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Pamplona-Chor und Bartok-Lieder

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Eine romantische Kantate nennt Hans P f i t z n e r seine grofiangelegte Ver- tonung sinnvoll aneinandergereihter und durch symphonische Zwischenspiele ver- bundener Eichendorff-Verse „V o n deut- scher Seele". Seine Romantik, eher mit Weber als mit Schumann und Schubert verwandt, ist grublerisch, knorrig, dunkel — und verblaBt, dennoch in unse- rer gegenwartstollen Zeit zu rettungsloser Vergangenheit. Das stimmte elegisch trotz der vorbildlichen Wiedergabe unter Joseph Keilberth, der Symphoniker, Sing- verein und ein auserlesenes Solistenquartett (Wilma Lipp, Hertha Topper, Anton Der- mota, Otto Wiener) zu einer glanzenden Leistung fuhrte, zu der auch der Glanz ■des Orgelklanges (Franz Schutz) beitrug. Es bleibt allerdings nicht die einzige ele- gische Anwandlung:

Ahnlich erging es mir bei den „M e t a- morphosen" von Richard Strauss, denen der Schwung in der Wiedergabe fehlte, die mehr einem Fortwursteln als einem geistvollen Fortspinnen der Ge- danken glich. Dies geschah in einem Son- derkonzert fur die IGNM, das auch sonst des Sonderbaren nicht ermangelte, so der lyrischen Phantasie fiir Gesang und Orche- ster „V o n der Liebe" von Gottfried von Einem, auf die wir uns keinen rechten Reim machen konnen, es sei denn mit Hilfe des ausdrucksvollen Gesanges von Irmgard S e e f r i e d. Vermutlich war der Komponist terminell in Druck und konnte die musikalischen Gedanken nicht ganz ausreifen lassen. Auch das Z w e i t e K1 a v i e r k o n z e r tvo» Josef (T a 1 'ermangelte eines klaren personlichen Profils und ersetzte-es durch Motorik, in der Lola Granetman als Solistin unermudlich war. Blieben die Passacaglia op. 1, die Varia- tionen fiir Orchester op. 30 und die Sechs Stiicke fiir Orchester op. 6 von Anton Webern, bei denen wir, darin nicht sehr verwohnt, die Lust und Einfuhlung des Orchesters deutlich spiirten. Es war das Radio - S y m phonieorchester Berlin. Dirigent war Heinrich Holire i s e r.

Eines der subtilsten Erlebnisse des Musikfestes war der Gesang der Missa „Qu a e r a mu s cum pastoribus" des Cristobal de Morales (1500—1553), durch die Agrupacion coral de camera de Pamplona (Kammerchor von Pamplona). Ein Chor von 16 jungen Stimmen, der im Normalton piano singt, ein wundervolles substanzreiches Pianissimo hat und sich auch im Forteklang nicht ausgibt oder gar anstrengt; der innerhalb dieser kiinstlerischen Begren- zung eine Fiille von Bewegungsfreiheit und Farbenskalen aufweist und rhythmisch durchexerziert ist bis ins Kleinste — seine Kunst offenbart sich in der hochst leben- digen und absolut liturgischen Wiedergabe der Missa ebenso als im vorhergehenden Quodlibet von Mateo Flecha' und in den gelosten heiteren Volksliedern der Drauf- gaben — von einem solchen Chor wird man noch lange traumen. Aber einen Chor loben, heiBt seinen Dirigenten loben. In diesem Sinne gilt es fur den Leiter des Kammerchores, Luis M o r o n d o.

Das Ensemble „d i e r e i h e“ brachte neue Musik junger Komponisten aus Nor- wegem (Bjorn Wilho Hallberg: Felder), Japan (Keijiro Sato: Kalligraphie; Shin- Ichi-Matsushita: Canzone da sonare), USA (Mel Powell: Haiku settings), Osterreich (Friedrich Cerha: Relation! fragili) und Italien (Egisto Macchi: Compositione 3). Die Komponisten dieser Reihe verwenden Klangfarhe strukturbildend, aber durch aleatorische Elemente soweit gelockert, daB bewegliche Tonbilder entstehen, die verschiedene Arten von Wiedergaben zu- lassen, ohne den Typus wesentlich zu ver- andern. Dem Horer wird es dabei nicht leicht gemacht. Am ehesten fand er den Weg zu den ..Relation: fragili" von Cerha, da hier in der Verbindung des Cembalo- klanges mit verschiedenen Schlaginstru- menten immer neue Assoziationen ent- standen, dahinter aber die strenge Ordnung am deutlichsten spurbar war.

Ein Bela-Bart6k-Abend der Wiener Festwochen brachte als Urauffuhrung die „F ii n f L i e d e r“ op. 15, die seit ihrem Bestehen im Jahre 1916 ein verborgenes Dasein gefiihrt hat- ten und die der Komponist selbst aus un- bekannten Griinden zum Druck nicht frei-

gegeben hat. Es sind Gesange schlichterer Art, Stimmungsbilder der Sehnsucht und Traurigkeit, denen Eberhard Wachter verhaltenen Ausdruck verlieh. Die S o- nate fiir zwei Klaviere und Schlagzeug erfuhr durch das prazise Zusammenwirken von Edith Farnady, Istvan Antal, Hans und Oskar Schwarz eine sehr schwungvolle Wiedergabe, die in den „C o n t r a s t s“ fiir Klavier, Violine und Klarinette ihr leiseres Gegenstiick hatte (Farnady, Hiibner, Meizl).

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