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Tiroler Künstler in Wien

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Unter den österreichischen Bundesländern besitzt — die Steiermark vielleicht ausgenommen _ Tirol die stärkste und leistungsfähigste Gruppe jener Künstler, die an der neueren österreichischen Malerei ernsthaft und verdienstvoll beteiligt sind: man kann nicht mehr summarisch von der Kunst unseres Landes sprechen, ohne beispielsweise die Tiroler Graphiker zu nennen; ein Tiroler Maler hat im vergangenen Jahr einen Staatspreis bekommen, ein Tiroler Bildhauer lehrt an der Wiener Akademie, eine Anzahl der auf der letzten venezianischen Biennale ausgestellten österreichischen Kunstwerke stammt von Tirolern. Kurz und gut — die junge Kunst Tirols hat in kurzer Zeit einen bedeutenden Rang erreicht. Sie hätte ihn, wir wol-len's nicht verschweigen, vielleicht trotz ihrer Begabungen und ihrer Leistungen nicht erreicht, wenn nicht die kommunalen und die Landesbehörden Tirols ihren Künstlern mehr Verständnis entgegenbrächten und wesentlich mehr moralische und wohl auch materielle Hilfe leisteten, als das bei uns Im allgemeinen üblich zu sein pflegt. Mag Tirol auch noch so traditionsverbunden sein — in Kunstdingen scheint man dort jedenfalls unvoreingenommen und sachlich zu denken. Der Erfolg bleibt nicht aus; man kann ihn unter anderem in der Galerie Würthle studieren, die jetzt eine Gemeinschaftsausstellung von etwa fünfzehn dieser zeitgenössischen Tiroler Maler und Zeichner dem Wiener Publikum vorstellt.

Diese Exposition verdient denn auch alle Achtung: sie ist lebendig, bewegt und abwechslungsreich. Wie in jeder Gemeinschaftsausstellung gibt es auch in ihr den einen oder anderen schwächeren Punkt, aber keinen — und daran könnten sich sogar die Wiener ein Beispiel nehmen — an dem so etwas wie .provinzielle Zurückhaltung“ spürbar würde. Ohne ihr eine Charakteretikett aufzwingen zu wollen, darf man sagen, daß sie sich im ganzen durch ungewöhnlichen Emst und künstlerische Sauberkeit von anderen Expositionen abhebt.

Nicht der Nestor dieser Exposition — denn das ist Werner Scholl, der in ihr mit einigen seiner düsteren und ein wenig alb-traumhaften Pastellen vertreten ist —, wohl aber der seit einiget Zeit bekannteste ist Max Weiler, dem übrigens in diesen Tagen dal Tiroler Landesmuseun? Feidiriandeum in Innsbruck seine Säle für ein vielbeachtete Kollektivausstellung einräumte — eine schöne Ehrung für den staatlichen Anerkennungspreis, den Weiler im vergangenen Jahr zum Ruhme der Tiroler Kunst in Wien erhalten hat. Von den reinen und starken Farben, die Weiler gebraucht, zeugen in der Galerie Würthle einige prächtige Aquarelle, von seiner graphischen Kunst eine Reihe ausdrucksstarker Zeichnungen, mit denen er dem Naturvorbild gewissermaßen graphische Quintessenzen entzieht: er notiert vor einer Blume nicht die malerische Form, sondern ihr Aufwärtswachsen, an einem Berg nicht das romantische Motiv, sondern ihre natürliche Schichtung', so sind seine Zeichnungen nicht Stenogramme, sondern fast schon — freilich lesbare — Hieroglyphen elementarer Kräfte. Helmuth R e h m schließt sich, gefolgt von seiner Frau Maria, mit großzügigen, klaren und irgendwie sehr sympathischen Zeichnungen an („Capri-Fischer“ und .Italienische Landschaft“). Gerhild D i e s n e r s farbenfrohe und immer auch etwas elegante Aquarelle sieht man mit stets neuem Vergnügen, was man nicht anders auch von den Federanekdoten Paul F1 o r a s sagen kann, unter denen diesmal besonders der vergnüglich-lyrisch .Gar ten“ besticht. In Wien noch kaum bekannt ist Johannes B e h 1 e r, wiewohl seine Holzschnitt — deren ausschließliche Thematik das Tier ist — zu dem Besten gehören, was die junge Graphik bei uns hervorbringt; es wäre an der Zeit, daß er hier einmal eine Kollektivausstellung zeigte. Hermann W a 1 e n t a scheint an Können gewonnen und seinen Themenkreis beträchtlich erweitert zu haben; er experimentiert noch, aber es schaut offensichtlich dabei auch etwas heraus. Von italienischem Formgefühl sind die wie Radierungen anmutenden Federkompositionen Karl Plattners berührt, dessen künstlerische Selbstdisziplin auf ein nächstes Zusammentreffen neugierig macht; Max S p i e 1 m a n n, Fritz B e r g e r — der einen schönen Illustrationszyklus zeigt —, Walter Honeder und Oswald H a 11 e r s .Almwiesen“ seien hervorgehoben. Ungenießbar sind eigentlich nur zwei von drei Abstraktionen Pälffys.

Wir hoffen, daß diese Tiroler Ausstellung nicht die erste und letzte ihrer Art bleiben wird. Es kann den jungen Wiener Malern nichts schaden, wenn sie die ernsthafte Konkurrenz sehen, die ihnen in diesem Bundesland erwäch-t und es wird auch den Tirolern nichts schaden, wenn se sich auch jenseits ihrer Heimatbezirke die Anerkennung holen, die ihnen von Rechts wegen zusteht.

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