der „offiziellen“ Malerproduktion einer ganzen Stadt betrachtet werden will.

Im Blickpunkt dieses, den großen Rahmen der Pauschalbewertung herausfordernden Gesamteindrucks liegt die Ausstellung „Secession 5 9“ im schöpferisch ernst zu nehmenden Sektor der echten, der künstlerisch-legitimen Auseinandersetzung mit dem Bild. Im „K ü n s 11 e r h a u s" dagegen ist zum Großteil die „pure Malerei“ zu sehen: das Genrebild, das dekorative Stilleben, die romantische Landschaft, wie man sie in so mancher Rahmenhandlung zu kaufen kriegt.

Am deutlichsten zeigt sich der objektive Qualitätsunterschied bei den Konservativen: In der Secession sind der Naturalismus Josef D o b r o w- s k y s etwa — oder um ein unbedeutenderes Beispiel zu nehmen: Ernst Hubers — und der Impressionismus Sergius P a u s e r s und Hans Robert P i p p a 1 s unbeschadet ihrer Retrospektivität immerhin Ausdruck einer glänzend vorgetragenen, gekonnten, persönlichen, zeitlos-legitimen Konservativität — im Künstlerhaus ist das „Konventionelle“ mit geringen Ausnahmen (Heribert P o t u z n i k, Maria Josefa, Marianne Fieglhuber-Gutscher, Heinrich Heuer, Fritz 11 z i n g e r und Viktor P i p a 1) bloß zweit- und drittklassige Nachempfindung ästhetischer Verniedlichung. Der freundlich dreinblickende Kitsch Günther Baszeis, Othmar Ruzickas, Albert Janeschs, Karl Maria Mays oder Erich Miller-Hauenfels’ variiert mit dem, was gerade noch um einige Stufen höher liegt: mit den gefälligen Bildern Johannes Riedingers etwa, Hans Wulzs, Friedrich Krauses und Hermann Koseis.

Daß die Vertreter der jüngeren und jüngsten Richtungen (Alfred Karger, Heinz Klima. Gustav Hessing, Rudolf K o 1 b i t s c h, Rudolf Richly, Anton K r e j c a r oder die Abstrakten Gerhard Swoboda, Lieselotte Beschorner, Franz Poetsch und Oskar M a t u 11 a) in der Secession an akzeptablen Beispielen die zahlreichen Wege in die Zukunft aufzeigen — während das malerische Experiment im Künstlerhaus nahezu gänzlich fehlt,

ist die zwangsläufige Folge dieser hier anzutreffenden Sterilität.

Was in den beiden Großausstellungen naturgemäß nicht zur Geltung kommen kann, erlebt man mit seltener Intensität in der Galerie St. Stephan bei Wolfgang H o 11 e g h a : die persönliche Auseinandersetzung mit dem malerischen Ausdruck unserer Generation. Mit diesen duftigen, zarten, fließenden Farbklecksen (von starker suggestiver Wirkung), die wie exotische Blüten anmuten, wie Schmetterlinge, die zur Demonstration ihrer Buntheit zerpflückt worden sind, freundet man sich gerne an. Diese atmosphärischen Fragmente einer eigenwilligen — und was so wichtig und so rar ist: eigenständigen und ihrer künstlerischen Wirkung kundigen — großflächigen Raumdekoration sind ganz einfach schön.

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