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TV-Nachrichten im ORF für die Jugend

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Das Desinteresse und die Distan-ziertheit eines Großteils der Jugendlichen an politisch und gesellschaftlich relevanten Fragen wird heute allgemein beklagt. Besonders deshalb, weil sich die Probleme rundum häufen und von deren Lösung oder Nichtlösung die heranwachsende Generation gerade am meisten betroffen sein wird. Die Mentalität, man könne ohnehin nichts machen, ist schon bei den Jungbürgern stark vorhanden.

Wenn sie dann als Wähler erstmals von ihrem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch machen, sind sie über die gesellschaftlichen Fragen oft zu wenig informiert und auf die auch ihnen zufallende Verantwortung eigentlich nicht vorbereitet.

Auch Demokratieverständnis will gelernt sein. Mitreden und Mitbestimmen erfordert Kenntnis der Vielfalt der gesellschaftlichen Erscheinungsformen und ihrer Zusammenhänge. Für die

„Kindersehensich Programme an, die inhaltlich für Erwachsene konzipiert sind”

Weckung des Interesses an aktiver Teilnahme am öffentlichen Geschehen kommt neben Elternhaus und Schule auch den Medien eine große Aufgabe zu. Eine Möglichkeit, die im Ausland auch schon verwirklicht wurde, ergibt sich hier besonders für das Fernsehen.

Wenn in England der Sprecher von BBC zwei- bis dreimal wöchentlich seine Hintergrundinformationen im Rahmen der Sendung „John Craven's Newsround” über aktuelle Geschehnisse bringt, dann weiß er genau, welche Zielgruppe vor dem Bildschirm sitzt. Denn diese seit vier Jahren mit großem Erfolg laufende Nachrichtensendung wendet sich an die Gruppe der Zehn-bis Vierzehnjährigen.

Aufbereitet für diese Altersgruppe wurden z. B. Beiträge über die Ölkrise, eine Dokumentation über China anläßlich des Todes Maos oder Informationen über die Bedeutung des Umweltschutzes. Zu Fragen des Schulalltages wurden die Zuschauer aufgefordert brieflich Stellung zu nehmen, über die dann in weiteren Sendungen diskutiert wurde.

Ebenfalls an diese Altersgruppe richtet sich die Sendung „Durchblick” des deutschen Südwestfunkes, die ständig steigende Einschaltziffern aufzuweisen hat. Auch das Fernsehen der skandinavischen Länder bringt, speziell für die erwähnte Altersgruppe aufbereitet, aktuelle Nachrichten und Informationen.

Aus einer im Auftrag des ORF durchgeführten Untersuchung „Kinder und Fernsehen” geht hervor, daß es für die Altersgruppe der Zehn- bis Vierzehnjährigen kein spezielles Programmangebot gibt, aber gerade diese sehr viel - oft bis nach 20 Uhr - vor dem Bildschirm sitzt.

Die Schlußfolgerung daraus: diese Kinder sind aufgeschlossen und interessiert, sehen sich aber Programme an, die inhaltlich für Erwachsene konzipiert sind.

Man könnte nun beim ORF das vorhandene Interesse nützen und im Vorabendprogramm, nach ausländischem Vorbild, einmal wöchentlich z. B. ein Kinder und Jugend-Magazin ausstrahlen. An Programminhalten würde es nicht mangeln.

Neben den schon erwähnten Hintergrundinformationen über aktuelle politische Geschehnisse, Schulfragen, wären Hinweise auf kulturelle Ereignisse, auf Neues auf dem Büchermarkt, auf TheaterauffUhrungen u. a. sicher interessant. Ebenso wichtig wäre der große Bereich des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes. Jedenfalls könnte die dem Fernsehen zukommende Möglichkeit der aktuellen Information durch ein Nachrichtenmagazin für diese Altersgruppe erweitert werden.

Eine solche Sendereihe fände sicher nicht nur bei den Kindern großen Anklang, sondern auch bei deren Eltern; denn die angesprochenen Themen würden Anlaß zu Gesprächen und Diskussionen in der Familie geben. Auf einer unlängst in Wien stattgefundenen Podiumsdiskussion zum Thema „TV als Miterzieher” wurde diese Idee von den anwesenden Eltern sehr begrüßt.

Halten wir nochmals fest: Das mangelnde Interesse der heranwachsenden Generation an gesellschaftlichen Problemen einerseits und die dringende Notwendigkeit andererseits, sie auf ihre kommende Verantwortung vorzubereiten, müßten für den ORF eine Herausforderung sein.

Im Rahmen seines ihm vom Gesetz her zukommenden Bildungsauftrages wäre von den Programmverantwortlichen diese Chance zu nützen. Bedenken, damit ins parteipolitische Kreuzfeuer zu kommen, wären um der Sache willen auszuklammern.

Wenn die künftigen Jungwähler ausreichend informiert sind und sich daher selbst eine Meinung bilden können, brauchen sie sich nicht als nur ein vor jeder Wahl gehätscheltes „Stimmvieh” zu fühlen. Sie wären motiviert, in der Gesellschaft Verantwortung zu tragen und hätten Verständnis für die Probleme.

Ein Nichtverstehen der Zusammenhänge jedoch birgt Konfliktstoff in sich und könnte die Jugend anfällig machen für falsche Ideologien. Oder, was genau so furchtbar wäre, die Gleichgültigkeit gegenüber dem, was auf unserem Erdball geschieht, würde weiter um sich greifen.

Die Autorin ist seit drei Jahren Mitglied der Hörer- und Sehervertretung im ORF.

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