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Wir und der Film

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Aus dem Verlag Haus Altenberg in Düsseldorf, dessen Publikationen aus der Tätigkeit der Katholischen Filmkommission für Deutschland hier schon mehrmals gewürdigt worden sind, kommt ein Kompendium von erstaunlichem Ausmaß: „6 000 Filme/ Kritische Notizen aus den Kinojahren 1945 bis 195 8“, Handbuch V der Katholischen Filmkritik, Düsseldorf, 2. Auflage, März 1960, 637 Seiten. Es enthält die Kurzkritiken der Filmkommission mit sämtlichen Sachangaben, die staatlichen und kirchlichen Prädikate, ein Schmalfilmverzeichnis und eine Menge weiterer Übersichten. Das imponierende Werk macht trotzdem unsere österreichischen „Filmspiegel“ nicht überflüssig, weil der Programmverlauf in Westdeutschland und Österreich nicht völlig gleich ist und auch die Bewertungen der einzelnen Filme divergieren. In der Hand des ständig mit Filmfragen Beschäftigten erspart das deutsche Werk Zeit und Mühe.

Im gleichen Verlag Haus Altenberg erschien vor einiger Zeit „Film, Kunst und Moral“, eine wissenschaftliche Darlegung von Caspar W i 11 e k e, als Nr. 3 der „Katholischen Filmhefte“, eine gekürzte moraltheologische Doktorarbeit, deren grundlegende Thesen auch die heftige „theologische“ Entwicklung des Films der letzten Jahre nicht ganz überflügeln konnte.

Des Schweizer priesterlichen Filmpioniers Charles R e i n e r t „Kleines Filmlexikon“ von 1946 verlangte in den letzten Jahren dringend nach Neubearbeitung und Erweiterung. Technische und wohl auch finanzielle Überlegungen bewogen den Herausgeber vorläufig zu einer Teilung des Unternehmens in einen Personen- und Sachteil. Der erstere liegt nunmehr vor: „Wir vom Film.“ 1300 Kurzbiographien aus aller Welt mit rund 10.000 Filmtiteln. Herausgeber Charles Reinert, Redaktion Hanspeter Manz und Theo Maria Werner. Herder-Bücherei Nr. 59, 488 Spalten. Herder, Freiburg-Basel-Wien 1960. Die größte Sorgfalt hat es leider nicht verhindert, daß der österreichische Anteil, gleich mit dem Fehlen Sascha Kolowrats beginnend, nicht sehr aufmerksam behandelt ist. Vielleicht läßt sich einiges davon im angekündigten Band I („Lexikon des Films A—Z“) nachtragen.

In einer Besprechung eines der beiden folgenden Bücher war kürzlich zu lesen: „Der Film ist ohne die Gebildeten groß geworden, heute rächen sie sich dafür, indem sie ihn um so genauer analysieren.“ Diese Rache geschah freilich mit viel Fleiß. Geduld und Liebe: Der Salzburger Franz Zöchbauer befragte mit Unterstützung des Landesjugendreferates rund 3000 Kinder und fugendliche in Volks-, Haupt-, Mittel-, Berufs- und Gewerbeschulen und legt das aufschlußreiche Ergebnis unter dem Titel „Jugend und Film“ / Ergebnisse einer Untersuchung, Verlag Lechte, Emsdetten (Westfalen) 1960, 203 Seiten, Preis 9.80 DM, vor. Sein Schweizer Kollege Stefan Bamberger ging an die Schweizer Hochschulen und legte den Studenten 7800 Fragebogen vor, von denen 18 Prozent beantwortet wurden. Auch sein Ergebnis ist mit wissenschaftlicher Akribie verarbeitet: „Studenten und Film.“ 13 5 Seiten, Verlag Otto Walter, Ölten und Freiburg im Breisgau 1958. Beide Untersuchungen sind mehr als die üblichen Versuche von Testen der geistigen Situation und münden unabhängig voneinander völlig übereinstimmend in die Notwendigkeit umfassender, wenn auch unreglementierter Filmerziehung durch Schule, Staat und Religion.

Nach dem seriösen, wenn auch nicht ganz geglückten Versuch von Gert Wolfframs, „Der Sex-Appeal“, das unheimliche Gebiet von Ero und Sexus im Film einmal psychologisch und soziologisch ernsthaft anzupacken, stellt das Buch „V i v a t Vamp .'“ (gezeichneter Kommentar von Paul Flora, Einführung von Gregor von Rezzori, Diogenes-Verlag, Zürich 1959, 120 Seiten) deutlich einen Rückfall in böse alte Zeiten dar. Die „Einführung“ ist schlechtweg nicht glatter und lüsterner zu denken, die Zeichnungen wandeln kaum errötend in den gleichen SpurenI Was für zauberhafter graphischer Witz und Geist zeichnet dagegen R. P. Bauers „Flimmerstars und Fürstlichkeiten / Prominenz der Titelseiten“ (Albert Lan-gen-Georg Müller, München 1960, 72 Seiten) ausl Es ist, als ob ein Röntgenauge durch das attraktive Make-up der Prominenten dringe und dahinter das faszinierende und lächerliche, immer aber liebenswerte Menschliche entdecke.

Zwei neue Künstlerbiographien in der bekannten aparten Ausstattung und anspruchsvollen textlichen und bildlichen Gestaltung der „Rembrandt-Reihe“ (Herausgeber Klaus J. Lemmer, Rembrandt-Verlag, Berlin 1960): Hans K n u d s e n : „O. E. Hasse“ (Nr. 20), und Hugo Zehder: „Ernst Deutsch“ (Nr. 21) ... und ein alter Freund für alle österreichischen Filmleute: Harry Nestors „Österreichischer Film-Almanach 196 0“ in gewohnter erschöpfender Anschriftenreichhaltigkeit runden das Bild verwirrend reicher Filmliteratur aus der letzten Zeit, in dem sich Kampf und Unruhe, Glanz und Gloria, Sieg und Sorgen des Films ausdrücken. Vom Kampf auf Leben und Tod, den der Film unserer Tage mit den Feinden ringsum und in sich selber austrägt, ist darin noch nichts zu spüren.

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