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Das Fest und der Alltag

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Zur Stunde, da diese Zeilen in Druck gehen, nähert sich die VI. Internationale Festwoche des religiösen Films ihrem Ende, einem Ende mit stärkstem Akzent, steht ja als letzter Film am Donnerstagabend der große französische Papstfilm „Du bist Petrus“ auf dem Programm.

Es hat, wie immer, Ueberraschungen gegeben. So haben wir bisher den japanischen Film, verführt durch die einseitige Auslese auf internationalen Festivals, als ein reizvolles Gemisch von konservativem nationalem Heroismus und angefärbtem amerikanischem Effektstil angesehen. Mit dieser unserer Vorstellung von Samuraismus hollywoodscher Prägung räumt nun „Die Harfe von Burma" gründlich auf. Die Geschichte von dem einfachen Soldaten Mizushima, der am Ende des Krieges, gepackt vom großen Jammer der Toten und Ueber- lebenden (eines jeden Krieges), Mönch und Totengräber wird, ist von schwerblütiger Melancholie und einem herben Lyrismus, der uns an den Japanern neu, gänzlich neu ist — er ist offensichtlich urnationales Eigengut und mit nichts in der Weltfilmproduktion vergleichbar. So zählt diese Begegnung mit zu den wertvollsten Ergebnissen der Festwoche, nicht nur wegen der erstmaligen Aufnahme eines asiatischen Films mit fremdreligiösem Gedankengut. — Nicht neu ist die nun schon zum schönen Brauch gewordene Begegnung mit dem evangelischen Film, den diesmal „Der Pfarrer in Uddarbo“ repräsentierte. Es scheint, daß die Filme dieser religiösen Wiener Biennale immer weniger eine pracht- und prunkauftrumpfende festliche Repräsentanz als vielmehr eine nüchterne Diagnose in die Zeitlage hinein darstellten. In dieser Sicht scheint uns „Der Pfarrer in Uddarbo“ so tief in der Flachkurve des religiösen Spielfilms zu stecken wie der katholische unserer Tage, nur flüchtet der letztere deutlich in den Dokumentär- und Dokumentarspiel-Film, dem der evangelische Film nur zögernd folgt. Er ist am ehesten noch dem Versuch deutscher Benediktiner in Afrika mit „M atschuba, der Sohn des Zauberers“ vergleichbar; beide versuchen in einer vorsichtigen und verhaltenen Spielhandlung Probleme der Binnen- und Außenmission anzudeuten. Es entsteht damit fast so etwas wie ein eigener Mischstil, der seinen ästhetisch-dramaturgischen Platz haben mag — das breite Publikum für diese Filme ist, so scheint es. noch nicht da. Da scheint uns der Stil des belgischen Missionsfilms „T o k e n d e“, ja noch der italienischen Gemälde-Kunstrevue „Die E r- 1 ö s u n g“ entschiedener und eindeutiger. Sie kamen beide, wie die Fachsprache sagt, „gut an“. „Tokende“ hatte freilich den für Geistliche und Laien gleich günstigen! jgonntagstprrrun, ,?ur ..X rfügutigj, „¡Die :i Epp. lüsung“ wieder fand „Gnade“ bei der relativ großen Kunstgemeinde der Großstadt, für die dieser Filmtypus seit Marischkas „Matthäuspassion“ nicht jene Anstrengung bedeutet wie für den „Laien“.

Im Beiprogramm versteckte sich wie üblich der österreichische Anteil am religiösen Film mit zwei allerdings ganz und gar nicht als Lückenbüßer anzusprechenden Kulturfilmen: „Gemaltes Ge bet" und „Kaiser der Zeitenwende“. Daß ihnen ein Prachtstück wie der französische „H ymnus an Chartres“ den Rang ablief, ist bei der großen Tradition der Franzosen nicht weiter verwunderlich. Für Reportagen von Katholiken- und Kirchentagen müßte langsam ein neuerer, dynamischerer Stil . gefunden werden — die Filme darüber humpeln den oft erschütternden Begegnungen stark nach.

Das Rahmenprogramm war diesmal klug so gelegt, daß es die Konkurrenz der eigenen Filmvorführungen nicht zu spüren bekam. Das. gilt für die Vorträge sowohl wie für die eindrucksvollen Empfänge bei Kardinal König, Unterrichtsminister Dr. D r i m- m e 1 und Bürgermeister Jonas Starktonig war der Eröffnungsabend durch die Konkordanz der Ansprachen Bischof Dr. L ä s z 16 s, des evangelischen Sprechers Oberkirchenrat Dr. Engel und des Vertreters des Unterrichtsministeriums Dr. Warhanek. Der Spiritus rector des Festes, Prälat Dr. Karl Rudolf, hatte auch die Freude, an diesem Abend den Präsidenten des Internationalen Katholischen Filmbüros, Msgr. Dr. Jean B e r n a r d, nicht nur als Gast der Festwoche, sondern auch als Verfasser eines ungemein reichhaltigen und vornehm formulierten Vortrages „Religiös-ethische Momente im heutigen Film“ begrüßen zu können. Die „Furche“ wird einen Aqszug daraus auf der nächsten Filmsonderseite bringen.

Pausenlos schüttete neben dem Fest das Normalfilmprogramm aus dem unerschöpflichen Füllhorn seine Gaben.

Filme wie „Blick zurück im Zorn" nach Osboms literarischer Taschenausgaberevolution haben bei aller Anstrengung, die man an sie verwendet, einen großen Fehler: daß sie gedreht werden.

Quod licet Jovi, non licet bovi. Was die Dichter so vulkanisch-genialisch herausschleudern, bekommt beim Wiederkäuen durch den Magensaft des Films llebergewicht und Uebergesicht. So lacht man bei diesem Film, obwohl einem doch eigentlich kalte Schauer über den Buckel rinnen sollten.

Nicht weniger anspruchsvoll, aber viel poetisch gereifter kommt uns Ingmat Bergmanns zutiefst nordische Kunst in Traum und Wandlung eines verbitterten alten Gelehrten „Am Ende des Tage s“. Der Verband der österreichischen Filmjournalisten wird den eigenartigen, schönen Film in einer eintflalfg’eii Matinee am Sonntag,’ 6.’Dezenftrer,’ um 10.30 Uhr . im Künstlerhaus öffentlich zeigen — ein breiteres Publikum dafür wird es wohl’in Gegenwart und Zukunft kaum geben.

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