6675297-1961_18_14.jpg
Digital In Arbeit

Vor dem Bildschirm

Werbung
Werbung
Werbung

EINEM KLASSIKER brachte eine Übertragung vom Deutschen Fernsehen (Westdeutscher Rundfunk) auf den Bildschirm: Kleists „Prinz Friedrich von Homburg". Fritz Umgelter erzielte mit einem vorzüglichen Ensemble (Ewald Baiser, Anna Dammann, Liselotte Rau, Thomas Holtzmann und viele andere) und einer ungewöhnlichen Kameraführung ein- ‘drucksstarke Bilder. Die den Schauplatz meist nur andeutenden Dekorationen (Theo Zwierski und Helmut Gassner) und die sehr statische Inszenierung lösten das Geschehen so weit von der Realität ab, daß das Pathos des Textes die unerbittlichen Gesetze des Bildschirmes nicht sprengte.

EIN TRIUMPH DES „PLAY BACK“ war die Aufzeichnung der Lehär-Operette „Das Land des Lächelns“, die das Fernsehen des Westdeutschen Rundfunks in Gemeinschaft mit dem Österreichischen Fernsehen unter der Regie von Kurt Wilhelm inszeniert hatte. Die Übereinstimmung der Persönlichkeiten der Darsteller mit dem Charakter der jeweiligen Gesangsstimme und vor allem die Synchronität zwischen Mimik und Stimme war von einer Vollkommenheit, die alle Zweifel an der Legitimität dieses Verfahrens verstummen lassen muß.

EINEN SPIEGEL VORHALTEN wollte Ödön von Horvath mit seinen „G’schichten aus dem Wienerwald“ seinen Zeitgenossen — und kann es damit auch uns noch tun. Aber die Menschen verstehen es meist, in einem solchen Spiegel nicht sich selbst, sondern höchstens die anderen zu sehen, und das noch viel mehr, wenn das Spiegelbild — so wie hier — in ein Kostüm gekleidet ist, das bereits historisch ist: Das trifft dann keinesfalls uns — so war es eben damals! Das schmälert nicht das Verdienst, uns mit diesem tiefschürfenden, im Grunde bitter-ernsten Volksstück konfrontiert zu haben, ln der im übrigen äußerst eindrucksvollen, von Erich Neuberg inszenierten Aufführung waren nur die Walddekorationen störend, die weder naturalistisch noch symbolisch-suggestiv, sondern — Pappendeckel waren. Die Badeszenen wirkten in dieser Umgebung fast peinlich. Von dem durchweg überzeugenden Ensemble sei hier nur Hans Moser genannt, der wieder ein unvergeßliches Beispiel seiner echten Schauspielkunst gab.

DIE UNTERHALTUNG ist ohne Zweifel ein wichtiger Bestandteil des Fernsehprogramms. Interessanterweise haben von den vielen Versuchen, „große“ Unterhaltungssendungen im Fernsehen zu gestalten, nur ganz wenige zu einem in jeder Hinsicht vertretbaren Ergebnis geführt, wobei sich gezeigt hat, daß hier offenbar sehr, sehr viel von der Persönlichkeit des Conferenciers abhängt. An erster Stelle steht hier wohl Hans Joachim Kulen- kampff, der mit seinem neuen Städtewettkampf „Kleine Stadt — ganz groß“ geistiges und künstlerisches Niveau mit fröhlicher Unterhaltung zu vereinen weiß Er selbst meistert seine Aufgabe mit soviel liebenswürdigem Charme, daß unter seinen Händen auch noch eine technische Panne zum Gag wird. Schade nur, daß die letzte Sendung unter solchem Zeitdruck stand. Sosehr wir im allgemeinen auf eine strikte Einhaltung der angekündigten Programmzeiten Wert legen, bei einer solchen Sendung müßte man wohl Wege finden, bezüglich des Sendungsschlusses etwas elastischer sein zu können.

UNTERHALTUNG UND BELEHRUNG zugleich vermittelt die Quizsendung „Einundzwanzig“. Hier wurde das Quizprinzip auf die Ebene ernster Arbeit transponiert. Das gibt jedenfalls eine interessante Rätselsendung (mit teilweise sehr schwierigen Fragen), die aus der Gegenüberstellung zweier Teilnehmer zusätzliche Spannung bezieht. Auf die Dauer erscheint sie aber doch etwas zu nüchtern und zu sachlich. Auch die langen Großaufnahmen der nachdenkenden Kandidaten, besonders in der Verlegenheit des Nichtwissens, gehen manchmal bis an die Grenze des Zulässigen. Eine kleine Auflockerung, zumindest in optischer Hinsicht, wäre sicher durchzuführen, ohne die an sich sehr begrüßenswerte seriöse Art der Sendung zu schmälern.

EINE NETTE UNTERHALTUNG bot uns das Österreichische Fernsehen auch mit der Inszenierung der bezaubernden Komödie „Der erste Frühlingstag“ von Dodie Smith. Unter der Regie von Hans Jaray spielten mit sichtlichem Vergnügen Erik Frey. Hertha Heger, Francis Martin, Gertraud Jesserer und Fritz Friedl die gutbürgerliche Durchschnittsfamilie, die der erste Frühlingstag ein wenig durcheinanderbringt, bis schließlich doch wieder alles ins rechte Geleise kommt. Von den anderen, durchweg guten Mitwirkenden sei noch Johannes Schauer genannt, der eine kleine, humorvoll-ernste Charakterstudie bot.

SEHR AKTUELL ist die Fernsehfilmreihe „Lebendiges Weltall“ von und mit Prof. Heinz Haber. Die einzelnen Filme sind allerdings in ihrem informatorischen Wert sehr unterschiedlich. Der zuletzt gezeigte Film „Sphärenmusik", der die Planeten- und Satellitenbewegung zum Inhalt hatte, war recht interessant und anschaulich. Bei der ganzen Reihe ist unklar, ob es sich hier um Filmaufzeichnungen von Live-Sendungen handelt oder ob versucht wurde, Filme in der Form einer Live-Sendung zu gestalten. Wenn das erstere der Fall ist, so läßt die Gestaltung der Sendung einiges zu wünschen übrig; der zweite Weg erscheint jedoch überhaupt grundsätzlich verfehlt.

EINEN VERDIENTEN ERFOLG seiner Arbeit konnte Otto König, der Leiter der Biologischen Station auf dem Wilhelminenberg, mit der Unterzeichnung des Vertrages über den Schutz der Reiherkolonien am Neusiedler See verbuchen. Daß an diesem Erfolg auch „seine“ Zuschauer teilnehmen konnten und die Vertragsunterzeichnung in der letzten Sendung „Wunderder Tierwelt“ vor den Fernsehkameras vorgenommen wurde, dafür gebührt ihm und insbesondere auch seinen Vertragspartnern besonderer Dank. Es bleibt nur zu hoffen, daß auch dem Aufruf nach Spenden für die praktische Durchführung der Schutzmaßnahmen ein entsprechender Erfolg beschieden ist.

ERFREULICH sind auch die immer neuen Formen des optischen Pausenzeichens und die wechselnde Gestaltung des Hintergrundes für die Sprecherinnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung