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Slowenisches Festival

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Seit einigen Jahren ist Laibach bemüht, sich dem Reigen der europäischen Festspiele einzugliedern. Noch ist alles in der Entwicklung, trotzdem konnte heuer nicht allein ein erstaunlich reichhaltiges Programm geboten, sondern auch die Qualität dieses Programms in jeder Hinsicht gehoben werden. Durch die Gewinnung neuer, eigenartiger Freilichtspielplätze und von Räumen an historischen Stätten, so des Arkadenhofs dos Magistrats, oder durch den Ausbau einer balkengedeckten Halle im einstigen Kreuzritterordenshaus, dem Krizanke, das überhaupt zur zentralen Festspielstätte wurde, bekommen die Veranstaltungen Festspielcharakter auch von außen her. Was den Anschluß dieser Festspiele an die internationalen Veranstaltungen solcher Art vorläufig erschwert, ist die Unfähigkeit, das Programm datenmäßig einzuhalten. Die groben zeitlichen Verschiebungen gestatten es dem Gast aus der Eremde nicht, sich auf bestimmte Termine festzulegen. Bis diese dringliche Angelegenheit nicht verläßlich geregelt sein wird, kann man das L j u b l j a n a - F e s t i v a I nur als national-slowenisches Festspiel, nicht aber als ein internationales, wie Salzburg oder Edinburgh, bezeichnen.

Auf der originellen Freilichtbühne des Krizanke gab man als Vorstellung der eigenen Oper Smetanas „Verkaufte Braut“: guter Provinzdtrrchschnitt, aber als Festspiel, weil aus dem Hans ins Freie verlegt, nicht zu werten. Ein sehr diszipliniertes Gedenkkonzert des Lehrersängerchores „Emil Adamk“ gehörte ins gehobene Vereinswesen und ebenfalls nicht ins Festival. Dem folkloristischen Bestreben der Laibacher Festspiele kamen die vor allem auch kostümlich entzückenden Tanzabende der kroatischen Tänzergruppe „L a d o“, der serbischen „KoTo“, die mit Recht viel bewundert wurde, und ganz besonders der bezaubernden indochinesischen Gruppe, die sich aus in Holland studierenden Tänzern rekrutiert, sehr entgegen. Tänzerisches in ein Festival einzubinden, gehört, der internationalen Sprache des Tanzes wegen, za den Vorzügen jeder Festspielunternehmung. Hierher gehörte des Tanzabend des erstaunlich disziplinierten Ljubljaner Opernballett, das sich als über den Durchschnitt ähnlicher Vereinigungen in mittleren Städten stehend erwies. Des Rätsels Lösung tat diese Tatsache: die in Deutschland und Oesterreich rühmlich bekannten Choreographen Pino und Pia M l a k a r zeichneten als Choreographen. Schon die Zusammenstellung des Abends, der für den Feinschmecker wie für den hinlänglichen Tanzliebhaber Erfreuliches bot, verriet Routine und Geschmack dieser beiden Künstler. Dem folkloristischen Charakter des Festspielprogramms entsprach der rassig getanzte „Symphonische Kolo“ von Gotovac. Darauf folgte eine abstrakte Tanzstudie nach der Idee von Pia Mlakar. Kontrapunktisch dazu ließen die MIakars das etwas ratlose Publikum sich an der farbenreichen Auslegung der Walpurgisnacht aus der Gounodschen „Margarethe“, einer uns heute niederschmetternd lieblich anmutenden Komposition, erholen, um darnach mit einer vorbildlichen Verwirklichung der „Verklungenen Feste“ von Couperin — Richard Strausj zu versöhnen. (Uebrigens hat Strauss diese späte Couperin-Bearbeitung seinerzeit auf Wunsch der MIakars geschrieben.) Um sozusagen in der Familie zu Heiben, tanzte in diesen entzückenden musikalischen Reminiszenzen die Tochter der beiden Choreographen, Veronika Mlakar, heute Primaballerina in Paris, mit vorbildlicher Grazie den Part der „Primaballerina von der Pariser Oper“. Die Belgrader Oper bot auch ein interessantes Ballettprogramm, auf dem Strawinsky und Baranovic standen. Dazu kam noch eine gelungene Repräsentation des gleichen Instituts mit Menottis „Konsur.

Auch das moderne S c h a us p i e 1 J u g o-s 1 a w i e n s war interessant vertreten. Das begreiflich exponierte Slowenische National-theatei aus Triest brachte das Ehedrama für zwei Personen, „Ohne den Di.tten“, von Milan Begovic. Das Stück, seinerzeit auch bei. Kloepfer in Berlin dargeboten, schildert den Kampf, eures Heimkehrers aus dem ersten Weltkrieg, den seine Frau bereits für tot erklären ließ. Im Ablauf weniger Stunden erfüllt sich das Schicksal beider einst glücklich Vereinten in tragischer Weise. Joze Babio ließ das Stück auf der Viereckbühne des Rittersaales des Krizanke erregende Wirklichkeit werden.

Zwei Kammerkonzerte im romantischen Hof des Magistrats, vom leisen Geräusch eines Barockbrunnens begleitet, ausgeführt von dem italienischen Klarinetttrio „Ars Nova“, Triest,, und dem disziplinierten Quartett des A g r a m e r „C o 11 e g i u m musicum“, brachten Beethoven, Viotti und Brahms, ferner alte Meister von Bach bis Mozart. Die slowenischen Symphoniker aus Laibach, ein seriöser Klangkörper, spielte unter der vorbildlich disponierenden Leitung von Samo Hubad neben einer interessanten klassischen Ouvertüre von Osterc die Symphonie von Schostakowitsch, ein elegisch-heiteres Werk, das den eminenten Musiker ohne die Schwere seiner großen symphonischen Kompositionen erkennen läßt. Lovro von Matacic leitete ein zweites Festkonzert dieses Orchesters.

Parallel zu den 'Veranstaltungen auf dem Theater und im Konzert gab es in der modernen Galerie eine Kollektive der großen Kärntner Maler der ersten Jahrhunderthälfte, daneben erstaunlich gute neue Graphik der zeitgenössischen Slowenen.

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