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NICHTS DAZUGELERNT!

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TJ s ist noch gar nicht lange her, daß das Österreichische Fern sehen eine neue „große“ Unterhaltungssendung — „Bingo- Bingo“ — ankündigte. Schon in diesen Ankündigungen wurden der Sendung ganz außerordentliche Qualitäten zugesprochen, und der Zuschauer mußte den Eindruck gewinnen, daß hier wirklich eine ganz vorzügliche, sorgfältig vorbereitete Sendereihe gestartet werden würde. Aber das ganze vorschußweise gewährte Lob hat nichts genützt. Die ersten Sendungen dieser Reihe kamen nicht nur bei der Kritik sehr schlecht an, sondern fanden auch beim Publikum wenig Widerhall. Und das Fernsehen hat — welch bemerkenswerte Tat! — die Sendereihe abgebrochen. Merkwürdigerweise sind sich nun hinterher alle maßgebenden Stellen darüber einig, daß diese Sendung von vornherein nicht lebensfähig gewesen sei. Warum sie dann überhaupt begonnen wurde und wie es zu den verheißungsvollen Ankündigungen kam, ist unklar.

Wer aber nun glaubt, daß die Absetzung dieser Sendereihe mit der Erkenntnis im Zusammenhang steht, daß das Österreichische Fernsehen mit solchen Sendungen kein Glück hat, der irrt. Schon wieder wird von neuen Unterhaltungsreihen geschwärmt.

Dabei hat sich doch immer wieder gezeigt, daß alle Bemühungen, hier Unterhaltungs-Quiz-Sendungen zu produzieren, zu keinem oder nur zu einem sehr bescheidenen Ergebnis geführt haben. Es kann an dieser Stelle nicht allen dafür maßgebenden Ursachen nachgespürt werden; sie sind aber offenbar vorhanden und nicht zu beseitigen. Warum also immer wieder so aussichtslose und kostspielige Versuche unternehmen, wo sich doch dem Fernsehen so viele andere Aufgaben anbieten?

Denken wir einmal an jene Zeit, in der noch ein Tag — es war der Dienstag — im Österreichischen Fernsehen sendefrei war. Auch damals fühlte sich das Österreichische Fernsehen bemüßigt, mit vielen Worten eine große Unterhaltungssendereihe anzukündigen, die wöchentlich (!) stattfinden sollte und für die der bisher sendefreie Dienstag geopfert wurde. Aber schon nach wenigen Sendungen sah sich das Fernsehen gezwungen, die Reihe einzustellen, und in der Folge den Dienstagabend mit anderen Programmen zu füllen. Es erübrigt sich, weitere Beispiele anzuführen.

Die Unterhaltungssendungen großen Stils, mit denen das Deutsche Fernsehen einiges Aufsehen erregte, wurden keineswegs so kurzerhand aus dem Boden gestampft; sie waren das Ergebnis eines längeren Entwicklungsprozesses. Es ist uns noch eine sehr frühe Sendung von Peter Frankenfeld in Erinnerung, die in ganz bescheidenem Rahmen, in einem kleinem Studio mit nur wenigen Zuschauern, stattfand. Peter Frankenfeld, der damals noch zwischen den Sitzreihen umherging, war da noch nicht der spätere Fernsehstar, sondern eher ein Experimentator.

Die Quizsendungen, die in Deutschland aus solchen Anfängen entstanden sind,.ließen sehr deutlich erkennen, daß sie stets von der Persönlichkeit eines Mannes getragen waren, ohne den sie weder den großen Erfolg beim Publikum noch die beträchtliche Anzahl von Einzelsendungen erreicht hätten. Das Publikum identifizierte die Sendung mit dem Namen dieses Mannes völlig, und es stand außer Zweifel, daß die ganze Sendung, die Idee, jeder Witz und jede Einlage sein Werk waren.

Die Bedeutung eines solchen die Bühne und die Sendung beherrschenden Maitres (etwas von dieser Bedeutung mag in dem Wort „Quizmaster“ liegen) wird auch an wesentlich kleineren Sendungen deutlich. Man denke nur an die Sendereihe von Robert Lembke „Was bin ich?", die heute noch in der gleichen Form Gefallen findet (Sehbeteiligung in der Bundesrepublik in den letzten Monaten über 70 Prozent), in der sie schon vor Jahren die Zuschauer begeisterte.

ausschließlich um der Unterhaltung willen da, und dessen einzige Aufgabe ist, den Menschen zu helfen, die immer umfangreicher werdende Freizeit totzuschlagen, ohne sich auch nur in die geringsten geistigen Unkosten stürzen zu müssen. Diese Art der Unterhaltung wird heute in mehr als ausreichendem Maße geboten; das Fernsehen, das uns dadurch, daß es nicht der unbeugsamen Gewalt geschäftlicher Erwägungen unterworfen ist, ganz einzigartige Möglichkeiten bietet und das durch seine außerordentliche Breiten- und Tiefenwirkung ėifieti viel weitergehenden Einfluß auf sein Publikum hat als wir ihm zugestehen wollen, dieses Fernsehen sollte uns dafür zu schade sein.

Diese Gegebenheiten legen den Verantwortlichen des Fern- ’ sehens sehr gewichtige Verpflichtungen auf. Eine davon verlangt eine ganz besondere Sorgfalt bei der Planung und Vorbereitung des gesamten Programms wie der einzelnen Sendung. Leider erwecken so manche unserer Fernsehsendungen — nicht nur die oben erwähnten Unterhaltungsreihen — den Verdacht, daß hier schon bei der Konzeption nicht mit jener Gewissenhaftigkeit und mit jenem Weitblick vorgegangen wird, die hier unbedingt gefordert werden müssen.

Uber all diesen deskriptiven und interpretierenden Gedanken aber stehen einige wesentliche grundsätzliche Erwägungen, die hier nicht außer acht bleiben sollen. Es erhebt sich die Frage, inwieweit die Unterhaltung überhaupt eine Aufgabe des Fernsehens sein kann.

Es besteht nämlich die Gefahr, daß eine Form der Unterhaltung im Fernsehen immer mehr Platz findet, die dort bestimmt nichts zu suchen hat, jenes seicht dahinplätschernde Nichts, das

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