Gegengewicht zum Spektakelkult

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Eine Trademark der Furche, die sie aus guten Gründen stets gepflegt hat, sind ihre regelmäßigen Kolumnisten: Personen, die etwas zu sagen haben und der Zeitung über mehrere Jahre (oder gar Jahrzehnte) hinweg - auch buchstäblich - ein Gesicht geben; die nicht unbedingt die Blattlinie vertreten oder auf dem Boden der selben Tradition wie die Furche stehen müssen, die aber jedenfalls den geistigen Anspruch des Blattes sowie in ihrer Gesamtheit dessen Dialogfähigkeit und Breite widerspiegeln sollen. Jenen Autorinnen und Autoren, die derzeit zu diesem Kreis zählen, wollen wir daher zum Jubiläum eigens Raum geben: Wir haben sie gebeten, in wenigen Sätzen darzulegen, "warum ich für die Furche schreibe".

Trautl Brandstaller

Publizistin und Dokumentarfilmerin

Eine Wochenzeitung, die so alt ist wie die Zweite Republik, ist an sich schon ein Unikat. Und zwangsläufig ein Spiegelbild sozialer, politischer, kultureller Entwicklungen. Die Furche war bis in die Siebzigerjahre heftig in die innenpolitischen Grabenkämpfe der Republik involviert, im "linken" wie im "rechten" Lager umkämpft, als "links-" oder "rechtskatholisch" punziert, durch personelle Maßnahmen "zugepflügt", wenige Jahre später wieder "aufgepflügt".

Mit dem Schwinden der alten "Lager" schien sie der österreichischen Politik manchmal seltsam entrückt. In der immer lauter werdenden Medienlandschaft bleibt die Furche altmodisch ruhig, ein Gegengewicht zum Spektakelkult der Spaßgesellschaft. Vielleicht könnte man sich da und dort noch mehr kritische Distanz zu Regierung und Kirchenführung wünschen, vielleicht würde mehr Diskussion und Kontroverse nicht nur die Auflage, sondern auch das Demokratie-Bewusstsein steigern. Wünschen könnte man sich einen verstärkten Blick über die Grenzen, wünschen könnte man sich auch eine wöchentliche "Europa-Seite".

Aber man soll nicht unbescheiden sein. Im enger werdenden Meinungsspektrum bietet die Furche ein Maximum an Meinungsfreiheit. Zensur findet auch im Fall des Abweichens vom Mainstream nicht statt. - Braucht es noch mehr Argumente, um in der Furche eine Kolumne zu schreiben?

Michael Bünker

Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

Haltung der Anerkennung

Ja, es stimmt: Ich schreibe nicht bloß in der Furche, sondern für die Furche. Aus drei Gründen: Der erste Grund ist Respekt und Dankbarkeit für die Persönlichkeiten, die für mich den Geist der Furche verkörpern. Stellvertretend für viele nenne ich den Namen von Friedrich Heer. Mit ihnen steht die Furche seit sechzig Jahren für einen österreichischen Katholizismus, den selbst ein Evangelischer als Partner, ja als "großen Bruder" bezeichnen kann.

Der zweite Grund ist ein bisschen sperrig: Die Furche versteht sich selbst laut Offenlegung als eine "von der christlichen Weltanschauung geprägte Qualitätszeitung". Bekanntlich hat der Protestantismus traditionell Vorbehalte gegenüber einer "christlichen Weltanschauung". Aber genau aus diesem Grund ist es wertvoll, wenn diese Vorbehalte durch die ständige Mitarbeit eines Vertreters oder einer Vertreterin von evangelischer Theologie und Kirche zumindest dann und wann laut werden können, was meist durch streitbare und angreifbare Beiträge geschieht.

Der dritte Grund: Es ist für eine christliche (katholische oder evangelische) Zeitung nicht selbstverständlich, einem Vertreter der Schwesterkirche einen festen Platz einzuräumen. Die Furche tut das schon seit vielen Jahren und zeigt damit eine Haltung, welche die Anderen nicht als Fremdes und Bedrohung sieht, sondern anerkennt und respektiert. Diese Haltung brauchen wir zwischen den Kirchen und Religionen und ganz besonders in unserer Gesellschaft. Das sind drei Gründe, warum ich gerne für die Furche schreibe.

