Ein politisches Programm, ein Bekenntnis, mehr als nur ein Schlagwort! -Wenn schon eine Chance, wozu? Besser zu leben, mehr zu verdienen oder aber die Möglichkeit, das Leben der Gemeinschaft sinnvoll mitzugestalten?
Eine Fülle von Fragen! Die eine Frage wird jedermann, sicher ohne nachzudenken, mit „Ja“ beantworten, einfach weil es „in“ ist, positiv besetzte Begriffe wie „Jugend“ und „Chance“ zu bejahen.
Es gibt viele mögliche Bereiche, der Jugend eine Chance zu geben. So hat z. B. der Mittelschülerkartellverband (MKV) seine Mitglieder dazu angehalten und motiviert, an der Schülermitbestimmung und der Schülerselbstverwaltung mitzuwirken und dadurch die ihm anvertraute Jugend zur gelebten Demokratie hingeführt.
Für einen katholischen Verband, der sich voll und ganz zu unserem demokratischen Staatswesen bekennt, ist dieses gesellschaftspolitische Engagement sicherüch eine Selbstverständlichkeit. Für einige unserer Mitbürger allerdings ist es bis heute noch nicht einsichtig, daß Schüler außer zu lernen in der Schule auch etwas anderes tun dürfen.
Der Jugend eine Chance geben, sich schon in der Schule als Partner der Eltern und Lehrer zu fühlen und von ihnen und den Behörden auch als Partner ernst genommen zu werden, ist die beste Garantie dafür, daß sie dann als erwachsene Menschen bereit sind, mit positiven Akzenten die Gesellschaft mitzugestalten, z. B. in der Politik als Vertreter der diversen Gruppierungen oder auch im Beruf als Sozialpartner.
Lange genug hat es gedauert, bis man sich dazu durchgerungen hat, die mit dem Schulunterrichtsgesetz 1974 eingeführte Schuldemokra-
tie auch für den überregionalen Bereich bundesgesetzlich vorzusehen. Seit 1970 ist der MKV für eine gesamt-österreichische Schülervertretung eingetreten und hat seit dem Schuljahr 1971/72, ab dem ein Bundesschülerbeirat - allerdings auf Ermessensbasis des Unterrichtsministers - eingerichtet wurde, auch in der überregionalen Schülervertretung verantwortungsvoll mitgearbeitet.
Dieser Tage hat nun der Unterrichtsminister ein
Schülervertretungsgesetz angekündigt. Es wird sich weisen, ob dadurch der Jugend eine Chance gegeben
oder nur ein Alibi geschaffen wird.
Der Jugend eine Chance: das gilt aber auch für den wirtschaftlichen Bereich! Gerade jetzt in der sogenannten stillen, besinnlichen, vorweihnachtlichen Adventzeit werden vor allem auch die Jugendlichen als Konsumenten von der Wirtschaftswerbung umgarnt. Es wird versucht, das Kaufverhalten der Jugendlichen auf das Angebot auszurichten und die nicht unbegründete Hoffnung gehegt, daß die Jugendlichen ihre Ersparnisse oder, so sie schon berufstätig sind, die Löhne bzw. Gehälter möglichst ein-
schließlich der Weihnachtsremuneration in die Wirtschaft pumpen.
Gibt man damit aber wirklich der Jugend eine Chance, z. B. zu lernen, preisbewußt einzukaufen, verantwortungsbewußt zu wirtschaften, nur so viel auszugeben, als man sich wirklich leisten kann? Exempla trahunt...
Ich glaube, es müßte auch im Interesse der Wirtschaft liegen, nicht nur bei Gehaltsund Lohnforderungen das Verantwortungsbewußtsein der Sozialpartner zu beschwören, auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft Bedacht zu nehmen. Vielmehr dürfte gerade in einer kaufintensiven Zeit nicht nur an die Umsatzhöhe gedacht werden, sondern auch der Bevölkerung und insbesondere der Jugend vor Augen geführt werden, daß niemand über seine Verhältnisse kaufen soll!
