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Ben Hur

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Just in den Tagen, da in Wiens neuestem frisch adaptierten Kinopalast in der Taborstraße die Erstaufführung des Ben-Hur- Films stattfand, ging durch die Weltpresse die Nachricht von dem Plane Dino de Laurentiis’, in einem Zwölfstundenfilm das Alte und Neue Testament zu verfilmen. Das ist kein Zufall Der religiöse Schaufilm zieht sich wie der rote Faden durch die Geschichte des Films. Das „unsterbliche Kino“, wie man die robusten, aber lebenszähen Züge des Films zu nennen pflegt, und die uralte Fest- und Volksspielidee sind hier eine Ehe eingegangen, die sich als dauerhafter erweist als des Films Liaisonen mit Herrn Snob oder seine illegitimen Konkubinate mit der Kunst. Diese realistische Bejahung der Erfüllung einer offenbar nicht nur am Grunde des Films, sondern im Menschen überhaupt schlummernden Sehnsucht fällt um so leichter, als ein Film wie „Ben Hur“ in besonders wertvoller Weise zeigt, daß das Genre trotz der Entfaltung gewaltiger Dimensionen dank dem technischen Fortschritt nicht nur in die Breite und Länge gegangen ist, sondern auch hier eine dritte Dimension entdeckt hat: Disziplin, Maß, Takt und Geschmack.

William Whyler, der Schöpfer des neuen, in der Geschichte des Films dritten „B e n H u r“, war von Anfang an keine Sekunde lang darüber im Zweifel, daß er in dem Buche des Offiziers, Gouverneurs und Diplomaten Lewis Wallace keinen „Faust“, sondern den heute 81 Jahre alten ersten Bestseller der modernen Buch- und Verlagsgeschichte in der Hand hatte. Es erscheint besonders wertvoll, wie er dem Lehmpatzen Seele einhauchte, wie er die enorme Spannung zwischen Seeräuberschlacht und Bergpredigt, zwischen Wagenrennen und Christuspassion griffsicher und mit Fingerspitzengefühl bewältigte, wie er, ohne uns eine Sekunde lang ums Spektakel zu betrügen, auch einen Film gab, der da und dort nachdenken, empfinden und erschauern läßt. Man hat also gelernt, wie man solche Filme groß besetzt und ausspielt und doch nicht ästhetisch und geschmacklich vergewaltigt. Zwar scheint der Dialog Christopher Frys von der deutschen Synchronisation verschluckt worden zu sein, die Musik ist nicht eben oscarbürtig, mit den Wundern hapert’s noch, und die Mission, die solchen Filmen am Rande der Religionsgeschichte nach wie vor innewohnen sollte, bleibt problematisch. Dagegen erscheint es mir nicht besonders wertvoll, dem Film „Ben Hur“ einen Blut- ’ä rif dV’"oiäeV einen P£ftfcfefiörihieb’r’ ati’zu- ‘J kreiden,“‘ ifn selben Atem5 ‘aber’ ‘;ėhglf sbe öäeF’fräißSkföche neue1 WellÖn,,Vei,ziftl(p2u begrüßen, deren geiler Schlamm zum Himmel riecht. Es ist also kein Grund, den Dieb, der sich solcherart mit „Ben Hur“ ins Herz von Millionen stiehlt, zu verbellen. Es sei denn, man machte in den Redaktionen wieder einmal den alten Fehler, die achtenswerten Leitartikler und Theaterkritiker im Smoking und mit bi- fokaler Brille (davon die eine Hälfte beck- messert, die andere aber auf verbotenen Pfaden behaglich lustwandelt) ins Kino zu schicken, wo sie sich in Gesellschaft der großen Kinder, die wir weisen und gütigen Filmnarren des Jahrhunderts nun einmal sind und bleiben wollen, wie immer nicht wohlfühlen.

Man kann einen hochausgezeichneten Film wie den englischen „Samstag nacht bis Sonntag morgen“ als einen Testfall von Zeitspiegelung ansehen: Wie ein Kraftlackel von Arbeiter unbefriedigt und, wie man so schön sagt, unausgelastet durch die abstumpfende Wochenarbeit das Wochenende verbringt, nämlich mit Saufen, Ehebrechen und Steinewerfen. Als solcher wäre er. auch ohne Happyending, wertvoll. Es wäre aber auch dann zu prüfen, ob angesichts der vielen, die in dieser Zeit wandern und bergsteigen, lesen und studieren, der Sonderfall jener, die unserer Polizei in den Wochenendnächten Schererei machen, überhaupt ein „Problem“ ist, das die Öffentlichkeit zu interessieren hat. Die Sucht des Films, mit Extremen aufzutrumpfen und mit dem Interessanten zu übertreiben, erschwert die Antwort. Als Sözialtest sind also solche Filme nicht brauchbar, als brillierende Stilfingerübungen mag man sie gelten lassen. Es wäre übrigens interessant, zu hören, wie Arbeiter und ihre Führer solche sogenannte „Selbstkritiken“ aufnehmen.

Der Eintopf, also der Unterhaltungsteil der Woche, „M a r i a n d 1“, „Ein Stern fällt vom Himmel“ und „Was macht Papa denn in Italien“ hält sich in den üblichen Schablonen und dürfte sein Publikum finden. „Irrtum im Jenseits“, eine englische Reprise, ein köstlicher barocker Spaß, stellt höhere Ansprüche.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich)! III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Was macht Papa denn in Italien?“, „Ein Stern fällt vom Himmel" — IV (Für Erwachsene): „Großstadthyänen“ — IV a (Für Erwachsene, mit Vorbehalt): „Das Dorf am Fluß", „Die Welt bei Nacht" - IV b (Für Erwachsene, mit ernsthaftem Vorbehalt): „Der Fehltritt“, „Samstag nacht bis Sonntag morgen",

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