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VON NEUEN BUCHERN

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Osterreich im Dichten und Denken Grillparzers. Von W. K o s c h. Wächterverlag, Nymwegen. Grillparzer hat in seinem Werk so viel österreichisches, daß eine eingehende Zusammenfassung aller Stellen, die sich in Grillparzers Werk und Denken mit Österreich beschäftigen, ungemein dankenswert und ergiebig ist. Ein eigenes Werk darüber besteht bis heute nicht, wenngleich es verschiedene Ansätze dazu gibt. So hat zum Beispiel Alker in seinem großen Grillparzer-Buch dem Österreich-Erlebnis des Dichters einen ganzen Abschnitt eingeräumt. Kosch unternimmt es nun, den Österreicher Grillparzer herauszuarbeiten und wir staunen auch als Kenner Grill-parzerscher Dichtung über die Fülle des Stoffes, die der Verfasser zu bringen und in vollendeter Weise zu ordnen weiß. Gerade in der Knappheit und Kürze der Darstellung zeigt sich der Meister der literaturgeschichtlidien Darstellung. Eindeutig geht hervor, daß alle Versuche, Grillparzer als eine Art verborgenen Deutschnationalen zu betrachten, völlig abwegig sind. Kosch stellt in der Einleitung fest: „Es ist endlich an der Zeit, frei und ungehemmt von allen Vorurteilen Grillparzer so zu betrachten, wie er wirklich war, weder als verlorenen Deutschen im Sinn mancher Auffassung nach 1866, noch als Sehnsuchtsdeutschen nach dem Herzen der alldeutschen Ostmärker seit 1871, sondern einzig und allein als Patrioten, der, zwangsläufig abgedrängt vom Heiligen Römischen Reich seiner frühesten Kindheit, aber auch abseits gewandt vom Reiche Bismarcks an Österreich festhielt, zukunftsgläubig wie sein Ottokar von Horneck in .König Ottokars Glück und Ende'“. Aus der Darstellung geht aber auch eindeutig hervor, daß die staatliche Schicksalsgemeinschaft, die Österreich seit Jahrhunderten verbindet, auch auf dem Gebiete der Literatur eine Eigenständigkeit hervorgerufen hat, die uns das Recht gibt. Grillparzer nicht so sehr als den „dritten Klassiker“ neben Goethe und Schiller, sondern vielmehr als den großen österreichischen Klassiker der österreichischen Literaturentwicklung zu bezeichnen.

Dr. Ernst Jos. G ö r 1 i c h Altwiener Porzellan. Von Stromer-Nowak. 34 Textseiten mit 32 Tafelbildern. Kunstverlag Wolfrum, Wien.

Folnesics' Geschichte der Wiener Porzellanmanufaktur, eine Monographie aus dem Anfang des Jahrhunderts, hat Seltenheitswert erhalten. So ist es erfreulich, mit dem vorliegenden, für die Gegenwart erstaunlich gut ausgestatteten Werkchen, eine sorgsame Arbeit erhalten zu haben, die einem der Schöpfungsbereiche liebenswürdigsten Wiener Kunstgeschmackes gilt. Noch ist in Privatbesitz viel von diesen deliziösen Schalen, Statuetten und Prunktellern vorhanden, wohl in Ehren gehalten, mit einem Nimbus der Kostbarkeit umgeben, aber mehr von der Sage, als dem Wissen um diese Kunst erklärt. Wenig ist bekannt, daß die Wiener Porzellanerzeugung der berühmten Meißener, die 1713 geboren wurde, schon fünf Jahre später nachfolgte und schon um die Mitte des gleichen Jahrhunderts gleichviel Ruhm errang wie ihre ältere Schwester. Mit Recht bezeichnet diese Schrift Wien als die Wiege des klassischen Stils der deutschen Porzellanmanufaktur. Daß bald nach der Übernahme der Manufaktur durch den Staat unter dem Administrator Karl Franz X. Mayerhoffer v. Grünbühel als Erzeugungsmarke der sogenannte „weiße“ Bindenschild, nur einfach eingeritzt oder mit einem Stempel eingedrückt, Erzeugungsmarke und 1749 durch den „blauen Bindenschild“ ersetzt wurde, ist bekannt. Wenige aber wissen, daß das Fabrikszeichen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch rot oder schwarz aufscheint, dann aber mit auf die Glasur aufgesetzt wurde; auch einen blauen Bindenschild mit einer Krone gibt es. doch kamen diese Erzeugnisse nicht in den Handel. Es wird vermutet, daß sie für die Hofzuckerbäckerei bestimmt waren. Mit dem Verfall der Kunst um die Mitte des 19. Jahrhunderts versiegt die Lebenskraft dieses echt wienerischen Schaffens, aus dem Leistungen von nirgends übertroffener Schönheit hervorgingen. Jetzt, wo wir uns unserer österreichischen Eigenwerte wieder erinnern und aus ihren Zeugnissen neue Hoffnung schöpfen, ist es dankenswert, daß dieses Werkchen uns an eine österreichische Leistung gemahnt, die immer die Bewunderung der Freunde edlen Geschmackes und der Kunst erregen wird. f.

