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Vor dem Bildschirm

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„Die Schlüssel“, der eine Woche lang in aller Munde war, zeigte es sich -wieder einmal, daß eine allzu rührige Vorreklame auch zu einem Bumerang werden kann. Vor allem in der zweiten Folge dieses zwar verwirrend, aber durchaus nicht sehr logisch gebauten Kriminalreißers wurden an die Naivität der Zuschauer recht harte Anforderungen gestellt. Denn ein Mann wie der Modephotograph Eric Martin, der es allmählich wissen sollte, daß er nach der mysteriösen Ermordung seines Bruders einer zu allem entschlossenen Verbrecherbande gegenübersteht, dürfte sich in Wirklichkeit kaum so sorglos benehmen. An dieser Nahtstelle, von denen die Serie mehrere aufzuweisen hatte und die auch Regisseur Paul May nicht zu überdecken vermochte, zeigte es sich, daß Autor Durbridge Menschen um seiner Konstruktion willen in Handlungen preßt, die sie normalerweise nie begehen würden. Mangelnde Glaubwürdigkeit aber ist Gift für jede Kriminalstory, die sich damit der faszinierenden inneren Spannung beraubt. Anhäufung von Leichen, Schattensilhouetten, knarrende Treppen und sonstige Gruseleffekte bieten da kein ausreichendes Äquivalent. Wenn überdies die diversen Akteure durch betonten Augenaufschlag und auf hintergründigen Ernst getrimmte Gesichtsfalten ständig auffallend bemüht sind, sich verdächtig zu machen, so trägt dies auch nicht zur Lockerung des Ganzen bei.

VIEL UNTERHALTSAMER und realistischer sind da die von dem Wiener Schauspieler-Autor Fritz Eckhardt komponierten „Schwäbischen G'schichten“. Man spürt, daß hier der Alltag Pate gestanden ist mit Situationen, die dann auch voll entsprechender Konsequenz durchgeführt werden.

EINE WIRKLICHE FREUDE ist jedesmal die Begegnung mit Professor Otto König von der Biologischen Station am Wilhelminenberg. Selbst wenn er nicht auf dem Bildschirm erscheint — wie bei seiner ansprechenden Sendung „Tiere im Schnee“ —, ist man doch stets von der unaufdringlichen Gewandtheit, mit der er sein wissenschaftliches Metier sprachlich und gestalterisch präsentiert, gefesselt.

SEHR ZU BEGRÜSSEN und von erregender Intensität, an der so mancher Kriminalautor etwas lernen könnte, war die erste Folge der von Hellmut Andics ausgewählten und betexteten Serie „Männer und Mächte“. Die vom österreichischen Fernsehen in den USA gekauften 35 Stunden Wochenschau werden unter seinen Händen sicher zu einer Fundgrube attraktiv dargebotener Zeitgeschichte werden. Der Auftakt mit der historisch-politischen Betrachtung „Das war Stalin“ berechtigt jedenfalls zu dieser Hoffnung. Ein zufälliges Gespräch mit Diplomaten eines Ostblockstaates am Tage nach der Sendung ergab, daß diese doch wohl genauen Kenner der Materie voll des höchsten Lobes waren über die Art der Gestaltung und die Kommentare dieser für uns alle bedeutsamen Ereignisse. Sicher werden wir hier keine grundstürzenden, neuen politisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse sammeln können, aber vielen Gleichgültigen werden an Hand dieses lebendig verpackten, authentischen Materials die Augen über so manche ihnen bisher unbekannte Zusammenhänge geöffnet werden.

DER ANFÄNGLICHE DRANG von Industrie und Handel zur Werbung im Fernsehen scheint sich inzwischen spürbar gelegt zu haben. Die Werbetreibenden mutmaßen nämlich nicht ganz mit Unrecht, daß viele Fernseher die Werbeeinschaltungen als günstige Unterbrechung des Programms betrachten, so daß man schnell das Zimmer verlassen kann. Der gedachte Werbezweck wird also durchaus nicht erfüllt. Als Zuschauer sind wir über diese Verminderung des Werbefernsehens durchaus nicht böse. Nur haben die Programmverantwortlichen anscheinend bisher noch keine rechte Lösung gefunden, um die entstandenen Lücken zu schließen. Teilweise recht dürftige Zeichentrickfilme, minutenlange Baby-späße sowie mehr oder minder lustige Tiereskapaden scheinen uns da keineswegs das richtige Füllsel.

AUCH DIE VON HEINZ FISCHER-KARWIN initiierte Quizsendung „Quartett“ hat noch nicht jene telegene Form gefunden, wie man sie sich für eine solche Veranstaltung wünschen würde. Vielleicht sollte der Quizmaster weniger an sich und sein Büchl denken und dafür lieber die Ereignisse genauer überwachen und klarer bekanntgeben, damit solche unliebsamen Pannen wie bei der Sendung aus Wien leichter vermieden werden können.

EIN INTERESSANTES STÜCK ZEITGESCHICHTE steuerten Horizonte“-Chef Dr. Heinz Brantl und Dr. Alfred Payrleithner diesmal mit ihren Berichten aus der Neuen Welt zur aktuellen Unterrichtung der Fernseher bei. — Dr. Helmut Zilk bewies sowohl in dem „Stadtgespräch“ mit den schweizerischen Eidgenossen zur Frage „Neutralitätspolitik und Landesverteidigung“ wie auch in der Journalistendiskussion über das Problem „Südtirol“ neuerlich sein Geschick in der Behandlung anregender Themen, über die man in der Öffentlichkeit durchaus nicht immer einer Meinung ist.

RECHT TEMPERAMENTVOLL ging es ebenfalls in Heribert Meiseis „Sportstammtisch“ zu, als die Meinungen über Skiprofis oder Skiamateure aufeinanderprallten. Auch die Eurovisionssendungen von den Skirennen am Lauberhorn und in Grindelwald vermittelten neuerlich die Unmittelbarkeit sportlichen Erlebens, wie es nur vom Fernsehen geboten werden kann.

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