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Vor dem Bildschirm

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EINEN FESTWOCHENBEITRAG lieferte das Österreichische Fernsehen im Zyklus „Das Ballett des 20. Jahrhunderts” mit zwei Balletten von Yvonne Georgi. Die einleitenden und verbindenden Szenen, in denen sich Dr. Dolf Lindner mit Yvonne Georgi unterhielt, wirkten leider recht unzulänglich und im Rahmen der Ballettszenen wie ein Fremdkörper — trotz der guten Idee, int Hintergrund probende Tänzer und Tänzerinnen zu zeigen. Bei dem ersten Ballett, „G l ü ck, Tod und Trau m”, gingen sowohl von der Choreographie als auch von der Musik von Gottfried von Einem starke Wirkungen aus, ganz besonders vom dritten Teil. Die optische Auflösung durch die Fernsehkameras unterstützte diese Wirkung vorzüglich, schuf aber durch den häufigen Bildwechsel einen etwas zu betonten zusätzlichen Rhythmus. Das zweite Ballett, „E v o 1 u t i o n e n”, verwendete eine sehr eindrucksvolle elektronische Musik von Henk Badings. Wer frühere Werke von Badings kennt, konnte hier eine deutliche Weiterentwicklung feststellen. Zusammen mit der hervorragenden Choreographie ergab sich ein in jeder Hinsicht modernes Ballett von eindringlicher Wirkung, dem sich die Kameraführung hier makellos aitpaßte. Insgesamt ein interessanter und eindrucksvoller Abend. Aber . ..

Aber die Choreographie beider Ballette war für die Bühne erstellt. Und wenn sich auch die Bildregie (Karl Stanzl) in vorbildlicher Weise bemühte, den bühnenchoreographischen Ausdruck in die Bildsprache des Fernsehens zu übersetzen, so konnte das nichts an der grundsätzlichen Kompromißsituation ändern. Unter dem Titel ,,Festwochenbeitrag” hätten wir vom Fernsehen doch ein eigenes, speziell für die Fernsehkamera und unter ausschließlicher Bedachtnahme auf die Wirkung am Bildschirm gestaltetes Ballett erwartet. Hier wurde eine einmalige Gelegenheit versäumt.

ALS WESENTLICHER KULTURFAKTOR erwies sich das Fernsehen mit der Übertragung der Uraufführung von Arnold Schönbergs Oratorium „Die Jakobsleiter” aus dem Großen Konzerthaussaal. Mag auch nur ein verhältnismäßig kleiner Kreis der Fernsehteilnehmer für diese Übertragung Interesse gehabt haben, und mag das Urteil dieses Kreises und der Fachwelt über das Werk selbst positiv oder negativ sein, hier hat das Fernsehen eine seiner wesentlichen Aufgaben erfüllt. Mit bewundernswürdiger Geduld unterzog sich die Bildregie (Otto Anton Eder) der kaum lösbaren Aufgabe, den konzertanten Vortrag mit Bildpassagen zu begleiten. Warum man den ursprünglichen Plan, auch die Leseaufführung zu übertragen, fallen ließ, ist uns unbekannt. Man hätte damit immerhin den Fernsehzuschauer mit dem Text vertraut gemacht und ihm so das Verständnis des gesamten Werkes erleichtert.

UM KULTUR UND KULTURPOLITISCHE FRAGEN geht es aucht in Diskpsinsr,eihe „N i c h t e i n. e r M,e fn UM g”,i So bedeutungsvoll die in’ den bisherigen Sendungen angeschnittenen Fragen warön, so wenig befriedigend waren in den meisten Fällen die Ergebnisse, mehr noch in formaler als in inhaltlicher Beziehung. Hier wird man noch einige Varianten probieren müssen. Vielleicht wäre es zweckmäßig, jeweils zwei Gesprächspartner zusammenzubringen, die beide auf dem zur Debatte stehenden Gebiet Spezialisten und trotzdem oder gerade deshalb „nicht einer Meinung” sind.

NACH LANGER PAUSE erscheint der den „alten Hasen” unter den Fernsehzuschauern schon bekannte Name Peter von Zahn wieder auf dem Bildschirm. Seine Berichte sind immer außerordentlich interessant, wenn auch die filmische Gestaltung — trotz offensichtlicher Bemühung — manche Wünsche offen läßt. Der Streifen „Puerto Rico” litt vor allem stark unter dem allzu geschwätzigen Kommentar. Diesen etwas ungünstigen Eindruck machte der Film ,,H o n g k o n g” mit seinen aufschlußreichen und bildlich recht gut untermalten Interviews wieder wett. Bemerkenswert war der Gedanke, Hongkong in erster Linie als „Aussichtsturm nach Rotchina” zu sehen und die damit aufgeworfene Problematik — nicht zuletzt im Hinblick auf das nicht immer glückliche Wirken der christlichen Missionen — zum Hauptanliegen dieses „Berichtes aus der farbigen Welt” zu machen.

EINE REINE FREUDE war der Dokumentarbericht von Heinz Sielmann, „Das lahr der Störche”. Der Film bestach nicht nur durch die hervorragenden Tieraufnahmen (für deren. Qualität ja der Name Sielmann bürgt), sondern auch durch den wohltuend sparsamen Kommentar.

MEHR ALS EIN EXPERIMENT war die vom Deutschen Fernsehen (Norddeutscher Rundfunk) übernommene Sendereihe „Das Fernsehgericht tagt” (Regie: Ruprecht Essberger). Man hat damit einen vortrefflichen Weg gefunden, die Zuschauer mit dem Ablauf einer Gerichtsverhandlung und zugleich mit einem vielfach auftretenden menschlichen Problem zu konfrontieren und erreichte überdies manchmal die Spannung eines (guten) Kriminalreißers. Menschen nachzugestalten, deren Schicksale nur durch die gegebenen Voraussetzungen und nicht durch ein Rollenbuch festgelegt sind, war für die Schauspieler sicher eine äußerst lohnende Aufgabe. Und sie wurde auch von allen mit hinreißender Wirkung gelöst. Die mitwirkenden Laien, die mehr oder weniger sich selbst darzustellen hatten, waren am stärksten dort, ivo sie offensichtlich das „Spiel” vergaßen und „echt” wurden. Lediglich die für den Fernsehzuschauer gedachten Randbemerkungen des „Berichterstatters” wirkten, wie auch die Interviews im letzten Teil, etwas unmotiviert. Die Kameraführung paßte sich den improvisierten Situationen vorzüglich an und vermittelte dem Zuschauer ein lebendiges und eindrucksvolles Bild des „Fernsehgerichtes”.

NICHT NUR SEHR NETT, sondern auch sehr notwendig fanden wir das Insert, mit dem die Fernsehzuschauer gebeten werden, ihre Geräte auf Zimmerlautstärke einzustellen..

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