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Digital In Arbeit

Vor dem Bildschirm

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WANN ENDLICH wird man lernen, für die Sendung „Christ in der 2 e i t”, die doch die katholische Kirche vor der Gesamtheit der Zuschauer repräsentiert, jene geistlichen Herren auszuwählen, die den Erfordernissen des Mediums Fernsehen uneingeschränkt gerecht werden: die sprechen können, und die auch über den Bildschirm jenes Maß an Persönlichkeit auszustrahlen vermöge, das diese Aufgabe nun einmal erfordert.

GEWISSE GESCHÄFTSMETHODEN der Filmbranche haben sich seit langem beim Österreichischen Fernsehen breit gemacht: einzelne Sendungen schon bei der Ankündigung mit reichlichen Vorschußlorbeeren zu bedenken. Das erzeugt dann im Zuschauerraum hochgespannte Erwartungen und führt meist zu einer entsprechend großen Enttäuschung. So geschah es schon anläßlich der ersten Sendung der Unterhaltungsreihe „B i n g o - B i n g o”, die dann doch — sagen wir: daneben ging. Trotzdem hat man nicht versäumt, auch für die letzte Sendung mit schönen Worten nicht zu sparen. Nun, diese dritte Sendung war zwar etwas besser als die vorhergegangenen, aber so großartig wie versprochen war sie nun wieder nicht. Die Conference war wenig originell (Maxi Böhm trifft überhaupt nicht immer den richtigen Ton), die „Einlagen” waren, im ganzen gesehen, eher mittelmäßig, dafür aber teilweise viel zu lang, die Aufgaben fielen nicht aus dem Rahmen — wenn man auch den Eindruck hatte, daß bei den Prüflingen manchmal nicht die notwendige Klarheit herrschte — und die Anzeigeapparatur funktionierte fast immer. Als einziger Lichtblick kann nur Elfriede Ott vermerkt werden, die, von Ernst Waldbrunn humorvoll einbegleitet, ein paar hinreißende Proben ihres Könnens bot.

WIE EIN HAUCH von Romantik und Poesie huschte das zauberhafte Spiel von Jean Giraudoux „Das Lied der Liede r”, das uns der Bayerische Rundfunk nach einer Inszenierung der Münchner Kammerspiele bescherte, über den Bildschirm. Unter der Regie von Hans Schweikart trafen die vorzüglichen Darsteller — unter anderen Heide von Strombeck, Peter Lühr, Karl Michael Vogler, Otto Brüggemann — die richtige Mitte zwischen Irrealität und echtem Leben. Ein bezaubernder Abend.

ENTTÄUSCHEND war hingegen das vom Norddeutschen Rundfunk produzierte Fernsehspiel „Der Schatten” nach der gleichnamigen Märchenkomödie von Jewgenij Schwarz (Fernsehbearbeitung Claus Hubalek). Der Regie (Werner Düggelin) gelang es nicht, der etwas spröden Geschichte auch nur einen Funken Märchenzauber zu entlocken. Was blieb, war eine befremdliche und dem Wesen des Fernsehens fremde Spielerei. Daran konnten auch so hervorragende Darsteller wie Annelie Granget, Senta Wengraf, Elke Neidhart, Robert Graf und Hann? Erųst Jäger niohts ändern.

UNTERHALTUNG MIT NIVEAU brachte die Wiederholung der Eigenproduktion des Österreichischen Fernsehens von Louis Verneuils „Staatsaffären” auf den Bildschirm. Alle

Qualitäten, die anläßlich der ersten Sendung registriert wurden, fanden auch beim nochmaligen Ansehen ihre volle Bestätigung,

EINE FERNSEHINTERPRETATION überzeugender Art fand das Stück von Georg Kaiser „Der Gärtner von Toulouse”. Unter der vorzüglichen Regie von Werner Düggelin und in den stilgerechten Dekorationen von Jörg Zimmermann boten Gisela Uhlen, Gertrud Kückelmann, Wolfgang Forester und Bum Krüger eindrucksvolle Leistungen. Obwohl man hier von einer Bühneninszenierung ausgegangen war, wurde die zwielichtige Atmosphäre, in der sich das Geschehen abspielt, wirkungsvoll auf den Bildschirm gebannt.

AM BEGINN des Abendprogramms sieht man jetzt des öfteren Fernsehkurzfilme, die ein sehr unterschiedliches Niveau aufweisen. Manchmal ist es eine richtige Unterhaltungsschnulze wie „Möbliertes Zimmer mit Klavier”, dann eine kitschig-sentimentale Nichtigkeit wie „Der langsame W a l z e r”, dann wieder ein nettes kleines Spiel mit tieferer Bedeutung wie „P u p p e n s p i e l e”. oder eine treffende, vorzüglich gespielte Satire wie „Dringende Besprechung”; manche wieder, etwa „D u und i c h”, wirken wie ein bloßer Vorwand, namhafte Sänger oder Darsteller auf den Bildschirm zu bringen, was letzteres an sich sehr erfreulich ist Ob es dem Fernsehen gelingen wird, hier eine annehmbare Linie zu finden?

IN DIE DREISSIGER JAHRE zurückversetzt fühlt man sich nach wie vor bei der Sendung „Der bunte Schirm”. Da ist alles so bieder und brav gemacht, und alles wirkt so verstaubt und antiquiert wie die Witze der Conference. Wir zweifeln nicht, daß so mancher Zuschauer daran seinen Gefallen findet.

EINEN ÜBLEN BEIGESCHMACK hat - leider - das Wort „Kulturfilm”. Woher das kommt, wurde durch ein treffendes Beispiel, nämlich mit dem Film „T r i e s t - S t a d t an der Adria” demonstriert. Ein salbungsvoll vorgetragener schwülstig-pathetischer Kommentar, in dem es von monströsen Wortungetümen und -neubildungen nur so wimmelte (dafür wurden „obwohl” und „trotzdem” miteinander verwechselt), ergoß sich fast pausenlos über den Zuschauer. Auf solche Weise wurden die herrlichen Kitsch-Postkartenbilder völlig zerredet. Und dazu noch ein Klavierkonzert! Das Fernsehen sollte sich doch nicht zum Abnehmer unanbringhchet Filmmachwerke degiadie- ren. Ein Pausen-Dia mit diskreter Musik wäre noch attraktiver gewesen.

EINE NEUE PAUSENÜBERRASCHUNG brachte das Österreichische Fernsehen mit den Aufnahmen der entzückenden jungen Katzen. Wir warten auf den nächsten Einfall.

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