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Vorwiegend heiter, banal und sentimental

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Nach einer glänzenden halben Spielzeit des literarischen Mittel- und Schwergewichts, nach den „Sechs Personen“, dem „Weiten Land“ und den „Besessenen“, war die Konzession an die sentimentale und banale Konversation im Akademietheater wohl nicht mehr aufzuhalten: es folgte die österreichische Erstaufführung der amerikanischen Komödie „Pleasure of his Company“ von Samuel Taylor und Cornelia Otis S k i n n e r. zu deutsch „Die goldene B r ü c k e“, übersetzt von Erni Friedmann, bearbeitet von Alexander Lernet-Holenia. — Das zunächst animierte, nach der Pause aber bereits ziemlich gelangweilte Publikum trifft die (offenbar sehr reiche) Familie Dougherty aus San Franzisko bei Hochzeitsvorbereitungen an, die drei Akte lang durch das unvermutete Auftauchen des Brautvaters arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Er ist das schwarze Schaf der Familie: Sportsmann, Salonlöwe und die personifizierte Sehnsucht nach der sündig-romantischen Alten Welt. Die Witterung von Venedig und Neapel, Paris und Kenia, Austern und Tigerjagden umweht ihn. Er betört seines Töchterleins Nylonherz, erzählt ihr von Byron und Korinth — und entführt sie nach Europa. Der zu Recht erzürnte Bräutigam zieht den kürzeren. Wir auch. — Die Inszenierung von Rudolf Steinböeck (Bühnenbild: Lois Egg, Kostüme: Herbert Schill) geriet flüssig, lebhaft, bunt und laut — und an manchen Stellen zu breit ausgespielt für so eine aseptische Seifenblase. Paula Wessely, Johanna Matz, Ernst Anders, Heinz Moog und Günther Haenel sind die Stützen dieser Gesellschaft. Über die sonnige Unwiderstehlichkeit und den Charme Viktor de Kowas läßt sich streiten. *

„Papa Hengott“ („Papa mon Dieu“) heißt ein Stück von Louis Sapin im Parkringtheater. Ein Stück über den naiven Kinderglauben einer dörflichen Gemeinde, über den hysterischen Aberglauben der Masse und über die Möglichkeiten des Geschäftes mit beidem. Die nicht unoriginelle, an manchen Stellen aber auch blasphemische (im französischen Original vielleicht dichterischere, unbefangenere, unproblematischere) Handlung beruht auf dem bereits häufig mit mehr oder minder Geschmack abgewandelten Motiv eines scheinbar Gestorbenen, dem im Zuge seiner Wiedererweckung zum Leben eine überirdische Existenz zugeschrieben wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen scheintot gewesenen alten Lumpensammler, der, gerade als er beerdigt werden soll, wieder lebendig wird, so daß seine Nachbarn glauben, der Herr sei in Gestalt des alten Sünders zur Erde herabgestiegen. In der Folge betrachten wir den arglos-zweifelhaften Seelenfang eines religiösen Hochstaplers, der halb gezwungen, halb verführt (und zur Gänze ausgenützt) dem Wahn verfällt, immerhin, wenn man ihn schon für den Herrn hält, einiges Gute tun zu können (und wie da in seinem Namen eine neue Religion „aufgezogen“ und in eine Ges. m. b. H. verwandelt wird), mit eher gemischten, an manchen Stellen auch verletzten Gefühlen. Für die weder schauspielerisch hinreichend gestaltete noch szenisch bewältigte Inszenierung zeichnet Jörg Buttler (Bühnenbilder: Robert Schneider Manns-Au), zufriedenstellende Leistungen bieten Georg Corten, Rudi Schippel und Ingold Platzer. *

Unüberbietbar harmlos, seicht-konfektioniert und vorgestrig, um diesen Preis aber auch unterhaltend und beschwingt, präsentiert sich „De lila“, eines der späten und schwächeren M o 1 n ä r - Lustspiele, in den Kammerspielen. Hans J a r a y hat bearbeitet (aktualisiert, aufgefrischt, die Handlung in unsere Wirtschaftswunderwelt versetzt), führte Regie und spielt mit distinguiertem Charme einen zu Wohlstand gekommenen Rasthausbesitzer, dem ein Serviermädchen (hübsch und talentiert: Silvia L y d i) den Kopf verdreht. Vilma D e g i s c h e r, die bessere (klügere, fraulich-souveräne) Hälfte setzt ihn ihm wieder zurecht. Fritz I m h o f f trägt brillant zur Unterhaltung bei, Peter P a r a k liefert ein erfolgreiches Debüt, das hübsche Bühnenbild entwarf Otto Niedermoser.

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