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Die Sezession und ihre Lorbeeren

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Der Sezession kann man wirklich nicht nachsagen, daß 6ie 6ich auf den Lorbeeren ausruhe: ihre Ausstellungen folgen rasch, ein wenig zu rasch vielleicht, aufeinander, aber hinter jeder steckt ein Einfall, in jeder tritt etwas Neues — oder ein Neuer — vor die Öffentlichkeit.

Diesmal hat man den Einfall einer „Atelierschau“ gehabt, ihn aber nicht eigentlich verwirklicht, denn es 6ind eine Reihe von Bildern in dieser Exposition zu sehen, die schon früher in durchaus nicht als Werkstattschau gedachten Ausstellungen hingen, wie etwa die Arbeiten Hans Böhlers oder Sergius P a u 6 e r s. Immerhin hat der Einfall doch eine Art Lockerung bewirkt, denn mag das nun wirklich eine „Ateiierschau“ sein oder nicht, sie wirkt, gewisser sezessionsüblicher Niveauschwankungen unerachtet, jedenfalls frisch und sympathisch und ist summa summarum eine richtige frühlingshafte Osterausstellung.

Irgendwie teilt sich diese freundliche Stimmung auch dem einzelnen Bild mit: lange 6dion hat man etwa in einem Sergius- Pause r-Gemälde nicht so viel Schönes gefunden wie in seinen „Traumerinnerungen“, die ein etwas gespenstisches Venedig schildern, durch dessen Canal grande zwei riesige heitere Goldfische schwimmen — und vor der kleinen Frühlingslandschaft Franz Eisners ergeht’s einem nicht anders; selbst die nicht eben frappierenden Vereinfachungen Wilhelm Burgers und die an Chagall erinnernden, wieder etwas wirren Kompositionen Stauda c h e r s rufen Wohlwollen hervor. Aquarelle von Dobrowsky, eines von Ferdi- dand S t r a n s k y, mehrere von Franz Z ü 1 o w und Hermine Aichenegg sind zu erwähnen. Die Glasmosaiken Sergiu6 Er de ly is sind technisch recht interessant, aber ihre formale Kleinlichkeit steht in krassem Gegensatz zu dem hochgeschraubten „Inhalten“. Die Freskoentwürfe Lydia Rop- polts sind un6 da lieber.

Und das Neue, das angeblich in jeder Seze66ionaus6tellung zu 6ehen ist? Nun, die Sezession hat Glück gehabt, als sie die Gruppe um Otto Beckmann aufnahm, und sie tut recht daran, dieser Gruppe von Mal zu Mal mehr Raum zu gewähren. Diesmal gab man ihr den Sdiiele-Saal und, weiß der Himmel, dieser Raum ist wahrscheinlich der schönste und ernstete von allen, der einzige jedenfalls, der im Besucher einen geschlossenen, bestimmten Eindruck hinterläßt. Sparsamkeit der Mittel, Zucht im Formalen, äußerste Zurückhaltung im Farbigen und eine ausgeprägte Großzügigkeit der Thematik — das etwa wären die Ursachen jenes Eindrucks. Im einzelnen gibt es natüijich starke Unterschiede: Otto Beck mann zeigt herrliche und wirklich kostbare Metallgefäß|, deren Reiz zum Teil neuartigen Sinterverfahren zu danken ist; sie 6ind Erzeugnisse einer Versuch tswerstätte in Hallein, deren Leiter Beckmann ist — wozu man ihr denn nur gratulieren kann; unter den graphischen Arbeiten dieses ebenso merkwürdigen wie bemerkenswerten Künstlers sticht eine Radierung „Fin de. siėcle’ hervor, die bei aller Eigenart ein wenig an manche Collagen Max Ernsts denken läßt. Walter Eckert fährt fort, imaginative Bilder kühn und 6tark in knappe Formgerüste zu pressen, Karl Kreutzberger ist nun endlich in eine Art von Stilvakuum geraten: die Manier seiner ehemaligen Vorbilder hat er vergessen, seinen Stil noch nicht gefunden aber da genug Können und genug Gefühl vorhanden ist, braucht man nicht besorgt zu sein. Die Applikationen Grete Y p p e n s wirken auf den ersten Blick gut, bleiben aber, näher besehen, leer, was man von ihren Monotypien nicht behaupten kann. Einige Temperablätter Emil Thomanns stehen in diesem Saal am Rande, fallen auch noch nicht sehr auf, aber wenn man sie genauer studiert, entdeckt man eine Begabung, von der man noch einiges erwarten darf.

Eine 6chöne Ausstellung und viel Neues. Die Sezession hat diesmal Lorbeeren gepflückt ausruh wird sie sich hoffenlich nicht auf ihnen ..,

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