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Vor dem Bildschirm

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KONZERTÜBERTRACUNGEN im Fernsehen geben immer wieder Anlaß zu Diskussionen. Oft wird ihre Existenzberechti-gung mit dem Hinweis darauf bestritten, daß sie optisch unergiebig und somit nicht fernsehgemäß seien. Wenn das auch im Prinzip stimmen mag, so darf man doch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten: Natürlich zeigt sich auch bei dem Konzertprogramm, das im ,,Eröffnungsakt des Theaters an der Wien“ den Hauptbestandteil bildete, sehr deutlich das verlegene und erfolglose Bemühen der Kameraführung, die Musik mit einer attraktiven Bildfolgc zu unterlegen, besonders bei den ersten beiden Programmpunkten. (Die Beethoven-Phantasie bot hier etwas mehr Möglichkeiten, und die Blicke von oben auf die Pianistin ergaben eine wirkungsvolle Abwechslung.) Das Wesentliche an solchen Übertragungen ist aber doch das „Dabeisein“, die Teilnahme an einem wichtigen künstlerischen oder kulturellen Ereignis, die auf keine andere Weise so optimal vermittelt werden kann als durch das Femsehen. Womit die Fernsehübertragung eines solchen Konzertes durchaus gerechtfertigt ist. Nicht gerechtfertigt erscheint allerdings die Tatsache, daß man von dem neueröffneten und teilweise neu gestalteten Theater sowenig zu sehen bekam. Gerade von der Fernsehübertragung der Eröffnung erwartete sich der Zuschauer mehr als einige Blicke auf das historische Tor und etliche Schwenks über den Zuschauerraum.

DIE RECHTFERTIGUNG für die Fernsehübertragung von Konzerten erwies auch das „Erste Sonderkonzert der Wiener Philharmoniker“ unter Hans Knappertsbusch. Dadurch, daß Konzertübertragungen im Fernsehen doch verhältnismäßig selten sind, erlangen sie eine ganz besondere Bedeutung, die natürlich wie hier durch das Niveau der Veranstaltung begründet sein muß. Vielleicht könnte man für solche Uber-tragungen noch eine angemessenere Form der bildlichen Gestaltung finden, mit gemäßigterem Rhythmus, mit einer geringeren Anzahl von Schnitten. Das Wesentliche ist dabei doch der Ton, das Bild soll nur die Suggestion des „Dabeiseins“ schaffen — und nicht von der Musik ablenken. Die Blicke von vorn auf den Dirigenten waren, zum Teil bedingt durch die besondere räumliche Situation, außerordentlich eindrucksvoll und hätten durchaus länger gezeigt werden können; der Musikfreund wäre dafür dankbar gewesen. Wem aber die Musik nichts sagt, dem nützt es auch nichts, wenn er das Orchester einmal von rechts und einmal von links sieht.

HERMANN LANGBEIN hat mit seinem Bericht „Große Österreicherin einer gnadenlosen Zeit“ wieder eine ganz vorzügliche, packende und erschütternde Sendung auf den Bildschirm gebracht. Die gezeigten Bilder waren bezüglich Auswahl und Dauer gerade richtig dosiert, um die teuflische Unmenschlichkeit jener Zeit dem Zuschauer-entgegettzuschleu-dern, ohne damit Anlaß zu scheinbar „moralisch“ begründeten Polemiken zu geben. Es ist sein besonderes Verdienst und das des Österreichischen Fernsehens, immer wieder an diese Dinge zu erinnern, die damals niemand wissen wollte und heute jeder vergessen möchte.

WENIG ÜBERZEUGEND war der Film „Auf der Suche nach Europa“ von Horst Dallmayr. Sollte die recht gekünstelt wirkende Auswahl europäischer Persönlichkeiten „die bunte Einheit der Kultur“ symbolisieren? Ein solch anspruchsvoller Untertitel verlangt wohl eine sorgfältigere — und vor allem umfassendere — Behandlung dieses an sich hochinteressanten Themas.

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EINE ERFOLGREICHE GEMEINSCHAFTSPRODUKTION des Bayrischen, des Schweizerischen und des Österreichischen Fernsehens war „Der Wittibe r“ nach dem Roman von Ludwig Thoma. Hier ist unter der Regie von Theodor Gradier ein echtes, packendes Fernsehspiel entstanden. Durch die Kameraführung sorgfältig unterstützt. bot ein vorzügliches Ensemble, an dessen Spitze Carl Wery. Martha Wallner. Christa Bcrndl und Hans Reiser standen, eindrucksvolle Leistungen. Die Dekorationen von Robert Hofer-Ach trugen wesentlich zu der dichten Atmosphäre bei, die diese Inszenierung auszeichnete.

MODERNISIERT wurde Millöckers Operette „Gaspa-r o n e“ für eine Fernsehinszenierung, die als Gemeinschaftsarbeit des Westdeutschen Rundfunks und des Österreichischen Fernsehens produziert wurde. Ob damit auch eine Verbesserung erreicht wurde, sei dahingestellt. Die großartige Play-back-Inszenierung hätte jedenfalls auch dem alten Inhalt zur mindestens gleichen Wirkung verholfen. In den weiträumigen Dekorationen von Dieter Reinecke spielten und sangen Waltraut Haas, Herta Talmar, Topsy Küppers, Rita Bartos, Irene Mann, Iris Velleuer. Kurt Großkurth, Gerhard Riedmann, Heinz Maria Lins und viele andere. Regie führte Hans Hollmann, die musikalische Leitung hatte Franz Marszalek.

EINE THEATERÜBERTRAGUNG bedarf noch der Erwähnung: die Aufführung des Lustspiels „Das Protektion s-k i n d“ von Gustav Davis im Volkstheater in Wien. Nicht nur, weil hier Fritz Muliar in der Titelrolle eine ergreifende Charakterstudie bot, sondern auch, weil es der Kameraführung wieder gelang, in etlichen Szenen die Bühneninszenierung in die Dimensionen des Fernsehspiels zu übertragen.

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ENTTÄUSCHEND war die Sendung „Paulas Panoptikum“. Dabei böte die Gegenüberstellung von Marionetten mit lebenden Menschen reizvolle Möglichkeiten. Und das Fernsehen könnte doch etwas mehr bringen als Ulustriertenklatsch!

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EINEN ERFOLGVERSPRECHENDEN START hatte der neue ..Fernsehkoch“ Ernst Faseth mit seinen „Pikanterien zum 5 -Uhr -Tee“. Das erscheint deshalb bedeutungsvoll, weil diese Sendungen allein von der Persönlichkeit des agierenden Fernsehkochs getragen werden und weil sie längst einen festen, unverrückbaren Platz in unserem Fernsehprogramm haben: Diese Sendereihe hat sich aus den allerersten Anfängen des „Versuchsprogramms“ bis heute unverändert erhalten.

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