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Schütz, Heiller, Püringer

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In der „Weihnachts-Historie“ von Heinrich Schütz (1585 bis 1672) kam — leider sehr post festum, nämlich am vergangenen Freitag — eines der liebenswürdigsten und reifsten Werke des Dresdner Meisters zu Wort, ja vielleicht das beste Weihnachtsoratorium überhaupt, das textlich mit dem Bericht des Evangelisten (ohne Zusätze) auskommt, den es musikalisch in genialer und ökonomischer Art auf Stimmen und lnstrumentenbeglei-tüng höchst charakteristisch verteilt. Die Ausführung (Wiener Kammerchor und Kammerorchester der Konzerthausgesellschaft unter Hans Gillesberger) beruhte auf der umsichtigen Führung des Dirigenten und der ebenso klangvollen wie exakten Leistung des Chors, der sich die Solisten Elisabeth Thomann, Harald Buchsbaum sowie die drei Männerstimmen der „Weisen aus dem Morgenland“ gut einfügten. Ein besonderes Lob für den Evangelisten Rudolf Resch. Nicht ganz auf der Höhe war leider das Orchester. Das vorangehende „D i x i t“ von Antonio L o 11 i, eine Komposition des erster Vesper-psalmes in Kantatenform, kam an Gehalt gegen die Weihnachts-Historie trotz einiger schöner Chorstellen nicht auf.

Auch ein Konzert des österreichi-ig^efki^JjLuvMij#n/k#. bot geistliche Musik. Anton Hei 11 er s Chor^lmotette für. achtstimmigen Chor, „Ach, wie nichtig“, ist wohl eine der repräsentativsten Chorkompositionen der Gegenwart. Der Chor des österreichischen Rundfunks — Radio Wien bewältigte die enormen technischen Schwierigkeiten in einer Weise, als wären sie nicht vorhanden (ein großes Plus dieses Chors: er zeigt nicht angestrengte oder gar gequälte Gesichter beim Singen). Annelies Hückl sang, von Erik Werba auf dem Klavier begleitet, mit schöner, klarer Stimme und stilistischer Sicherheit vier lateinische Motetten von Paul Hindemith. Als Wiener Erstaufführung kam das „S u r r e x i t“ von Anton P ü r i n g e r zu Wort, Metamorphosen gregorianischer Motive der Osterzeit für zwei Klaviere und Schlagzeug, das im Vorjahr in Mannheim seine Uraufführung erlebte. Die beiden Klaviere (Erna Heiller und Hermine Püringer) haben den Hauptteil der thematischen Arbeit zu bewältigen, die ebenso interessant wie einfallsreich und kontrapunktisch gekonnt ist; die Schlaginstrumente heben das musikalische Geschehen gleichsam in eine magische (nicht unbedingt geistliche) Atmosphäre. Die Leistung der Ausführenden unter der suggestiven Führung Anton H e i 11 e r s war eine vorbildliche.

Eine Aufführung von Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“ in der Volksoper verdient vor allem das Beiwort aufgelockert, wenigstens bis zum 3. Akt, dem sich wie immer die Einfälle versagen. Das Bühnenbild des physikalischen Kabinetts — auch Giuliettas venezianischer Palast — waren die Höhepunkte der Schau, das eine der Bewegung, das andere der dramatischen Stimmung. Den Hoffmann spielte (als Gast) Jean C o x; schöne Stimme, gute Erscheinung, natür-liohes Spiel — aber ohne Hoffmanns Dämonie, die Luis Torrens als Coppelius, Dapertutto und Mirakel um so eindringlicher verkörperte. Sehr gut der Franz des Herbert Prikopa. Olympia (Ina Dressel), Giulietta (Esther Rethy) und Antonia (Christiane Sorell) waren gleich gut in Spiel und Stimme, an dramatischem Ausdruck Esther Rithy am stärksten. Das Orchester war schmiegsam und sauber, von Franz Bauer-T heussl sicher geführt, dem es hoch anzurechnen ist, daß er den Mißbrauch des Beifalls auf offener Szene nicht ins Kraut schießen läßt.

Das Weller-Quartett spielte, eingerahmt von einem Streichquartett Joseph Haydns (C-Dur, op. 33/3) und dem c-Moll-Streichquartett von Brihmi (op. 51/1), das 1. Streichquartett von Ernst Vogel, darin sich ein gediegener, kontrapunktisch souverän musizierender, wenn auch noch nicht ganz gelockerter Stil und eine ernste Persönlichkeit offenbaren. Die vier jungen ausführenden Musiker bewiesen in allen drei Stücken ein exaktes Zusammenspiel, technische Gewandtheit, aber wenig geistige Transparenz. Die Noten haben noch keinen Hintergrund. Wenn das ein Fehler ihrer Jugend ist, wird er allerdings täglich geringer.

Trotz seiner Jugend jedoch spielte Jörg D e m u s an seinem zweiten D e b u s s y-Abend den französischen Meister nicht nur mit einer klavieristischen Meisterschaft, sondern mit allen irisierenden Geistesblitze, die aus dieser Musik immer wieder aufleuchten. Eine künstlerisch sehr aparte, fast raffinierte Programmfolge, die genau in der Mitte die köstlichen Stücke von „Children's Comer“ placierte und damit die Aufnahmsfähigkeit der Hörer vor jeder Ermüdung bewahrte; sein nach innen gewendetes Spiel, dem sich in der Sonate für Violine und Klavier die Geigerin Edith Peinemann in ebenso geistiger und reifer Meisterschaft gesellte, machten den Abend zum wirklichen Erlebnis „Debussy“.

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