Theo Faulhaber

Wirtschaftspublizist

Sich frech zur Qualität bekennt ...

Ein Mensch erblickt das Licht der Welt, / doch bald hat sich heraus gestellt, / nach manchem trüb' verbrachten Jahr, / dass meist der Medienkommentar / die Welt nicht darstellt, wie sie ist, / worauf der Leser traurig ist.

Eifrig sucht er nun und munter, / die Infos werden immer bunter, / der Schwachsinn fröhlich Urständ feiert, / der Level sinkt, die Sprache leiert, / was soll man lesen denn und glauben - / wo ist die Zeitung der "vier Hauben"? / Wo die Berichte sind fundiert, / wo man den Leser nicht frustriert, / wo Bildung durch die Zeilen leuchtet / und Wissen jeden Absatz zeichnet? / Wo Toleranz steht neben Werten, / und Hoffnung lindert Info-Härten?

Ein Mensch der Welten Licht erblickt - / und bald schon herzlich ihn entzückt / ein Blatt, worin man liest so gern, / denn darin findet man den Kern, / der diese Welt und uns bewegt, / und jede Info wird belegt. / Sich frech zur Qualität bekennt / das Blatt, das man Die Furche nennt. / Drum lasst uns freudig Leser bleiben / und eifrig für sie weiter schreiben!

Hubert Feichtlbauer

Freier Publizist

Sonden in Kirche und Staat getrieben

Die Furche habe ich regelmäßig gelesen, seit sie nach ihrer Gründung auch in Westösterreich erhältlich war. Von Anbeginn an war sie für mich Inbegriff von Tiefe und Weite. Sie trieb Sonden in Kirche und Staat, die weit unter die Oberfläche von Sonntagspredigten und Wahlreden schürften. Sie pflegte den Diskurs mit jenen, denen bisher nur Ablehnung, Missachtung oder doch Nichtbeachtung gegolten hatten: politischen Gegnern, Anders- und Nichtgläubigen, der Welt jenseits von Brenner und Neusiedlersee, Ganges und Nil.

Das Zweite Vaticanum war für wache Nachkriegschristen keine Überraschung, sondern dankbar empfundene Bestätigung für vieles, was die Furche längst vertreten hatte: kritische Offenheit und Toleranz (nicht Indifferenz!), Neugier auf Andere und Anderssein, fakultätsübergreifende Weltschau à la Teilhard de Chardin, Ökumene und Religionsverbund, Weltverantwortung aller Christen.

Selten können Medienkommentare Meinung bilden, wohl aber Meinung bestätigen, differenzieren, ausweiten helfen. Deshalb sind Zeitungen, die alle alles sagen lassen, erfahrungsgemäß kein Lesererfolg. Die Konfrontation unterschiedlicher Sichtweisen innerhalb eines zumutbaren Meinungsspektrums aber ermöglicht Reifen im Urteil, Ermunterung der Engagierten, Hoffnung auf Zukunft. Darin liegt für mich der Sinn von Dialog, dem Kolumnisten dienen. An einem solchen wirke ich auch auf meine alten Tage gelegentlich noch gerne mit.

Karl-Markus Gauß

Essayist und Literaturkritiker

Ohne Empörung oder Grimm zu lesen

Ich bin ein fleißiger Arbeiter. Im Laufe eines Jahres kommt da einiges zusammen; heuer sind es immerhin schon 22 verschiedene Zeitungen und Zeitschriften des deutschen Sprachraums, in denen meine Kritiken, Glossen, Essays, Reisegeschichten erschienen. Und dass es mir möglich ist, beispielsweise auch auf dem Flaggschiff des Kapitals, der faz, das Meine zu platzieren, ist eine feine Sache.

