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Vor dem Bildschirm

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ZUR ABWECHSLUNG soll diesmal anstatt einzelner, im positiven oder negativen Sinne bemerkenswerter Sendungen der letzten Zeit das gesamte Abendprogramm einer Wocfte unter die Lupe genommen werden.

VORWEGGENOMMEN seien die täglichen Routine-Sendungen: Die „Streiflichter aus Ö s t e r r e i c h“, die stets einen gut zusammengestellten Überblick über mehr oder minder bedeutende Ereignisse in unserem Heimatland geben, und die Sendung „Zeit im Bild“, für die man allmählich einen neuen Titel finden sollte: etwa „Zeit ohne Bild“. Diese Sendung hat eine sehr merkwürdige Entwicklung durchgemacht. Schon zu Zeiten der allerersten Anfänge des Österreichischen Fernsehens war man sich offensichtlich darüber klar, dafs hier etwas zu sehen sein müßte: Ein Sprecher zeigte Photos aktueller Ereignisse und gab einen erläuternden Kommentar dazu. Bald wurde diese etwas vorsintflutliche Methode von den aktuellen Filmberichten abgelöst. Später ging man dazu über, für diejenigen Fernsehzuschauer, die den gewohnten Rundfunknach-richtendienst nicht vermissen wollten, vor den Bildberichten eine kurze Nachrichtensendung einzuschalten — eine durchaus lobenswerte Maßnahme; leider hat sie sich inzwischen ins Gegenteil verkehr: Heute ist die Sendung „Zeit im Bild“ eine gesprochene Nachrichtensendung, bei der nur in den letzten verbleibenden Minuten, und gelegentlich einmal zwischendurch, einige Filmberichte gezeigt werden. Um aber die Farce vollständig zu machen, ist man offensichtlich noch bemüht, diese Bildberichte mit der Wiedergabe von Reden auszufüllen . . .

UNTER EINEM GUTEN STERN stand der Beginn der Woche, wenn es auch — oder gerade weil es — ein künstlicher Stern war: der Fernsehsatellit T e l s t a r, der die ersten Direktübertragungen zwischen Europa und Amerika ermöglichte. Das Gewicht dieses historischen Ereignisses ließ die anderen Sendungen etwas verblassen.

ALS EXPERIMENT äußerst verdienstvoll war die Aufführung der Ferusehoper von Ernst Krenek „Ausgerechnet und verspielt“. In den der Musik angepaßten, nur andeutenden Dekorationen von Gerhard Hruby spielten und saugen unter der Regie von Hermann Lanske: Veronika Kusmin, Mary Richards, Elisabeth Höngen, Paul Schöffler, Paul Späni u. a. Der Komponist dirigierte die Wiener Symphoniker. Trotz des großen Aufgebots ging von dieser Aufführung nicht jene Überzeugungskraft aus, die man sich erwartet und — gewünscht hätte.

GUT AUSGEWOGEN war das Programm am Donnerstag. Nach dem Bavaria-Film „Isar 12“, der trotz des knappen Themas („Die Bombe“) recht spannend war, sah man Filmaufnahmen von Aufführungen eines philippinischen Balletts: „Baya nihan“.. Wenngleich auch hier die Übertragung des Tanzes auf der Bühne in die Dimensionen des Fernsehens nur sehr unzulänglich gelungen ist, so war diese Sendung doch durch die Art der Tänze und durch die hübschen jungen Leute, die mit bezaubernder Ungezwungenheit über die Bühne wirbelten, ein richtiger Genuß. Den Höhepunkt des Abends bildete eine Übertragung vom Bayrischen Rundfunk, der das Fernsehspiel „Laura“ von Vera Caspary in einer faszinierenden, spannenden Inszenierung darbot. Das war ein Verdienst ebenso des vorzüglichen Ensembles (Hildegard Knef, Adolf Wohlbrück, Hellmut Lange, Hilli Wildenhain, John van Dreelen u. a.) wie auch der beispielhaften Kameraführung (Regie: Franz Josef Wild) und der großartigen Szenenbilder von Peter Scharff, die sich so gut in den Rahmen der Aufführung einfügten, daß ihre Wirkung dem Zuschauer kaum bewußt wurde.

EINE NETTE TECHNISCHE LEISTUNG war das „Rendezvous in Salzburg“. Heinz Fischer-Karwin gab, gemeinsam mit dem ihm durchaus ebenbürtigen Chefreporter von Radio Zürich, Jean Pierre Gerwig — dessen Fragen allerdings nicht immer auf die österreichischen Zuschauer abgestimmt waren — ein Stimmungsbild der Festspielstadt, ohne allzu sehr unter die schillernde Oberfläche zu dringen. — Die nächste Sendung war aber ein völliger Mißgriff. Wenn es noch eines Beweises für die These bedurft hätte, daß für das Kino produzierte Filme nicht im Fernsehen eingesetzt werden sollten, hier wurde er geboten: Einen Film, bei dem die Farbe einen so wesentlichen Bestandteil seiner faszinierenden Wirkung ausmacht, wie den Opernfilm „HoffmaunsErzählungen“ im Fernsehen schwarz-weiß zu zeigen, ist einfach dilettantisch.

AUSFLÜGE machte das Fernsehen auch am Wochenende. Heinz Conrads war mit seiner Sendung „W a s sieht man Neues?“ nach Nußdorf gegangen, und die Aufzeichnung „Bei Ferdinand Raimund zu Gast“ brachte eine Theateraufführung im Rahmen der Biedermeier-Ausstellung in Gutensteiti. (Hätte man im Bildtitel das Wort „Übertragung“ weggelassen, so wäre das ehrlicher und weniger verwirrend gewesen.) Helmut Schwarz hatte auf einer kleinen Freilichtbühne einige Szenen aus Stücken von Ferdinand Raimund in einer sehr ansprechenden Weise inszeniert und wurde dabei von den Darstellern in vorzüglicher Weise unterstützt, unter denen Hans Putz vor allem als Fortunatus Wurzel brillierte und Elfriede Ott eine der bezauberndsten Verkörperungen der Raimundschen „Jugend“ bot. Die Bildregie (Otto Anton Eder) machte diese Aufführung auch für den Fernsehzuschauer zu einem netten Erlebnis.

DEN GUTEN ABSCHLUSS der Woche machte Thornton Wilders Schauspiel „Unsere kleine Stadt“, von Ludwig Cremer als Fernsehfilm der Bavaria inszeniert. Wenn sich auch die spezifischen Stilmittel dieses Stückes, der weitgehende Verzicht auf Requisiten und Dekorationen, mit dem Realitätscharakter des Fernsehens weit weniger vertragen als mit der Illusionskraft der Bühne, so erzielte die Inszenierung doch auch auf dem Bildschirm eine starke Wirkung. Von dem vorzüglichen Ensemble sei nur Robert Graf genannt, der in der Rolle des Spielleiters eine ganz hervorragende Leistung bot. Solche Stücke, die zur Besinnung mahnen, sind auch am Wochenende durchaus angebracht.

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