Bachmannpreis - © Fotos: ORF / Johannes Puch

Bachmannpreis: Behauptungen und Begründungen

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Körperbilder und Geschlechterrollen, von den Autorinnen und Autoren getrennte Jury: Rückblick auf die 46. Tage der deutschsprachigen Literatur.

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Körperbilder und Geschlechterrollen, von den Autorinnen und Autoren getrennte Jury: Rückblick auf die 46. Tage der deutschsprachigen Literatur.

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Auch wenn es leidenschaftlich beschworen und herbeigesehnt wurde, es war nicht alles beim Alten beim Bachmannpreis 2022. Zwar gab es nach zwei Corona-Jahrgängen – einmal vollständig digital, einmal nur mit Jury in Klagenfurt – endlich wieder Publikum und die Autorinnen und Autoren waren ebenfalls wieder vor Ort, doch das klassische Studio-Szenario mit Schweißperlen auf der Stirn der Lesenden und dem charakteristischen Blätterrascheln beim Umblättern der Manuskriptseiten durch das mitfiebernde Studiopublikum gab es auch dieses Jahr nicht. Das Arrangement war nur zum Teil gelungen.

Dass die Lesenden in den Garten ausgelagert wurden, war zwar Corona geschuldet, erwies sich aber der Stimmung und dem Ambiente durchaus zuträglich. Statt Blätterrascheln hörte man von Zeit zu Zeit Feuerwehr- oder Rettungssirenen im Hintergrund vorbeirauschen, zu manchmal recht passenden Stellen. Die Zuhörer in Liegestühlen erweckten Strandbadfeeling statt strenger Hochkultur, das ließ den Leseteil recht entspannt wirken. Der dem Format oftmals vorgeworfene inquisitorische Charakter löste sich so etwas auf und die Texte standen stärker im Mittelpunkt.

Die damit verbundene räumliche Trennung bewirkte optisch allerdings den Eindruck der Isolierung der Jury von Autorinnen und Autoren und Publikum. Das kühle, abgeschottete Studio stand so stark im Kontrast zum hellen und natürlichen Garten, Selbstdarstellung und Abgehobenheit einiger Kritiker und Kritikerinnen wirkten so bildlich hervorgehoben. Der Schein trügte indes, denn es gab sehr wohl auch Publikum in Studio selbst, es wurde nur von den Kameras, die dieses Jahr den einzelnen Juroren mit beherrschenden Großaufnahmen zu Leibe rückten, nicht gezeigt.

Aufgabe der Jury

Das mag nicht beabsichtigt sein, doch es hilft auch nicht dabei zu vermitteln, was der Bachmannpreis leisten kann und worin die eigentliche Aufgabe der Jury und jedes guten Kritikers besteht: nämlich nicht nur mit Adjektiven das eigene Geschmacksurteil kundzutun und sich dabei möglichst pointenreich in Szene zu setzen, sondern die eigene, hoffentlich vorhandene Kompetenz dazu zu nutzen, um vorzuführen, wie ein Text gearbeitet ist, was seine Qualitäten ausmacht und auch, was nicht gelungen ist. Sprache und Form müssen dazu maßgeblich analysiert werden, die Bereiche, in denen die Juror(inn)en dem Publikum Expertise voraus haben.

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