Wenn ich all die Zeitungen, in denen ich veröffentliche, selber lese, habe ich jedoch meistens den Eindruck, meine Beiträge dort gewissermaßen als Schmuggelgut untergebracht zu haben. Ein solcher Schmuggler zu sein, ist eine literarisch und politisch durchaus ehrenwerte Sache, aber um moralisch zu überleben, brauche ich manches Mal auch das sichere Gefühl, mich nicht immer nur durch fremdes Gelände zu bewegen. Ich muss also auch für ein paar Zeitungen schreiben, die ich selber ohne Empörung oder Grimm zu lesen imstande bin. Das ist bei der Furche der Fall, nicht zuletzt, weil hier soziale Themen noch gründlich und engagiert verhandelt werden, die in vermeintlich aufgeklärten Gazetten längst keine Rolle mehr spielen.

Und das "Christliche"? Das wird so pointiert und offen zugleich diskutiert, dass es auch den Atheisten angeht, der leider aus mir frommem Ministranten geworden ist. Kurz, ich schreibe für die Furche, weil sie mir, je rauer die Zeiten wurden, als Leser umso wichtiger geworden ist.

Hans Peter Halouska

ÖAMTC-Generalsekretär

Furche-Leser lesen selbst

Wie bin ich zur Furche gekommen? Ganz unspektakulär. Nach Jahren als Wirtschaftsjournalist (zuletzt bei der Krone) war ich ins Verlagsmanagement gewechselt und nahm gerne die Einladung an, wöchentlich einen wirtschaftspolitischen Kommentar zu schreiben. Mit dem damaligen Geschäftsführer der Furche, Walter Schaffelhofer, verband mich zudem die gemeinsame Schulzeit und die ksj (Diözesansekretär war damals übrigens Wolfgang Schüssel).

Richtig schätzen gelernt habe ich die Furche erst durch meine Tätigkeit für sie. Ich kann mir interessant erscheinende Themen aufgreifen, auch wenn sie deutlich außerhalb des aktuellen Mainstreams liegen. Ich darf eigenwillige Standpunkte vertreten, ohne auf bestimmte Gruppen oder Geschäftsinteressen Rücksicht nehmen zu müssen. In mehr als zwei Jahrzehnten gab es keine einzige inhaltliche Einflussnahme, keinen einzigen diskreten Hinweis, dass ich dies oder jenes doch besser nicht schreiben solle.

Es tut auch gut, zu beobachten, dass in der Folge der eine oder andere unkonventionelle Gedanke in anderen, weit größeren Medien wieder auftaucht - sicher reiner Zufall und daher folgerichtig ohne Quellenangabe...

In Kenntnis der Auflage der Furche erstaunt es mich immer wieder, wie oft ich auf meine Beiträge für diese Zeitung angesprochen werde. Für Furche-Leser gilt demnach mit Sicherheit nicht das bekannte Bonmot "Bestseller sind Bücher, die jeder gelesen hat - nur nicht selbst". Furche-Leser lesen ihre Furche selbst.

Gudrun Harrer

Außenpolitik-Ressortleiterin des "Standard"

In guter Gesellschaft

Einfacher ist es ja, zu sagen, was nicht die Gründe sind, warum man für die Furche schreibt: Also ehrlich, die pekuniäre Seite ist durchaus zu vernachlässigen, an Unterbeschäftigung leide ich auch nicht. Und den eigenen Namen in der Zeitung zu sehen, gibt auch nicht mehr den Kick wie vor soundsovielen Jahren.

Wobei es bei mir so war, dass ich fast gleichzeitig zum Karrierebeginn beim Standard, damals als so genannte Freie, auch für die Furche Artikel geliefert habe; dann war lange nichts, und jetzt bin ich eben zurückgekehrt. Hoffentlich heißt das nicht, dass sich der Kreis schließt, dazu wäre es etwas zu früh. Jedenfalls habe ich nicht lange überlegt, als ich gefragt wurde. Als Furche-Kolumnistin befindet man sich ja in guter Gesellschaft, da muss man sich nicht genieren. Was auch nicht in allen journalistischen Gesellschaften der Fall ist.

Als ich von den ersten Personen, die mich in der Furche gelesen hatten, darauf angesprochen wurde, dachte ich: Da schau her, da gibt es ja so etwas wie einen Klub. Mittlerweile ist es so, dass, wenn Furche-Chefredakteur Rudolf Mitlöhner einmal seine monatliche Erinnerungs-Mail an mich vergisst, ich fast ängstlich rückfrage: Wollen Sie mich nicht mehr? Und dann brav mein Stück abliefere, erleichtert, nicht aus dem Klub ausgestoßen worden zu sein.

