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Vor dem Schirm

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FÜNF MINUTEN IM MONAT sind zwar für eine Sonntagssendung der katholischen Kirche sehr bescheiden, doch ist damit immerhin ein Anfang gemacht, daß auch bei uns über das modernste Massenpublikationsmittel auch religiöse Probleme an die Menschen herangebracht werden, wie es anderwärts schon seit langem üblich ist. Die erste Sendung dieser Art, die sich unter dem Titel „Christ in der Zeit“ im wesentlichen mit der ökumenischen Bewegung befaßte, war inhaltlich sehr gut gewählt. Sie hätte an Eindringlichkeit und damit an Wirkung sicher noch gewonnen, wenn der Vortragende frei gesprochen hätte, wie es das Medium Fernsehen nun einmal verlangt.

GANZ AUSGEZEICHNET war die österreichische Eigenproduktion des Schauspiels „D o n a d i e u“ von Fritz Hochwälder. Bis auf die Einleitungsszenen, die dem Uneingeweihten kaum etwas gesagt haben dürften, war die Inszenierung — unter der bewährten Regie von Theodor Gradier — sehr gut den Möglichkeiten des Fernsehens angepaßt. Hervorragend waren die in einer Live-Sendung besonders schwer zu beherrschenden Dialogschnitte, die das Mienenspiel der Darsteller zu voller Wirkung kommen ließen. Die Darsteller waren alle so überzeugend, daß es ungerecht wäre, die Leistung einzelner hervorzuheben. Sie seien also — in der Reihenfolge des Personenverzeichnisses — einfach genannt: Ewald Balser, Ulla Jacobsson, Günther Haenel, Michael Janisch, Kurt Sowtnetz, Erik Frey, Albin Skoda, Maria Mayen und Hans Ziegler. Die eindrucksvollen Dekorationen stammten von Robert Hofer-Ach.

BETRÄCHTLICHEN ANTEIL an dem Fernsehprogramm der letzten Zeit hatten die Übertragungen von den verschiedenen internationalen Wintersportveranstaltungen. Die Fernsehleute sorgen — bei uns wie im Ausland — in solchen Fällen stets mit viel Routine und sehr viel Mühe dafür, daß der Fernsehzuschauer meist wesentlich mehr und besser sieht, als feder bei der Veranstaltung unmittelbar anwesende Zuschauer. Was von einigen dieser Sendungen besonders festzuhalten ist: daß wir in Kurt Jeschko einen ganz ausgezeichneten Fernsehkommentator für Sportübertragungen besitzen.

EIN SEHR INTERESSANTES THEMA hatte man in der Filmreihe „Hüter der Gesundheit“ mit den „Abwasserproblemen der Großstadt“ aufgegriffen. In dieser Sendung konnte der Großstadtbewohner eine Menge bemerkenswerter Dinge erfahren, die ihm sicher zum größten Teil unbekannt waren, die ihn aber letzten Endes doch unmittelbar betreffen. Interessant war aber auch, daß mit dieser Sendung das offenbar nicht auszumerzende Schema des „Vortrages mit Bildern“ gründlich ad absurdum geführt wurde. Ganz abgesehen davon, daß einige Bilder mit dem Text in krassem Widerspruch standen, so verlangte jedenfalls die Mehrzahl der Bilder unbedingt nach einer Erläuterung, nach einer sachkundigen Erklärung der Details. Statt dessen hörte man aber nur einen — an sich sehr interessanten — Vortragstext, der jedoch mit den Bildern lediglich durch das gemeinsame Thema verbunden war. Auf der Suche nach den Ursachen für das Zustandekommen solcher am Wesen und an den Möglichkeiten des Fernsehens völlig vorbeigehender Sendungen fällt einem auf, daß da immer wieder ein „Manuskriptautor“ aufscheint. Das läßt den Verdacht entstehen, daß man beim Fernsehen möglicherweise der Ansicht ist, eine Fernsehsendung lediglich auf Grund eines „Manuskriptes“ machen zu können, wie eine Rundfunksendung, bei der es nur auf das Wort ankommt. Wir wollen aber keine illustrierten Rundfunksendungen, sondern Fernsehen. Und für eine Fernsehsendung oder einen Fernsehfilm braucht man ein sorgfältig ausgearbeitetes detailliertes „Drehbuch“, in dem Bild und Text von vornherein als eine Einheit gemeinsam erstellt worden sind.

ECHTES FERNSEHEN — in seiner Funktion als Informationsmittel — sahen wir, als im Rahmen der Sendung „Z eiti m B i I d“ Handelsminister Dr. Bock in einer Live-Sendung zu dem „Autobahn-Problem“ Stellung nahm und — frei sprechend! — auf die in der Öffentlichkeit laut gewordenen Kritiken einging und Ursachen und Gründe für die getroffenen Maßnahmen erläuterte. Das war wesentlich eindrucksvoller und dem Fernsehen gemäßer als alle — meist abgelesenen — Reden bei Tagungen, Kongressen und Sitzungen, die wir im Laufe einer Woche in der „Zeit im Bild“ vorgesetzt bekommen.

DER FILM „DAS AMERIKA DES MARK TWAIN“ machte uns nicht nur mit wissenswerten Tatsachen aus der Geschichte der USA bekannt, er demonstriert auch in ganz vorzüglicher Weise, wie man ausschließlich aus statischen Bildern — die gegen Ende des Films eingefügte kurze Sequenz aus historischen Wochenschauaufnahmen wirkte, so interessant sie war, in diesem Rahmen eher störend — durch entsprechende Auswahl, durch Schnitt und Kamerabewegung einen außerordentlich lebendigen „Film“ gestalten kann, woran die gut gewählte Musik und der fesselnde, vo n Gerhard Stappen und Teddy Podgorski vorzüglich gesprochene Kommentar ihren besonderen Anteil hatten.

MIT BEACHTLICHEM AUFWAND hat das Österreichische Fernsehen zusammen mit dem Westdeutschen Rundfunk, Köln, die zweite livegesendete Studio-Opernproduktion auf dem europäischen Kontinent durchgeführt: Die komische Öper „Don Pasquale“ von Gaetano Donizetti. Das gab nicht nur eine äußerst ansprechende (wenn auch nicht allzu „komische“) Fernsehoper, sondern bewies auch wieder, daß dieses Verfahren samt der räumlichen Trennung von Orchester und Sängern technisch und künstlerisch durchaus zu beherrschen ist. Das Orchester spielte nämlich unter der Leitung von Alberto Erede im Wiener Konzerthaus, die Sänger agierten und sangen unter der Regie von Karl O. Koch im Fernsehstudio Schönbrunn; das Fernsehen selbst sorgte für eine gegenseitige Sicht- und Hörverbindung. Wenn man dazu noch Kräfte wie etwa Dorit Hanak (Norina) zur Verfügung hat, die gleichermaßen eine Ohren- und Augenweide war, wird man auf diese Weise der Fernsehoper manche neue Anhänger gewinnen können.

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