Gerade diese Investition an gutem Beispiel würde sicher ihre Früchte tragen. Die Jugend begreift nämlich sehr schnell, ob sie ernst genommen wird, und achtet sehr wohl darauf, wer glaubwürdig zu argumentieren imstande ist, weil er nicht Wasser predigt und Wein trinkt!
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Alternativen entwickeln!
Als Lehrer an einem Oberstufenrealgymnasium begrüße ich es, daß Sie in der FURCHE mehr auf Fragen der Jugend und der Studenten eingehen wollen. Wie ich selbst in einer Maturaklasse feststellen konnte, kommt die FURCHE mit ihrer neuen Linie, die einer Vielfalt von Meinungen Ausdruck verleiht und brennenden 1 Fragen nicht ausweicht, gut an. Wenn Sie in dieser Richtung weiterarbeiten, könnten Sie unter der studierenden Jugend sicher noch mehr Leser gewinnen.
Als Steirer freut es mich besonders, daß Sie der Berichterstattung über die Steirische Akademie breiten Raum gegeben haben. Ich hatte Maturanten an Hand der „Steirischen Berichte“ zum Thema „Umkehr in die Zukunft“ mit den Problemen bekanntgemacht und nach dem Besuch einiger Vorträge konnte ich ihnen diese Nummer der FURCHE übergeben.
Dazu von mir noch einige Anmerkungen: Christen bekennen im Credo ihren Glauben an das ewige Leben. Dieser Glaube wird aber nur dann überzeugen, wenn wir auf allen Ebenen unseres begrenzten irdischen Lebens stärkere Gegenkräfte t=Alternativen) gegen das Böse, das immer ein Angriff auf das Leben ist, entwickeln. Das überaus reiche Leben im Boden, Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Menschen sind unserer Pflege anvertraut, sie sind kein Objekt der Ausbeutung und Vernutzung.
Wer gegen die Inbetriebnahme des AKW Zwentendorf gestimmt hat, möge seine Einstellung zum Leben in allen Bereichen überdenken und seinen Lebensstil überprüfen!
Danke für Ihre Berichte über die Initiativen des Katholischen Akademikerverbandes in Wien, der sich nach dem Tode Otto Mauers damit wieder mehr profilieren konnte. Mit Interesse lese ich auch Ihre Buchbesprechungen. Sehr gut fand ich die Rezension des Buches von Herbert Haag: „Ist das Böse unvermeidlich?“ Das Böse, ob nun personal oder in Strukturen verdichtet, bleibt wohl ein unergründliches Geheimnis und ist mit dem Hinweis auf die Freiheit des Menschen, die ihm ja von Gott gegeben ist, auch nicht befriedigend zu lösen ...
Bringen Sie bitte noch mehr Besprechungen von theologischen Büchern, die zur Stellungnahme provo-
zieren, oder auch Resümees von wichtigen Zeitschriften!
Professor Gunther Tomitza, 8010 Graz
Wachstum m Arbeit
In dem Artikel „Aufstand der .Grünen'“ las man: „Wirtschaftswachstum aber garantiert Gewinne für Unternehmer und Lohnsteigerungen für die Arbeitnehmer ...“
Dieser Satz ist völlig unzulänglich. Wirtschaftswachstum garantiert vor allem Löhne überhaupt, und das heißt nichts anderes als Arbeitsplätze! Ohne Wirtschaftswachstum keine Arbeitsplätze, nicht mehr und nicht weniger!
Dr. Friedrich Reitlinger 6232 Münster (Tirol)
„Rooming-In“
Am 3. November schrieb Frau Renata M. Erich über das „Rooming-In“, welches Herr Primarius Rocken-schaub in seinem Wiener Spital begonnen hat. Dazu möchte ich mitteilen, daß „Rooming-In“ bereits in anderen österreichischen Spitälern praktiziert wird. Aus persönlicher Information kann ich nennen: Krankenhaus Oberndorf und Diakonissen-Krankenhaus (Salzburg).
