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Information, Bildung, Unterhaltung: das sind die drei Wirkungsmöglichkeiten, das sind die drei Aufgabenbereiche des Fernsehens. Es mag der Einstellung und dem persönlichen Geschmack des einzelnen überlassen bleiben, welchen der drei Bereiche er für den wichtigsten halt. Eine verantwortliche Leitung des Fernsehens muß zwischen diesen drei Bereichen einen Ausgleich schaffen, der sowohl ihren eigenen Intentionen, der Bedeutung des Femsehens als heute bereits wichtigstes Massenbeeinflussungsmittel, und schließlich den Wünschen der Fernseher selbst entspricht. Es muß ein wohlausgewogener Ausgleich sein, bei dem nicht ein Interessenbereich auf Kosten des anderen dominiert. Eine ihrer Verantwortung bewußte Leitung kann sich auch nicht ausschließlich nur nach den Wünschen der Mehrheit oder einem quantitativen Durchschnitt der Zuseher richten, sie würde damit wahrscheinlich ihre erzieherische Aufgabe außer acht lassen. Sie darf solche Wünsche aber ebensowenig ignorieren, will sie nicht die notwendige Verbindung mit dem Fernsehpublikum verlieren.

So klar und eigenständig die oben genannten Aufgaben erscheinen, so wenig sind sie streng voneinander zu trennen. Sie fließen ineinander, die Information kann bildend, ja sogar unterhaltend wirken und die Unterhaltung wieder muß nicht verbildend oder grob gesagt verblödend, sie kann selbst auch bildend sein. Es soll Fernsehteilnehmer und Fernsehzahler geben, die ihren Apparat nur bei dien Nachrichtensendungen aufdrehen. Das ist eine gewiß sehr sparsame, ja puritanische Verwendung dieses Mediums, noch unverständlicher aber ist die Einstellung jener, die es auch geben soll, die ihren Apparat bei jeder Nachrichtensendung abschalten, sie wollen nicht wissen, was in der Welt vor sich geht. Die große Mehrheit aber, das haben einige Untersuchungen erwiesen, legen auf die Nachrichtensendungen besonderen Wert. In vielen Fällen sind diese Sendungen für sie die einzige Möglichkeit, sich über das aktuelle Geschehen zu informieren.

An ihren Nachrichtensendungen, an ihrer Nachrichtenpoli-tik wird die neue Leitung des österreichischen Fernsehens wahrscheinlich am kritischsten bewertet werden. Von den personellen Neubesetzungen nach der Neuordnung hat keine eine so kritische Beachtung gefunden, als die Bestellung des politisch sehr profilierten, bisher in Deutschland tätigen Journalisten Alphons Dalma zum zentralen Nachrichtenchef des Rundfunks. Von seiner Tätigkeit ist verständlicherweise in der kurzen Zeit noch nicht viel zu spüren, außer vielleicht in einer Straffung der einzelnen Nachrichten und im Wegfall wirklich unnötiger Hofnachrichten.

Information heißt aber nicht nur Nachrichten, sondern auch Kommentar. Hier hat das österreichische Fernsehen noch ein weites Feld vor sich. Als sich in der letzten Woche die Lage an der israelischen Grenze plötzlich sehr verschlimmerte, wäre es unbedingt notwendig gewesen, zum Verständnis der einzelnen Nachrichten auch einen ausführlichen Kommentar zu geben. Allerdings nicht vom anonymen österreichischen Fernsehen, sondern von einem versierten österreichischen Journalisten. Dieser Kommentar kann und wird sicherlich persönlich gefärbt sein, das macht so lange nichts, solange man ganz genau weiß, wessen Meinung man hier vorgesetzt erhält. Mit der persönlichen Meinung eines politischen Kommentators kann ich mich auseinandersetzen, nicht aber mit der Meinungsinfiltration eines anonymen Fernsehens. Vielleicht kommen wir einmal dazu, daß ein Großteil der Nachrichten und Kommentare die Redakteure, die diese Nachrichten und Kommentare verfassen, selber sprechen. Es ist immer ein ungutes Gefühl, einen telegenen Schauspieler einen Text ablesen zu sehen, mit dem ihn weiter nichts verbindet, als das Blatt Papier, das man ihm vor der Sendung gereicht hat.

Es wäre auch ferner zu überlegen, ob man nicht an ihre Stelle oder zumindest zu ihrer Ergänzung wöchentlich eine oder zwei Sendungen treten lassen sollte, bei der ein innen- oder außenpolitisch aktuell gewordenes Problem von einem Journalisten in großem Zusammenhang dargestellt wird, wobei man alle optischen Mittel, über die das Fernsehen verfügt, einsetzen sollte, Landkarten, Bilder, Ausschnitte aus Filmen, Kurzinterviews und dergleichen. Kurz, man sollte es beim Fernsehen so machen, wie man es bei einer jeden Zeitungsredaktion macht, in jeder guten zumindest. Dazu bedarf es natürlich ausgebildeter Journalisten. Wenn man der Meinung ist, wir hätten nicht genug davon, dann soll man einige junge Leute ausbilden lassen.

Zu solchen allgemeinen, aber nicht minder wichtigen Bemerkungen über Nachtrichten und Information beim Fernsehen ergab sich eine Möglichkeit nicht nur durch den größeren Platz, den die Redaktion in dieser Woche der Rubrik einräumte, sondern auch durch die Tatsache, daß in der abgelaufenen Woche das Berichtenswerte nicht dicht gesät war. Wir sahen zwei sehr gute Fernsehinszenierungen, beides deutsche Produktionen. In der Fernsehfassung des auch bei uns gespielten Theaterstücks „Ein Hauch von Blumen“ des britischen Autors James Saunders konnten wir wieder einmal feststellen, wie sehr gerade das Medium Fernsehen imstande ist, nicht nur seelische Regungen deutlich zu machen, sondern auch das Spiel zwischen Traum und Wachen, zwischen Realität und Irrealität. In „Der Würger von Boston“ von Leon Feuchtwanger wird uns, ähnlich wie bei Arthur Millers „Hexenjagd“, ein Fall von Hexenwahn in den puritanischen Kolonien Neuenglands erzählt. Mit Hinze Kaninen-berg und Cornelia Froboess waren hervorragende Schauspieler am Werk. Am Sonntag rückte das österreichische Fernsehen nach langer Zeit wieder einmal mit einer Eigenproduktion heraus, dem Volksstück „Leni“ von Juliane Kay. Es war der Festwochenbeitrag des österreichischen Fernsehens, wahrscheinlich deswegen, weil die Festwochen heuer unter dem Motto „Nachbarn an der Donau“ stehen und in diesem Stück ein Jugoslawe in sehr turbulenter Weise agiert. „Leni“ ist die etwas sentimentale Geschichte eines Wiener Mädchens mit zu viel Herz, das sich auf diese Weise drei ledige Kinder einwirtschaftet, das aber schließlich wie eine Löwenmutter um diese Kinder kämpft und die große Liebe und eine bürgerliche Existenz dafür ausschlägt. Elfriede Ott bewies in der Titelrolle, daß sie eine grandiose Schauspielerin ist und daß sie streckenweise den Mut zur Häßlichkeit besitzt.

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