6574573-1950_37_06.jpg
Digital In Arbeit

Niederösterreich sieht religiöse Kunst

Werbung
Werbung
Werbung

Im Rahmen der „Niederösterreichischen Landesausstellung“ in St. Pölten fand eine Sonderausstellung „Religiöse Kunst der Gegenwart“ Platz, die, vom dortigen Diözesankunstrat unter der Leitung des Prälaten Dr. Frank veranstaltet, von niederösterreichischen und Wiener Künstlern reich beschickt worden war und wohl als die umfangreichste Exposition zeitgemäßer religiöser Kunst gelten durfte, die in Niederösterreich bis jetzt zu sehen gewesen ist. Der Besuch war dank der günstigen Umstände beachtlich: man schätzte, daß 20.000 Menschen — zumeist solche, die zur Landesausstellung gekommen waren — die Ausstellung besichtigt haben; die Mehrzahl zeigte sich von dem Gesehenen offensichtlich beeindruckt. Der wenn schon nicht materielle, so doch geistige Erfolg war also deutlich; er erbrachte den Beweis dafür, daß es richtig ist, Ausstellungen, die, wie die hier besprochene, doch vor allem die breite Masse und nicht bloß die Kreise der Kunstsachverständigen ansprechen wollen und müssen, an Massentreffpunkte von der Art dieser niederösterreichischen Messe zu verlegen; der Satz vom Berg, der zum Propheten kommt, schließt ja wohl nicht aus, daß auch einmal der Prophet zum Berg kommen sollte. — Daß diese so ambitionierte wie gelungene Ausstellung aus technischen Gründen um eine Woche früher als vorgesehen geschlossen werden mußte, empfand man als höchst bedauerlich.

Sie bot — wenn auch die Namen einiger jüngerer Wiener fehlten, die wohl in den Katalog gepaßt hätten — einen willkommenen überblick über sämtliche Gebiete des künstlerischen Schaffens für sakrale oder im weiteren Sinne kirchliche Zwecke. Der Wiener Dombaumeister Hol ey — um die Architekten zuerst zu nennen — zeigte Projekte für Kirchenbauten, unter denen jenes für Neubau in, Niederösterreich durch seine eigenwillige und großzügige Chorlösung besonders hervorstach, Karl Raimund Lorenz seine sehr ernsten und vornehmen Umbaupläne für die Neulerchenfelder Kirche in Wien, Georg L i p p e r t Photos von seiner bekannten Waldkapelle in Dornbach und jener St.-Hubertus-Kirche vor dem Lainzer Tiergarten, die dort in einem geradezu chaotischen Baugewirr von Siedlungsund Schrebergartenhäusern architektonische Ordnung schafft. (Der österreichische Kirchenbau seit der Jahrhundertwende bedürfte übrigen einer neuen und eingehenden Würdigung. Er verdiente es.)

Die Plastiker waren zahlreich vertreten, vor allem zu nennen Wilhelm Frasz mit einer hl. Anna Selbdritt aus Zirbelholz, Franz Bar-w i g d. J., dessen Kleinplastiken aus Holz von Mal zu Mal ausgeprägteren Stil verraten, Alfred Creparz mit einem schönen Kanzelmodell — die ausgeführte Kanzel steht In Wien-Stadlau — und Josef Riedl mit seiner „Weintraubenmadonna“ j die kupferbeschlagene Kapellentür von Susanne P e s c h k e-Schmutzer bildete ein Glanzstück dieser Ausstellung: angesichts der großzügigen Kompositionslösung übersah man gerne, daß In den Einzelheiten noch ein kleiner kunstgewerblicher Zug steckte, der in Zukunft abzuscheiden sein wird.

Etwas zurückhaltender war die Malerei; zu erwähnen sind die Arbeiten Max Freys

(insbesondere die eines Freskenauftrags werte

„Wiener Madonna“), Oskar Gawells, Karl M. M a y s („Golgatha“) und der Freskenentwurf Karl Behatscheks. Ferdinand Kitt und Emil Meier sind nicht zu vergessen. Ein Bild, das „Dem Licht entgegen hieß, mochte als Gegenbeispiel gelten. — Die Graphiker überzeugten von ihrem Können und der Ehrlichkeit ihrer Absichten: die einfach-schöne Radierung von Christian Martin, die Holzschnitte Gertraud Rheinbergers und die Federzeichnungen firnst Schroms standen ebenbürtig nebeneinander.

Ohne jegliche Einschränkung: was an kirchlichen Geräten ausgestellt war, verdiente — wie bei einer ähnlichen Salzburger Schau, über die wir kürzlich berichten konnten — höchste Anerkennung; die Kelche von Hans Prut-scher — leider nur im Lichtbild sichtbar, ebenso wie die Gefäße H o 1 e y s —, die Ver-sehpatene von Karl P e s c h t a und die Altargeräte von Leopold Radax sind makellos.

In enger Nachbarschaft zeigten der Wachauer, St. - Pöltner und W a 1 d-viertler Künstlerbund in kleinen Ausstellungen einen Querschnitt durch ihr vorzugsweise der niederösterreichischen Landschaft zugewendetes Schaffen. Sepp Jahn fiel durch seine Farbigkeit, Franz Traun-f e 11 n e r mit einer sehr hübschen Radierung, Hilde Tobner mit einer prächtigen Vase mit goldenem Fischdekor auf. In einem eigenwilligen „Knabenbildnis erzielte Erich A m o n beachtliche Wirkung. Ferdinand Andris Stil stammt vom Wiener Sezessioismus ab; seine Groteskköpfe aus teilweise vergoldetem Holz sind unnachahmlich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung