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Vor dem Bildschirm

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DIE DARSTELLENDE KUNST, sei es nun Theater, Oper oder Fernsehspiel, führt immer wieder zu Höhepunkten des Fernseh-programmes-, und das Fernsehen erfüllt mit solchen Sendungen eine kulturelle Mission ersten Ranges. Wenn es auch noch vieler Mühe bedürfen wird, endgültige, dem Fernsehen gemäße Formen der Übertragung und Gestaltung zu finden, so zeichnen sich doch schon Möglichkeiten ab, über den Bildschirm Wirkungen zu erzielen, wie sie in dieser Art auf keine andere Weise erzielt werden können.

EINE ECHTE FERNSEHOPER inszenierte das Österreichische Fernsehen gemeinsam mit dem Südfunk Stuttgart: „Der K o n-s ul“ von Glan Carlo Menotti, eine moderne Oper, bei der die faszinierende Musik mit dem Text und mit der inneren Dramatik der Handlung ein organisches Ganzes bildet (wir haben schon „Femsehopem“ gesehen, die diese Eigenschaft absolut vermissen ließen). Die Fernsehfassung von Rudolph Cartier, der mich Regie führte, transponierte das erschütternde Geschehen in vorbildlicher Weise in die Dimension des Bildschirms. Eine Reihe vorzüglicher Sänger — von denen nur Eberhard Wächter, Melitta Muszely, Res Fischer, Willy Ferenz und Gloria Lane genannt seien — erbrachte zusammen mit dem Orchester der Wiener Volksoper unter Franz Bauer-Theussl eine eindrucksvolle Ensembleleistung.

EIN VORBILD für Fernsehsendungen von Klassikern war die Aufzeichnung der Bavaria-Atelier-Gesellschaft von Shakespeares „W a s ihr w oll t“. Es boten nicht nur die mit sichtlichem Vergnügen agierenden Darsteller (unter anderen Ingrid Andree, Heidelinde Weis, Chariklia Baxevanos, Hanns Lothar, Benno Sterzenbach, Peter Lühr, Paul Verhoeven, Karl Michael Vogler) unter der Regie von Franz Peter Wirth den Zuschauern ein makelloses Vergnügen, auch die tiefgründige Weisheit dieses Stückes wurde in einer Weise deutlich, wie man sie nur in ganz besonderen Glücksfällen finden kann. Noch selten haben wir eine so bezaubernde Aufführung dieses heiter-wehmütigen Stückes gesehen.

DAS DEUTSCHE FERNSEHEN war es auch, das uns ein -dem Thema und der Atmosphäre nach — spezifisch österreichisches Fernsehspiel nach einer Novelle eines berühmten österreichischen Dichters bescherte, und das in einer ganz vorzüglichen, stilgerechten Inszenierung: Helmuth Krapp hat ganz im Geiste Arthur Schnitzlers mit dem „Spiel im Morgengrauen“ ein echtes Fernsehspiel geschaffen, das von der Bavaria-Atelier-Gesellschaft unter der einfühlsamen Regie von Ludwig Cremer aufgezeichnet worden ist. Mit bewundernswerter TrcffsfcUtrh'cit' wurde hier ein Stück Österreich der Jahrhundertwende eingefangen und durch eine gute Kameraführung auf den Bildschirm gebracht, getragen von einer Schar ganz ausgezeichneter Darsteller (Bert Forteil, Luise Martini, Kurt Meisel, Bruno Hübner, Robert Dietl, Kurt Sobotka und viele andere) und unterstützt durch das Szenenbild von Rolf Zehetbauer und die Musik von Bert Grund.

DAS ÖSTERREICHISCHE FERNSEHEN brillierte mit einer Aufführung der Komödie „Die Möw e“ von Anton Tschechow. Der junge Regisseur Wolfgang Glück hat mit sicherem Griff das Bühnenstück in eine Fernsehfassung gebracht; seine Inszenierung hatte einen höchst sympathischen Hauch von Leichtigkeit und Beschwingtheit und ließ so die Tragik, die das ganze Geschehen überschattet, auf eindringliche Art sichtbar werden. Gerhard Hruby hatte eindrucksvolle, auf dem Bildschirm großräumig wirkende Szenenbilder geschaffen, Alexander Jenner sorgte für stilvolle und diskrete Musik. Die Arbeit der Darsteller verdiente es, jede in ihrer Art, gesondert gewürdigt zu werden-, die Nennung der Namen möge dafür stehen: Brigitte Horney, Helmut Lohner, Hans Olden, Ida Krottendorf, Hanns Obonya, Gretl Elb, Erika Pluhar, Erich Schellow, Franz Schaf-heitlin, Anton Duschek und andere. Die Bildregie führte manchmal zu einer selbständigen, ausdrucksvollen Bildsprache, die der inneren Dramatik wirkungsvollen Ausdruck verlieh.

EIN BEISPIEL könnten sich so manche „Femseh-Krimi“-Autoren nehmen an dem Kriminalstück von Mackie, ,,D i e volle W ahrheit“, das in einer perfekten Aufführung der Münchner Kammersptele. in der Inszenierung von Carlheinz Schroth und unter der Fernsehregie von Max Peter Ammann über die Bildschirme ging. Hier wußte der Zuschauer gerade das richtige Quentchen mehr als die einzelnen Beteiligten — den Kriminalkommissar eingeschlossen —. ohne jedoch über alle Tatsachen und Begebenheiten völlig informiert zu sein (und ohne absichtlich in die Irre geführt zu werden!), so daß er das Spiel vom Anfang bis zum Ende mit Spannung verfolgen konnte. Peter Pasetti, Karin Jacobsen, Sylvia Lydi, Wolfgang Büttner, Wolfgang Weiser und Heide von Strombeck verliehen mit Ambition und Charme den Figuren des Stückes menschliche Wärme.

EINMAL KEINE AUFFÜHRUNG, sondern einen Bericht über eine Neuinszenierung des „Rosenkavalier“ und über die Vorbereitungen dazu, brachte das Bayerische Fernsehen mit dem Filmbericht „Hinter den Kulissen einer Premiere“. Das war nicht nur eine hochinteressante Sendung: für den Opern-freund war es sicher auch ein künstlerisches Erlebnis, die Entstehung einer Opernszene von der ersten Probe bis zur Aufführung zu verfolgen. Mit Bedacht waren alle wichtigen Phasen einer Premierenvorbereitung ausgewählt und zu einer geradezu spannenden Sendung zusammengestellt. Buch und Regie: Wolf Seidl. Dr. B.

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