Da Naz. Von Josef M i s s o n. Verlag Brüder Hollinek, Wien.

Indem die vielverheißend begonnene Schriftenreihe „österreichische Heimat“ die bedeutsamste Dichtung in der Mundart Niederösterreichs vorlegt, löst sie damit eine lange versäumte Verpflichtung ein. Die ganz wenigen Ausgaben, die Missons bereits hundertjähriges Werk bisher erfuhr, sind seit geraumer Zeit aufgebraucht, und so konnte sich schon aus diesem Grunde nicht erfüllen, was Nagl-Zeidler-Castle in ihrer ..Deutsch-Österreichischen Literaturgeschichte“ prophezeiten, nämlich, Haß „Da Naz“ immer „ein gerne gelesenes Buch bleiben werde, solange es Österreicher gibt“. Das bewahrheitete sich allerdings auch aus einem anderen, noch bedauerlicheren Grunde nicht: Die Erkenntnis, welchen kostbaren Schatz wir an dieser Dichtung besitzen, ist so wenig allgemein geworden wie jene was uns Stelz-hamers „Ahnl“ bedeutet, von der Hermann Bahr vor vierzig J hren nicht ohne bitteren Vorwurf schrieb: „Welcher andere deutsche Stamm kann sich eines so hohen Zeugnisses seiner Weise rühmen? Aber bei uns — wer kennt es?“ Wir Niederösterreicher vermögen uns keines zweiten ähnlich hohen Zeugnisses unserer besonderen mundartlichen Weise w rühmen, wie es uns Misson mit seiner Idylle geschenkt hat, von der Eduard Engel in seiner „Geschichte der deutschen Literatur“ sagt, sie könne sich gar wohl neben Vossens „Luise“ , sehen lassen. Bei uns aber — wer kennt sie? Wer weiß mehr davon, als den bloßen Namen? Wer hat den ganzen „Naz' auch wirklich gelesen? Und doch ist diese Dichtung von allen guten Geistern des niederösterreichischen Volkstums gesegnet, von seiner ganzen innigen Frömmigkeit und Herzensgüte, von der Treue und Fröhlichkeit seines Gemütes. Die Mundart der Gegend um den Manhartsberg findet sich hier in ihrer ehrwürdigen Eigenart dokumentarisch festgehalten, jene melodische „Ui-Sprache“, die „noch viel gotischen Klang hat“. — Die neue Ausgabe, deren buchmäßige Ausstattung eine sehr einladende Wirkung übt, bringt im Anschluß an den „Naz“ die bisher noch niemals in einem öffentlichen Abdruck der allgemeinen Kenntnis erschlossenen Vorarbeiten Missons zu einem „Landwörterbuch der unterennsi-schen Mundart“ mit dem wunderhübschen Namen „Ein altdeutscher Beinstock“. Mögen auch Missons Wortdeutungen und Ableitungen in manchen Punkten inzwischen von der Forschung überholt worden sein, so tut das der grund-v legenden Bedeutung dieses ersten Versuches durchaus keinen Abbruch. — Das liebevolle und aufschlußreiche Vorwort, mit dem Professor L. J. Wetzl das Buch einbegleitet, berechtigt dazu, in ihm den rechten Mann zu vermuten, der uns die noch ausständige kritische Ausgabe des „Naz“ bringen könnte. Hans Stiftegger

Religion und Humanität. Von G. K. C h e-s t e r t o n. Amandus-Edition, Wien.

Eine geistvolle und mit heilendem Humor geschriebene Untersuchung des bekannten englischen Denkers über die Frage: Kann es eine Humanität geben ohne Christentum? Eine Humanität auf die Dauer und gemeinschaftsbildend ohne Ubernatur? Humanität als nüchterne Realität, nicht als Mode eines Jahrhunderts oder einer Clique oder ab aristokratische Idee einiger Edler? Seine Anwort ist auf Grund der Geschichte der Humanität der letzten Jahrhunderte eine negative. „Und ich kenne nur einen Bund, der seine Festigkeit erwiesen hat, der in riesigen Bogen Länder und' Zeiten überspannt und auf römischen Aquädukten überallhin das lebendige Wasser der Taufe leitet.“ Künstler, Politiker, Lehrer und Erzieher müßten sich diese Untersuchung eines großen Denkers und reifen Christen beim geistigen Wiederaufbau zu Herzen nehmen.

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