Oswald Panagl

Professor für Sprachwissenschaft

Schürft tief, zieht nachhaltige Spur

Was bewegt einen Universitätslehrer dazu, gelegentlich die Adressaten und das Medium seiner Tätigkeit zu wechseln? Was motiviert einen Linguisten, sich nicht nur an seine Studierenden zu wenden, nicht bloß Aufsätze für Fachkollegen zu schreiben, sondern Sprachglossen einem anderen Forum vorzustellen? Sicher nicht die Absicht, als Sprachpolizist verbale Sünder abzumahnen oder virtuelle Strafmandate zu verteilen.

Dagegen ist es reizvoll, Erkenntnisse über die Grenzen des Hörsaals hinauszutragen und an einen breiteren Leserkreis zu richten: nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern spielerisch, augenzwinkernd und mit dem Wunsch, den vermittelten Fakten auch unterhaltsame Züge zu verleihen. Mag es sich dabei um verschollenes Wortgut, um Eskapaden der Sprachgeschichte, um Fehlerpsychologie oder die Magie von Modewörtern handeln. Belohnt aber wird der Kolumnist, wenn er über Fragen und Hinweise in einen Dialog mit seinem Publikum tritt.

Auch der Name dieses Blattes macht den Sprachforscher nachdenklich und lädt zu semantischen Überlegungen ein. Das Wort "Furche" reicht bis in das älteste Deutsch zurück. Es weist Parallelen im Lateinischen und Keltischen auf, gehört also zum archaischen Vokabular des Ackerbaus. Doch welche Konnotationen löst es im Titel einer Wochenzeitung aus, die sich nicht als landwirtschaftliches Fachorgan versteht?

Zunächst enthält der Ausdruck ein bodenständiges, wertkonservatives Moment, wie es etwa auch dem Wort "Kultur" anhaftet. Dazu gesellt sich freilich ein kritisch-dynamisches Merkmal: Denn der Pflug, der das Erdreich wendet und aufwühlt, schürft tief, bringt Verborgenes zutage und zieht eine nachhaltige Spur. Da aber der aufbereitete Boden die Saat aufnimmt, schwingt im Bedeutungshof des Wortes endlich auch ein hoffnungsvoller Zukunftsgedanke mit.

Peter Pawlowsky

Freier Publizist

Christlich, offen, liberal

Nach einer vielleicht überspitzten, dennoch zutreffenden Definition ist Österreich ein Land, das immer katholisch sein wird, selbst wenn niemand mehr etwas glaubt. Diesem tief eingewurzelten Kulturkatholizismus ist seit der Gegenreformation wenig entgegengesetzt worden. Die Furche bringt das Kunststück fertig, diese Tradition zwar im Auge zu behalten, sie aber zugleich der Kritik auszusetzen. Sie lässt sich weder von Politikern noch von Kirchenhäuptern hindern, hinter die Kulissen der landläufigen Weltanschauung zu blicken, auch auf die Gefahr hin, dass Gerümpel zum Vorschein kommt. Das ist mutig und ein guter Grund, in der Furche zu schreiben.

Zwei weitere Gründe sehe ich darin, dass die Furche Kultur noch als Lebensmittel anbietet - für Effekt und Event gibt es andere Blätter genug; und dass hier der Politik soziale Verantwortung zugemutet wird. Wenn Sozialisten nicht mehr sozialistisch und Christlichsoziale nicht mehr sozial sind, tut es gut, in der Furche zu schreiben. In diesem Blatt ist - unserer bedenklichen Tradition zum Trotz - christlich zu denken kein Widerspruch zu Offenheit und Liberalität.

Bernhard Pelzl

Wissenschaftlicher Direktor Joanneum Research, Graz

Feineres Gehör, längeres Gedächtnis

Es gibt viele Möglichkeiten die Welt mitzugestalten. Es gibt aber nur wenige Möglichkeiten mit Stimme am intellektuellen Discours teilzunehmen, in dem das, was geschieht und was Menschen gestalten, reflektiert und geprüft wird. Eine dieser Möglichkeiten ist, als Publizist zu arbeiten. Ich glaube, das ist der Hauptgrund, warum ich so lange diesen Beruf ausgeübt habe.