Univ.-Prof. Dr. F. Schweiger 5020 Salzburg
Priesternachwuchs
Zum Artikel „Was heißt Priestermangel“? eine kurze Antwort. Ich pflichte Herrn Mag. Sigfried Peter bei, wenn er sagt, die Entwicklung gehe vom „hochwürdigen Pfarrherrn“ zum unscheinbaren Pastoralassistenten ... und es würden sich schon Leute finden, die die Funktion und Aufgabe des Pfarrers übernehmen werden. Den letzten Satz kann ich aber nicht bejahten, es sei denn, die Pastoralassistenten wirkten so segensreich wie die Bewohner von Lu, Italien, die durch ihr unablässiges Beten mehrere hundert Priester und Ordensberufe der Kirche schenkten. Diese einfachen, gläubigen Leute wußten, daß der Priester hochwürdig und ein Geschenk des Himmels ist...
Josef Wagner 8332, Edelsbach
Jugend im Konflikt
Ohne Zweifel befindet sich ein Großteil der Jugendlichen in einem Konflikt, dessen Lösung sie nicht selten in Radikalismus und Gewalt zu sehen glauben.
Der weitaus harmlosere Versuch einer Änderung besteht in der Forderung nach Lebensqualität, Konsumverzicht, Demokratisierung der Demokratie und vielen anderen Schlagwörtern, die zur Zeit en vogue sind. Konkret ist damit gemeint, daß das Leben der Zukunft komplizierter wird und daß lebensnotwendige Denk- und Verhaltensanweisungen zu entwickeln sind, welche den zukünftigen Tatbeständen gerecht werden.
Wir befinden uns heute in einem Stadium, da wir dem Verlangen, asketische Einschränkungen auf uns zu nehmen, und einer Beschränkung der Industrialisierung und Umweltverschmutzung durchaus nachkommen könnten.
Ein „Zurück zur Natur“, ein einfaches Leben kann es deshalb nicht geben, weil das eine Veränderung des Bewußtseins oder der ökonomischen Verhältnisse zur Voraussetzung hätte, und außerdem einen Rückschlag, was nicht realisierbar wäre, mit sich bringen würde.
Es sollten Einschränkungen und Verzichte die Folgerung eines schrittweisen Denkwandels der Menschen sein. Die Zukunft könnte somit nur durch einen geistigen Durchbruch erobert werden, wobei man Zweifel an der Möglichkeit nicht außer Betracht lassen darf, da ein oberstes Gebot verantwortliches Handeln ist.
Das Ziel wäre nun, einen Ubergang vom gefährlichen Wachstum in einen Gleichgewichtszustand zu schaffen, was zweifellos politische und soziale Spannungen, aber auch psychische Belastungen mit sich bringen würde. Ein Denkumschwung vollzieht sich jedoch nicht plötzlich. Deshalb sollten hier schon erste Ansätze in der Erziehung gemacht werden. Ein Beispiel, wie weit wir schon in Sog des Überflusses geraten sind, zeigen uns die Kinder, welche oft in erster Linie finanziert und erst in zweiter Linie erzogen werden ...
Maria Nekam, 1160 Wien
Wohngemeinschaft
Wir sind eine Wohngemeinschaft in Wien und erhielten durch Zufall den FURCHE-Bericht vom 24. November zu diesem Thema.
Eine positive Bewältigung der Gegenwart und somit eine Chance für unsere Zukunft sehen wir in der Durchsetzung alternativer Lebensformen. Darunter verstehen wir sanfte Technologie (eine lebensnahe Technik), ein Durchdenken und schrittweises Erneuern des gesellschaftlichen Zusammenlebens und eine Politik, die vom einzelnen direkt zum Vertreter der Demokratie führt.
Gewalt und Apathie als Reaktion auf Fehler der Wohlstandsgesellschaft führen zu totalitären Staatsformen und zeigen einen Mangel an Verständnis für den Mitmenschen wie auch für die demokratischen Grundrechte.
Otmar A. Friedrich, Supervisor der Wohngemeinschaft Wien-Linzer-Straße
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