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Vor dem Bildschirm
FÜR DIE NACHGESTALTUNC historischer Ereignisse, möglichst wirklichkeitsgetreu und mit dem Signum dokumentarischer Echtheit versehen, ist das Fernsehen ganz besonders prädestiniert. Ist doch der Zuschauer durch die vielen aktuellen Life-Übertragungen wie auch durch die gefilmten Dokumentarberichte an die Form solcher Sendungen gewöhnt und von ihrer Echtheit überzeugt. Um so größer sind aber auch die Gefahren, die allen Versuchen drohen, vergangene Ereignisse in sozusagen dokumentarischer Form nachzugestalten. Den beiden Autoren Carl Merz und Helmut Qualtinger ist es mit ihrer Sendung über den Ringtheaterbrand-Prozeß „Alles gerettet“ gelungen, ein geradezu vorbildliches Stück dieser Art zu schaffen. Gestützt auf die Prozeßakten, haben sie mit spürbarer Objektivität und ohne jede kabarettistische Pointierung (die der Fernsehzuschauer mit diesen Namen untrennbar verbinden zu müssen glaubt) das Grauen einer Katastrophe heraufbeschworen. Vielleicht war der Ausschnitt aus der Katastrophe, der hier zum Vorschein kam, etwas zu eng. Das Schicksal der Zuschauer im Parterre beispielsweise oder das der im Theater anwesenden Schauspieler blieb völlig offen. Einzelne dramaturgisch kaum vertretbare Lücken oder Schwächen in der Beweisführung mögen im Prozeß selbst oder in den Unterlagen darüber begründet sein. Nichtsdestoweniger ist es den Autoren gelungen, mit einigen kurzen Ausschnitten (der Prozeß selbst dauerte zwanzig Tage) aus einer nüchternen Gerichtsverhandlung den Gegenstand, nämlich den Brand des Wiener Ringtheaters, mit allem fürchterlichen Leid und mit allem menschlichen Versagen den Zuschauern vor Augen zu führen. Wesentlichen Anteil an diesem Erfolg hatte aber auch die große Schar der Darsteller, die, im Hinblick auf die Rollentypen vorzüglich ausgewählt, unter der Regie von Erich Neuberg allesamt ganz vorzügliche Leistungen boten. Nur die Nominierung dieser Sendung als „Festwochenbeitrag des Österreichischen Fernsehens“ war völlig fehl am Platz. Dafür war sie aus ihrem Wesen heraus nicht geeignet. Das ändert aber nichts an den außerordentlichen Qualitäten, die sie in ihrer Art aufzuweisen hatte.
EINE VORZÜGLICHE KLASSIKERINSZENIERUNG wurde uns wieder vom Deutschen Fernsehen (Bayerischer Rundfunk) mit Schillers Trauerspiel „M aria Stuart“ geboten. Unter der Regie von Hans Lietzau bot ein Heer namhafter Darsteller bestes Fernsehtheater. Elfriede Kuzmany als Elisabeth und Agnes Fink als Maria Stuart brillierten beide mit ebenso eigenwilligen wie faszinierenden Leistungen. ]örg Zimmermann hat dazu mit seinem Szenenbild einen eindrucksvollen Rahmen geschaffen.
BERECHTIGT war die Wiederholung einer Inszenierung des Österreichischen Fernsehens von Michel Fermauds Komödie „Die Türen knallen“. Ist hier doch in der Bearbeitung und unter der Regie von Herbert Fuchs aus einem Theaterstück ein richtiges Fernsehspiel entstanden. Dabei wurde inmitten der Turbulenz des Geschehens, von den Mitwirkenden (Erik Frey, Susi Nicoletti, Gerda Marko, Matthias Fuchs, Gertraud Jesserer, Erika Pluhar, Rose Renee Roth, Hilde Nerber, Georg Corte und Dr. Nicolas Lubimov) in köstlicher Weise dargestellt, immer wieder die Problematik deutlich, die das Verhältnis zwischen der alten und der jungen Generation kennzeichnet.
AUFGEFALLEN IST die äußerst interessante Filmsendung „In China fliegen keine Spatzen mehr“ von Peter Martin Bleibtreu. Das Bild lag zwar kaum über dem durchschnittlichen Fernsehfilmniveau; der Kommentar war jedoch von geradezu einmaliger Prägnanz und Eindruckskraft.
DIE KATZE LÄSST das Mausen nicht, und das Österreichische Femsehen nicht das „Quizen“. Wieder hat es den schon oft mehr oder minder mißlungenen Versuch unternommen, eine „große“ Quizsendung auf die Beine zu bringen. Da man aber offenbar doch zu dem Quiz an sich kein rechtes Vertrauen hatte, bot man eine solche Fülle von „Einlagen“ auf, daß diese zum Hauptbestandteil der Sendung wurden und sie zu einem richtigen „Bunten Abend“ machten; einem so bunten Abend, daß sicherlich die meisten Zuschauer etwas finden konnten, was ihnen gefiel, aber wohl auch manches, bei dem sie sich langweilten. Übrigens: Wenn der Quizmaster und seine Mitarbeiterin in einer der als Film eingeblendeten Nummern mitwirkten, so ist das sicher recht originell, wenn das aber bei mehreren Einlagen der Fall ist, so wirkt das entweder billig oder wenig geschmackvoll. Wenn nun der eigentliche Quizteil neben dem übrigen Programm fast zur Bedeutungslosigkeit verurteilt worden war, so hätte man ihn doch nicht mit solch unverantwortlicher Nachlässigkeit und Lieblosigkeit erstellen dürfen. Nicht nur die Zuschauer, sondern offensichtlich auch die Mitspieler waren über die Spielregeln ungenügend informiert! Was sollte die komplizierte elektrische Anzeigevorrichtung, wenn dann.doch Unklarheiten darüber aufkommen konnten, wer zuerst auf den Knopf gedrückt habe? Wie konnte man nur in der letzten — und damit noch dazu entscheidenden Runde zwei Aufgaben zueinander itt eine zeitliche Relation setzen, die zu ihrer Lösung ganz verschiedene Zeiten erforderten und so zwangsläufig zu einem Remis führen mußten? Nur der Geschicklichkeit von Maxi Böhm und dem Charme von Topsy Küppers ist es zu verdanken, daß diese unverzeihlichen Mängel einigermaßen überspielt wurden! Die Begeisterung im Zuschauerraum war mäßig.
ERFREULICH IST eine neue Form des Pausenzeichens. Der Gedanke, in längeren Pausen den Bildschirm durch das drollige Spiel zweier Bärenkinder zu beleben, ist — wenn auch im Prinzip nicht neu — ganz ausgezeichnet. Wenn dieser Film noch etwas besser geschnitten wäre, könnte man von einer kleinen Meisterleistung sprechen.
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