Inzwischen arbeite ich nicht mehr als Publizist, sondern leiste einen größeren Beitrag zur Gestaltung der österreichischen Welt durch das Management von Forschung. Leider gibt es dabei fast keinen intellektuellen Discours. Mir ist aber beides sehr wichtig: die Gestaltung der Welt durch Forschung und der Discours darüber. Deshalb wollte ich auch wieder ein bisschen Publizist sein, und das hat mir die Furche mit der monatlichen Kolumne "Hohlspiegel" ermöglicht. (Im Hohlspiegel kann man aufgrund des Spiegelungsverhaltens reelle Dinge entdecken, die man ohne Hohlspiegel nicht erkennen würde.)

Dass ich gerade über die Furche am Discours teilnehmen kann, ist wirklich ein großes Glück für mich. Denn die Furche repräsentiert jene Menschen im Land, die ein feineres Gehör, ein feineres Gewissen, ein längeres Gedächtnis, mehr Mut und mehr Bekenntnis haben als die anderen und deren Nachdenken am Heil der Welt orientiert ist. Deshalb passt die Furche als Zeitung besser zu meiner Hoffnung als jede andere Zeitung. Meine Kolumne verbindet mich in einer besonderen Form mit diesen Menschen, zu denen zu gehören ich mich bemühe. Das heißt, in der Furche zu schreiben, macht meine irdische Existenz vollkommener.

Klemens Renoldner

Literaturkritiker

Engagierte Diskussionen

So lange ich mich erinnern kann, gab es bei uns zu Hause die Furche. Auf meine Frage, warum wir denn diese "katholische Furche" abonniert hätten und nicht z. B. die in meinen (damals etwa zwanzig Jahre alten) Augen "viel kritischere Zeit", antwortete mein Vater, er habe sich nach seiner Heimkehr aus der russischen Gefangenschaft ein Bild gemacht, welche neuen Zeitungen es in Österreich gebe, und damals habe er sich u. a. für die Furche entschieden.

Die Furche lag bei uns meist am Wohnzimmertisch und wurde sogar gelesen. Als Gymnasiast besuchte ich bei Hubert Feichtlbauer einmal ein Seminar für Redakteure von Schülerzeitungen. So ein Zeitungsmensch gefiel mir. "Seine" Zeitung rührte ich aber nicht an. Im Februar 1980 lernte ich Friedrich Heer kennen und wurde sein jüngster Kollege in der Dramaturgie des Burgtheaters. Seine ausladenden Erzählungen über die Furche veränderten meinen Blick.

Seit zwölf Jahren lebe ich nicht in Österreich. Zu Besuch bei meiner Mutter durchforstete ich jedes Mal die letzten Furchen, die sie in einem mit einer schmutziggelben Plastikschnur bespannten Zeitungsständer aufbewahrte. Als ich eingeladen wurde, für die Furche zu schreiben, habe ich ja gesagt. Als Autor der Furche habe ich nicht nur exzellente Kolleginnen und Kollegen, sondern ich schreibe auch für ein Blatt, das in Politik, Sozialem, Wirtschaft und Kultur eine engagierte und niveauvolle Diskussion anregt. Es gibt nicht viele österreichische Zeitungen, denen das gelingt.

Martina Salomon

Innenpolitik Ressortleiterin der "Presse"

Nachdenklich und werteorientiert

Auf den ersten Blick befremdlich: So stellte sich für manche Außenstehende mein schreiberisches Engagement für zwei Zeitungen dar. Zu Beginn waren das Furche und Standard (jetzt ist es die Presse). Wie passt denn das zusammen? Es passte und passt noch immer. Ich schätze an der Furche ihre Offenheit, ihre Nachdenklichkeit, aber auch ihre Werteorientiertheit. Interessante Interviews, spannende Streitgespräche, immer wieder gute Kommentare. Speziell in der bildungspolitischen Debatte hat die Furche nicht selten die Nase vorn. In diesem Umfeld werden Themen ernsthaft und nicht nur oberflächlich diskutiert, Marktschreierisches bleibt draußen.

