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Vor dem Bildschirm

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AUS SALZBURG gab es doch noch, sozusagen im letzten Augenblick, eine Eurovisionsübertragung: ,,C o s i f an tutt e“. Millionen Zuschauern wurde so diese bezaubernde Inszenierung zugänglich gemacht. Dank der guten Kameraführung, die manchmal ganz ausgezeichnete Momente hatte (Bildregie: Hermann Lanske), war die Aufführung auch für den Fernsehzuschauer optisch wie akustisch ein makelloser Genuß.

VORBILDLICH war die vom Deutschen Fernsehen übertragene Sendung anläßlich der 900-Jahr-Feier des Domes zu Speyer. Der einleitende Bericht von Wolfgang Brobeil über den Dom war sehr sorgfältig zusammengestellt und außerordentlich interessant. Die Übertragung des Pontifikalamtes brachte nicht nur die heilige Handlung in angemessener Form auf den Bildschirm, sondern gab zu den liturgischen Vorgängen auch einen sehr guten Kommentar, der auch für so manchen gläubigen Katholiken nicht überflüssig gewesen sein dürfte.

SEHR GUT war auch der „Wahlsonderdienst“ des Deutschen Fernsehens zur deutschen Bundestagswahl 1961. Die zwischen die Bekanntgabe der Teilresultate eingestreuten, stets mit der Wahl in engstem Zusammenhang stehenden Direktübertragungen, Interviews und Filme waren so interessant, daß man die Sendung auch weiterverfolgte, als schon abzusehen war, daß man die Ermittlung des Endresultates doch nicht mehr abwarten würde. Zur Darstellung der Wahlergebnisse selbst hatte man eine Vielzahl (zu viele!) von aufschlußreichen Graphiken auf- geboten. Ein Lob gebührt dem Österreichischen Fernsehen diesmal dafür, daß es die Sendezeit so weitgehend überschritten hat! Hoffentlich haben die zuständigen Fernsehleute auch zugesehen.

GLEICH ZWEI neue große Unterhaltungssendungen hat uns das Österreichische Fernsehen vorgestellt: ,,S i n g mit mir, spiel mit m i r“ mit Lou van Burg und ,Schwarzer Peter" mit Heinz Fischer-Karwin. Wenn ] auch diese beiden Sendungen auf verschiedenen Ebenen liegen, sä sind doch einige gemeinsame Merkmale festzustellen. Vor allem die beiden ,,Quizmaster" haben die gleiche Untugend: Offensichtlich ist der jeweilige Quizmaster derjenige, der sich bei seiner Sendung am besten unterhält. So ein Unterhaltungsmanager sollte aber vor allem die Zuschauer unterhalten und nicht sich selbst; und wenn er es doch tut, so brauchte er das nicht so deutlich zu zeigen: es geht ja immer auf Kosten seiner „Prüflinge“. Bei beiden Sendungen waren manche Aufgaben zuwenig durchdacht oder zuwenig vorbereitet oder überhaupt zuwenig fernsehgemäß. Bei beiden Sendungen waren die Preise recht problematisch: bei der einen waren sie viel zu hoch, bei der anderen erfuhr man gar nicht, worin sie bestanden.

MIT DEM GEWOHNTE MIVERÄNEN CHARME und uüt wieder neuen Ideen für die szenische Gestaltung war Monique Traška mit ihrer „Kleinen M o d e pi a u d er e i" bei den Fernsehzuschauern zu Gast. Leider waren die gezeigten Modephotos reichlich schlecht, jedenfalls auf dem Bildschirm. Die Zeichnungen von Monique Traška sind viel deutlicher und illustrativer — und reizvoller.

ILLUSTRIERTER RUNDFUNK (sogar schlecht illustrierter Rundfunk) war der Film „Stub aitai“ in der Reihe „Auch das ist Österreich“.

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SEHR GUT GESTALTET hat Peter Cürlis den Film der Kulturfilri-Institut-G.-m.-b.-H., Berlin, „Spielzeug der Wind e’’. Eine vorzüglich auf das Bild und auf den Inhalt abgestimmte Musik begleitete diese aufschlußreichen Variationen über das Thema (Papier-) Drachen.

NICF1T NUR HOCHINTERESSANT, sondern auch (unter der Regie von Fritz Roland) vorzüglich gestaltet war diesmal der Peter-von-Zahn-Bericht „H a i t i“. Diese unvoreingenommenen Berichte über das Leben und die Probleme der Menschen in fernen Ländern, von denen wir oft gar kein Bild — oder nur ein völlig verzerrtes — haben, entsprechen einem sehr wesentlichen Aufgabengebiet des Fernsehens. Es ist nur zu hoffen, daß wir auch einige von den 250 Fernsehfilmen zu sehen bekommen, die Dr. Peter von Zahn in den nächsten zweieinhalb Jahren für das Fernsehen des Westdeutschen Rundfunks herstellen wird.

NEUE WEGE wies (dem Fernsehen!) der Film „Wunderschöne Zeiten“ der eine fog, Brüssel. Wenn auch, im ganzen gesehen, zu viele Gestaltungsprinzipien — und zu viele Themen — in diesem einen Film zusammengeballt waren, so waren sie im einzelnen doch außerordentlich eindrucksvoll. Etwa die im Rhythmus der Musik geschnittene Bildpassage „Kontraste“ (die wir uns ohne Kommentar gewünscht hätten) oder die packende Gegenüberstellung völlig einander widersprechender Inhalte in Bild und Text: Während der Kommentar von den „Errungenschaften“ der kommenden hundert Jahre berichtete, sah man Bilder des menschlichen Elends unserer Tage. Wem hier nicht die Diskrepanz zwischen materiellem Fortschritt um des Fortschrittes willen und dem menschlichen Auf-der-Stelle- Treten an der Kehle würgte, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.

DEN ABSOLUTEN TIEFPUNKT erreichte das Fernsehprogramm mit der österreichischen Eigenproduktion „N ach- s ai so n“ von Herbert Asmodi. Eine Komödie nannte sich dieses „Stück“, aber es reichte nicht einmal im entferntesten zu einem Schwank. Es war einfach abstoßend. Daß das Fernsehen ein solches plumpes Machwerk auf den Bildschirm bringt, ist durch nichts zu entschuldigen; daß sich Künstler, die immerhin einen Namen zu verlieren haben, dafür hergeben, ist unverständlich.

UNERFREULICH sind die vielen, oft erst am Vortag oder gar erst am Abend der Sendung bekannt werdenden Programmänderungen.

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