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Man sieht nur die im Licht sind

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Eine der königlichsten Gaben für Elisabeth II. im Krönungsjahr war der große Farbfilm „Die B e 11-1 e r o p e r“, den das Wienet Studio I seinen Freunden in allzu wörtlicher Befolgung seines Programms derzeit ohne deutsche Titel und nicht synchronisiert präsentiert. Man setzt im Programm ermunternd hinzu: „In Originalfassung.“ Und hier stock' ich schon. Denn von der Urfassung des 18. Jahrhunderts, einer politischen Satire auf Beamtenbestechlichkeit und einer literarisch-musikalischen auf den Zeitstil des Rührstückes und der pathetischen Oper, hat sich auch dieser Film — gottlob — so weit entfernt, daß auch uns Heutigen genug zum Schauen und Hören übrigbleibt. Und doch hat diese Bezeichnung einen tieferen Sinn, wenn wir sie nämlich zu G. W. Pabsts deutscher Filmausgabe von 1931 halten. Denn der englische Film ist himmelweit von der hyper-intelligent-revoluzzerischen Flandgranatenschärfe der Erecht-Weill entfernt; er ist naiver, prunkvoller, show-artiger und artiger und bei aller Verliebtheit in sein Lumpenproletariat irgendwie noch feudal: man sieht gleichsam nur die im Licht sind... Bestimmten Darstellerprofilen der einstigen deutschen Fassung, vor allem aber den herrlich grollenden und murrenden Songs Anno 31 muß man gleichwohl noch heute den Vorzug geben gegenüber der mehr dekorativen englischen Besetzung (Olivier u. a.) und der nur anmutigen Musik Sir Arthur Bliss“. Dagegen ist Christopher Frys Drehbuch und Dialogen doch die deutliche Rückkehr zur Grundabsicht und zum Stil des ersten Dichters sowie die Abkehr vom Jakobiner-tum der reichen Berliner Bettler der zwanziger Jahre nachzurühmen. •

Noch einmal wandelt der Film in dieser Woche auf den Spuren der reprisenartigen Erneuerung. Wie man hört: zum zehnten Male ist in Frankreich de alten Dumas „Der Graf von Monte Christo“ verfilmt worden — in Gevacolor, obwohl die Geschichte auch schon früher immer reichlich „farbig“ gewesen ist. Mit Spott allein freilich wird man folchen Komplexen der Filmgeschichte kaum gerecht; sie stellen so etwas wie filmische Reflexbewegungen dar (verfolgte Unschuld, schurkische Schurkerei und flammende Rache) und geben dem Film, was des Films, und seinen ewigen Kindern, was ihrer ist, Jean Marais in der Rolle des Judex (der er erst im kommenden zweiten Teil so richtig wird), Edmond Dantes ist ein bezaubernder Brautwerber, ein bemitleidenswerter Kerkerhäftling und ein unheimlicher Engel mit dem Flammenschwert. Neben ihm eine reizende Mercedes, ein zynischer Staatsanwalt-Kollaborateur und ein sehr moderner Judas Caderousse Ein ergiebiger Film oder, wie die Konditoren sagen: eine intensive Schokolade.

Den „deutschen Stil“, exakt, sauber, korrekt, vertreten in dieser Woche der Spionagelilm mit Willy Birgel „R ittmeister Wronsky“ und der heikleren Motiven zugewandte „Der Engel mit dem Fla m m en sc h we r t“. Der italienische Kriminalfilm mit Raf Vallone „Zu spät, Doktor M a r c h i“ behandelt das Thema des Doppelspielens. Sehr tapfer wirbt ein österreichischer Kulturfilm Ann H. Matzneri um Verständnis für die moderne österreichische Bildhauerequipe. Einzelne Werke der jungen Meister, vor allem aber ihre nicht gerade inhaltsschweren selbstgesprochenen Kommentare fallen der lobenswerten Absicht des Filmi immer wieder in die Arme.

F i 1 m s c h i u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nrn. 1 und 2/V. vom 8. und 15. Jänner 1955: III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Verliebte Leute“, „Weiße Weihnachten“, „Der rote Reiter von Kanada“ — IV (Für Erwachsene): „Die Bettleroper“, „Du und keine andere“, „Flug nach Tanger“, „Rittmeister Wronsky“, „Die falsche Sklavin“ — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, „Die pikanten Jahre einer Frau“, „Der Engel mit dem Flammenschwert“, „lieber den Todespaß“, „Zu spät. Dr. Marchi“, „Die ungarische Rhapsodie“, „Rückkehr ins Paradies“.

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