In den vier Jahren meiner Kommentatorentätigkeit hat mich immer wieder überrascht, wie oft ich von Furche-Lesern auf die Kolumne angesprochen wurde. Zeitweise schien es mir, als gäbe es mehr Furche- als Standard-Leser. Oder liegt es daran, dass ich hier weniger über "harte" Politik schreibe, sondern auch versuche, den Alltag, das Leben einzufangen? Auch das, denke ich, ist ja eine wichtige Aufgabe der Furche: jene Themen aufzuspüren, die die Tageszeitungen achtlos links liegen lassen. Das gelingt ihr immer wieder, und nicht nur deswegen ist es eine Freude und Ehre, hier schreiben zu dürfen.

Helmut Schüller

Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger

Geschärfter Blick

"Wir müssen tiefer ackern", warnte einmal ein Träger hoher kirchlicher Verantwortung vor einem zu technischen und "ungeistlichen" Ansatz in der Frage von Reformen in der Kirche. Soweit damit nicht die Aussperrung des - auch von Gott gegebenen - Hausverstandes und des Gespürs der Getauften gemeint ist, wird man die Warnung ernst nehmen müssen.

Die Furche will als Medium "tiefer ackern". Oder, um im Bild zu bleiben: wöchentlich soll mit ihr eine möglichst tiefe Furche durch den Acker der gesellschaftlichen und kirchlichen Fragen gezogen werden. Schon seit langem nehme ich die Furche in der Erwartung zur Hand, zu den vielen in den Tagesmedien und Tagesgesprächen flüchtig und knapp angesprochenen Fragen und Themen den Blick für deren Vielschichtigkeit und Komplexität geschärft und Fährten zu noch mehr Information gelegt zu bekommen. Und viel häufiger als die Erwartung enttäuscht worden ist, hat sie sich erfüllt.

So habe ich vor einiger Zeit gerne die Einladung angenommen, an diesem zugleich riskanten wie notwendigen Versuch eines tieferen Furche-Ziehens in einer Kolumne mitzuwirken. Seither habe ich noch mehr Respekt vor der Mühe der wöchentlichen Herausgabe einer möglichst tief geackerten Furche. Der Bedarf danach wird nicht weniger werden. Hoffentlich auch nicht die Bereitschaft zu dieser Mühe.

Daniela Strigl

Literaturkritikerin

Eros des klaren Wortes

Zur Zeit lese ich Friedrich Heers Roman "Der achte Tag" aus dem Jahr 1950 - eine christliche Propagandaschrift im Sience-Fiction-Gewande, teils technisch-nüchtern, teils flammend pathetisch, jedenfalls faszinierend als Dokument eines geistigen Aufbruchs nach dem Krieg. Eine Figur resumiert darin die Glaubensdebatten des 20. Jahrhunderts. Man habe über alles diskutiert, nur nicht über das Eine: "wie soll das Sprengkorn Gottes, das Dynamit des Heiligen Geistes, der Zeit und ihrer Not gemittelt werden?" Man habe bloß in schönen Worten gesprochen, die "jede Bezugnahme auf das ganz Konkrete, ganz Nahe, klug oder verlegen, schüchtern oder dreist, meiden". Deshalb würden die Massen die Christen verachten, als "die Falschmünzer par excellence", die im Besitz der Wahrheit, jedoch nicht imstande seien, "die räudigen Verhältnisse dieser Erde auch nur um ein Gran zu bessern".

Ich schreibe für die Furche, weil es für mich eine Ehre ist, für die Zeitung eines Friedrich Heer zu schreiben. Ich schreibe für die Furche, weil dort, im Sinne Heers, intellektuelle Sprengkraft ohne konfessionelle Scheuklappen freigesetzt wird, weil man dem Eros des klaren Wortes frönt, das Konkrete nennt und das ganz Nahe nicht übersieht, nicht nur im Feuilleton, das heute in der ersten Liga spielt, sondern auch im politischen Teil. Ich schreibe für die Furche, weil man sich dort mit den "räudigen Verhältnissen dieser Erde" nicht zynisch abgefunden hat. Die Furche zahlt mit ehrlicher Münze.

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