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Flucht in das Idyllische

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Seltsam und vielgestaltig spiegelt sich die Zeit im Schaffen der Künstler. _ Die einen, gepackt von der Unrast der Menschen, von der Verworrenheit alles Geschehens, sagen der Vergangenheit den Kampf an, zertrümmern die Formen, flüchten sich ins Unendliche oder ins Chaos, andere suchen ihre Zuflucht in der stillen Größe der Natur, die dritten ziehen sich in das Zauberreich der Romantik und idyllischen Ruhe zurück, das sie dem Hasten der Welt entrückt.

Liebevolles Versenken in die heimatliche Landschaft, in die verträumte Schönheit alter Gassen und Plätze, in Märchenromantik und Biedermeierstimmung kennzeichnen die Weihnachtsausstellung der „Genossenschaft bildender Künstler“. Zumeist sind die alten Könner der Genossenschaft am Werk, die Meister handwerklichen Könnens, aber auch junge Begabungen haben sich eingestellt, die in die Bereiche moderner Kunstauffassungen vorstoßen, dabei aber niemals abwegigen Versuchen zum Opfer fallen. Allerdings, das Zeitgeschehen wird nur hie und da angedeutet, niemals ist es Motiv des Werkes, die Künstler sind eben selbst noch so stark in die chaotischen Vorgänge der Zeit verstrickt, daß sie noch keine Distanz zu ihnen gewonnen haben und sich wie alle Menschen nach Ruhe und Besinnlichkeit sehnen.

Ganz von Biedermeierstimmung erfüllt sind die Bildkompositionen von E. Amadeus-D i e r, zart in der Farbe, bildgewordene Schilderungen eines Eichendorff oder Adalbert Stifter, während Ernst S c h r o m, der in dem Aquarell „Waldboden im Herbst“ Dürersche Naturbeseelung verrät, Fr. Bell und L. Rothmg der Märchenromantik huldigen, bald in schlichter Naivität, bald ein wenig theatralisch aufgemacht.

Aufmerksamkeit erzwingt sich Rudolf Holzinger, weniger durch die zu dekorativen Blumenstücke als durch seine großzügigen Aquarelle, die bei Weglassung aller Einzelheiten den Zauber der Landschaft prächtig wiedergeben. Auch Harold R e i t e r e r malt seine Aquarelle großzügig und flüssig, sehr wirkungsvolle Wolken- und Bergstimmungen. R. H. Kep'pl versucht in einem großen Triptychon aus dem bäuerlichen Leben heraus das alte Motiv der drei Lebensalter (Abend — Tag — Morgen) neu zu gestalten, ohne restlos befriedigen zu können, obwohl manche Einzelheit und vor allem die Leuchtkraft seiner Farben Qualität haben.

Ein kleines Kabinettstück delikater Malerei stellt die „Weinernte“ von Max P o o s c h dar, während sich Gerstenbrand in Aquarellen und einem Ölbild wieder als liebenswürdiger Schilderer wienerischen Lebens erweist. Das weihnachtliche Thema finden wir in Bildern von Karl Engel (Hl. Nacht), namentlich in der Lichtwirkung gelungen, von S c h r o m, der die Lichtumflossene Gottesmutter vor der Krippe wirkungsvoll gegen die derbbäuerlichen Hirten kontrastiert, von R. P1 e b a n mit seinem „Kripplein im Schnee“ und von K rä m e r, der „Jerusalem“ in leuchtenden Farben gemalt hat. Emil Beischläger hat sich als Landschafter sehr erfreulich entwickelt, seine Bilder sind erlebte Natur. Auch als Stilleben- ifnd Blumenmaler besticht er durch Farbigkeit und Gestaltung.

Sehr groß ist überhaupt die Zahl guter Landschaften. L e g 1 e r s „Alte Donau“, Max Freys malerisch gestaltetes „Dürnstein“, H e 1 m b e r-. g e r s stimmungstiefe Motive aus dem Alpenvorland, Rudolf Hafners von starker Rhythmik und feiner Färbigkeit erfüllten Tiroler Landschaften aus dem Gschnitztial, Leopold Hauers „Ziehende Wolken“ mit dem wundervoll leuchtenden Himmel und Arbeiten von Wodnansky und S i m o n y sollen hier ganz besonders hervorgehoben werden. Wenn noch abschließend der Alt-Wiener Veduten E. M. Wagners, kleiner duftiger Aquarelle des älteren R a n z o n i, des reizenden „Mädchenbildnisses“ P a t z e 11 s, der famos gemalten, aber ein wenig zu hart wirkenden „Aktbilder'“ M e i ß n e r s sowie einzelner Arbeiten von H. Krause, K. Scholz, G. Schutt, J. Köpf, Carlos Riefe 1, S. Theiß, Strohofer, R. Fuchs, Giessel, Eck und Hartmann, ferner der schönen Plastiken, unter denen M o i-rets „Schicksalsergeben“ und Bocks edler Delphinbrunnen hervorgehoben seien, gedacht wird, dürfte das Gesamtbild dieser schönen Weihnachtsschau annähernd gekennzeichnet sein.

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